Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
und das Kind finanziell zu unterstützen.
Gedankenverloren ging Maggie weiter und nahm ihre Umgebung erst wieder bewusst wahr, als sie bereits die einundsechzigste Straße überquerte. Sie musste daran zurückdenken, mit welcher Erleichterung sie seine Aussage aufgenommen hatte, er werde die Countess nicht heiraten. Genau genommen konnte sie sich nicht einmal erinnern, je eine solche Erleichterung verspürt zu haben!
Du bist so ein dummes Mädchen! Er sollte die Countess heiraten, und das weißt du ganz genau. Dich wird er ganz sicher nicht heiraten!
Josh hatte völlig recht. Sie benahm sich so unglaublich töricht! Maggie rühmte sich ihres gesunden Menschenverstands, doch der schien sich zu verkriechen, wenn es um Evan Cahill ging. Zwei Dinge waren gewiss: Sie würde immer zu ihm halten. Und er würde mit einer bösartigen Frau wie Bartolla Benevente niemals glücklich werden.
Vor ihr lag das Haus der Cahills. Maggie stockte der Atem. Seit Samstagabend, als dort nach Francescas Verschwinden das Chaos geherrscht hatte, war sie niemandem von der Familie mehr begegnet. Sie konnte Francesca gut leiden und war so besorgt um deren Wohl wie alle anderen auch. Die Zeitungen schrieben, dass die Hochzeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werde, doch Maggie hoffte, dass sich das als Falschmeldung erweisen würde. Joel hatte ihr zudem versichert, dass Mr Hart und Francesca noch immer genauso verliebt waren wie vor dem Zwischenfall. Seinen Worten zufolge hatten sie sich bloß gestritten.
Langsam ging Maggie die Auffahrt hinauf und erkannte sofort die Cahill-Kutsche vor dem Haus. Joel war mit Francesca unterwegs, um an ihrem neuen Fall zu arbeiten. Ihr Sohn verdiente recht gut als Assistent einer Privatdetektivin, aber wichtiger war noch, dass er sich nicht länger als Taschendieb betätigte. Francesca übte wirklich einen hervorragenden Einfluss auf den Jungen aus.
An der Treppe zum Eingang angekommen, wurde die Haustür geöffnet, und Andrew Cahill trat nach draußen. Er trug einen eleganten Anzug und einen dunklen Bowler, in der Hand hielt er einen sehr vornehmen Spazierstock mit Elfenbeingriff. Als er sie sah, lächelte er sie freundlich an. „Guten Tag, Mrs Kennedy! Francesca hat das Haus schon im Morgengrauen verlassen.“
Mr Cahill war genauso nett wie seine Tochter. Maggie lief rot an und erwiderte den Gruß. Was er wohl denken würde, wenn er von ihren Gefühlen für seinen einzigen Sohn wüsste? Als er in die wartende Kutsche einstieg, wandte sie sich rasch ab und hoffte, dass er niemals von ihrer albernen Verliebtheit erfuhr. Auf dem Weg ins Foyer nickte sie Jonathon lächelnd zu, und so wie bei jedem Besuch war sie auch diesmal wieder überwältigt. Sie würde sich niemals an den Prunk und den Luxus der Reichen gewöhnen! Schließlich war sie nur eine einfache Irin, die Kleider nähte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn sie in die Gegend kam, in der die Cahills lebten, wurde ihr jedes Mal deutlich vor Augen geführt, wie sehr sich deren Welt von ihrer eigenen unterschied. Sie lebte mit vier Kindern in einer winzigen Wohnung mit nur einem Schlafzimmer, während das hier der pure Luxus mit schicken Möbeln, teuren Gemälden und Marmorböden war. In ihrer Wohnung überzog Schimmel die Wände, hier waren sie mit Stoffen oder Tapeten bedeckt. Zu Hause war der Fußboden ausgetreten und rissig, hier war der Boden aus Marmor oder glänzendem Parkett, darauf lagen Teppiche aus aller Welt.
Vor einer Weile hatte Maggie begonnen, in der Zeitung die Nachrichten aus der Gesellschaft zu lesen, und dabei festgestellt, dass kein Tag verging, an dem Julia Van Wyck Cahill, Lord oder Lady Montrose, Francesca, Evan oder Mr Cahill nicht erwähnt wurden, wie sie in einem bekannten Etablissement gespeist oder irgendeine wichtige Veranstaltung besucht hatten. Wenn sie diese Meldungen las, fühlte sie sich manchmal fast wie ein Mitglied der Familie, auch wenn sie genau wusste, dass sie gar nicht dazugehörte und auch nie dazugehören würde. Das war eine unumstößliche Tatsache, die sie sich immer vor Augen halten musste.
Kaum hatte der Diener die Haustür hinter ihr geschlossen, da tauchte Julia am anderen Ende des langen Flurs auf und sah sie überrascht, aber mit einem Lächeln auf den Lippen an. „Guten Tag, Maggie. Ist das Francescas Bluse?“ Julias Blick kam ihr eindringlicher als sonst vor, so als würde sich hinter ihrer freundlichen Miene Argwohn verbergen.
„Ja, genau. Ich dachte mir, sie würde
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