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Bevor du gehst

Bevor du gehst

Titel: Bevor du gehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Preller
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Wodka in die Finger bekommen und versucht, sich damit zu ertränken. Schlechte Idee, wie sich herausstellte.
    Das große Problem am Trinken, fand Jude, waren die betrunkenen Leute. Normalerweise führten sie sich auf wie Idioten. Egal, ob bei Partys oder im Wald mit Freunden, Jude behielt immer die Kontrolle. Im Gegensatz zu Duffmeister. Er veränderte seine Persönlichkeit. Nach zwei Bier wurde Terry zu einer übergroßen Version von sich selbst – lauter, lustiger, glücklicher –, bis er zusammenklappte oder kotzte. Doch das schien ihm gar nichts auszumachen. Terry trank gern und vielleicht zu viel. Manche Jungs waren so. Mädels auch.
    »Amateur«, spottete Lee.
    Vinnie lachte. »War die ganze Nacht wach und hat am großen weißen Telefon mit Ulf telefoniert!«
    Alle brachen in Lachen aus. Das würde Duffmeister in den nächsten Wochen noch öfter zu hören bekommen.
    »Haben sie ihn erwischt?«, fragte Corey.
    »Was glaubst du denn? Er hat ins Klo gereihert. Diese Dinger hallen! Hilfe, Hiiilfe!«, wimmerte Vinnie mit lallender Stimme. »Duffs Eltern sind cool geblieben, aber er wollte heute Abend lieber noch seine Wunden lecken.«
    Jude tippte eine SMS in sein Telefon. Fahren rum. Langweilig. Du?
    Die Jungs waren keine großen Partyfeierer. Als Gruppe konnte man sie eher nach dem beschreiben, was sie nicht waren, als nach dem, was sie waren. Keine Nerds, keine Freaks, keine Junkies. In diesem Sinn waren sie wie Schwarz ein völliges Fehlen von Farbe, das sich danach definierte, was es nicht war: nicht Blau, Rot, Orange, Grün, Gelb oder Braun. An Abenden wie heute, wenn sie keinen festen Plan hatten, außer »rauszukommen«, wurde Lee oft gereizt. Er lenkte den Wagen seiner Mutter durch verschiedene Straßen, hielt vor Fastfoodlokalen, damit sie Pommes und Shakes kaufen oder sich in warmen Nächten wie eine zottelige Gang von Kumpels an Fahrradständer lehnen konnten, harmlose Ausgestoßene in Basketballtretern, bevor sie zum nächsten unbestimmten Ziel weiterzogen.
    Ungeduldig stoppte Lee am Bordstein. »Wohin jetzt, ihr Genies?«
    Achselzucken, allgemeines Schweigen.
    »Ich fahr bestimmt nicht die ganze Nacht rum, wenn es sowieso nirgends hingeht. Hab die Schnauze voll von dem Quatsch.«
    Die Jungs wussten, dass das alles nur Bluff war. Lee liebte es, am Steuer zu sitzen; dummerweise liebte er es fast genauso, darüber zu jammern. Als der Älteste unter ihnen – er besuchte die letzte Klasse an der Highschool – hatte er einen Status und eine Macht, die ihn zum King der Samstagabende machte. Und diesen einzigen echten Vorteil gab er nicht so ohne Weiteres aus der Hand. »Benzin kostet Geld, wisst ihr«, fauchte er.
    Ja, gähn , sie wussten es. Also gruben sie in ihren Taschen, zogen dünne Brieftaschen oder zerknitterte Scheine heraus und warfen zusammen. Schließlich hatten sie zwölf Dollar, um die grenzenlose Freiheit auf dem Asphalt zu genießen.
    »Okay, super.« Mürrisch ordnete und faltete Lee das Geld. Er selbst steuerte aus Prinzip nichts bei. Und was hätten sie dagegen sagen sollen? Wieder fragte er: »Wohin jetzt?«
    Vor dieser Unterhaltung graute es Jude. Das routinemäßige »Was wollt ihr jetzt machen?«. Tage, Wochen und Monate flogen die gleichen Sätze hin und her. Was wollt ihr machen? Keine Ahnung. Was wollt ihr machen? Jude summten die Ohren wie vom Scheppern einer riesigen, schweren Glocke in seinem Schädel. Da waren sie nun, hatten die Prüfungen hinter sich und wussten nicht wohin. Jude fühlte sich gefangen in der weich gepolsterten Langeweile des Lebens in der Vorstadt. Vielleicht ein guter Ort zum Aufwachsen und Sesshaftwerden, doch Jude interessierte weder das Eine noch das Andere. Er war in dem Alter dazwischen, eine brennende Lunte, eine explodierende Rakete, für die es auf dieser beschaulichen Insel keinen Platz gab.
    Sie gingen die übliche Liste von Möglichkeiten durch: der Strand, der Wald hinter der Highschool, Caninos Keller, Mill Pond, die Bowlingbahn und so weiter. Nacheinander wurden die Ideen abgeschossen, bevor sie richtig abheben konnten, und trieben wie massakrierte Enten in einem Brei von Blut und Federn.
    Jude spielte mit dem Gedanken, sich einfach abzuseilen – heimzugehen und Gitarre zu spielen oder fernzusehen. Aber wenn er jetzt abhaute, musste er eine Menge einstecken.
    »Wie wär’s mit dem Amityville-Horrorhaus?« Für Corey war das ein naheliegender Vorschlag, weil ihn ge fährliche Begegungen mit paranormalen Erscheinungen faszinierten. Also

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