Bevor du gehst
war und den Ehrgeiz hatte, Tierärztin zu werden. Wer hätte das gedacht?
»Hast du gewusst, dass die im Wetterkanal Filme zeigen?« Corey konnte es nicht fassen.
»Nein, hab ich nicht.« Jude war abgelenkt von einem Videospiel, bei dem er gerade gegen einen Typen in Taiwan antrat.
»Ungelogen, es ist so.« Corey schüttelte den Kopf. »Sie haben einen ganzen Artikel darüber geschrieben. So was von hohl.«
Jude war gerade auf einem Planeten mit zwei Monden gestorben. Herzschuss. »Was bringen sie denn für Filme?«, fragte er.
»Weiß auch nicht – mal sehen.« Corey stöberte im Fernsehprogramm. »Okay, okay. Der Sturm – das leuchtet mir ein. Die Reise der Pinguine . Was ist Die Reise der Pinguine ?«
»Ziemlich guter Film«, erwiderte Jude. »Es geht um …«
Corey unterbrach ihn. »Nichts sagen, lass mich raten: Um Pinguine, die eine Reise machen. Richtig?«
»Mann, Corey, du bist ein Genie.«
Corey vertiefte sich wieder in das Magazin. »Aber ich meine, so viele Spielfilme mit Wetterbezug gibt’s auch wieder nicht. Sobald sie die gezeigt haben, ist Schluss. Fällt dir noch ein Wetterfilm ein?«
»Der, wo sie die Tornados jagen – mit den herumfliegenden Kühen.«
»Genau, genau, ähm, Twister !« Corey lachte. »Und da gab’s doch noch diesen anderen Film mit der Flut und dem vielen Eis in New York. Wo sie in der Bibliothek festsitzen und Bücher verbrennen müssen, um sich zu wärmen.«
» The Day After Tomorrow «, sagte Jude.
Allmählich kam Corey in Fahrt. »Wir könnten eigentlich gleich das Programm für die machen. Am Samstagmorgen für die Kleinen würden wir Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen ansetzen. Ice Age würde auch funktionieren, gleich mit allen Folgen. Aber nach einer Weile, ich meine … hier zum Beispiel, am Freitagabend zeigen sie Misery. «
»Den Stephen-King-Streifen? Der war echt klasse.«
»Ja, aber wir reden hier über den Wetterkanal. Der Film spielt doch praktisch nur drinnen.«
Jude gab das Videospiel auf, weil es ihn schon wieder erwischt hatte. Diesmal hatte ihm ein Alien mit einem Mondfels den Schädel eingeschlagen. Corey lenkte ihn einfach zu sehr ab. Er warf das Headset auf den Boden. »Er fängt mit einem Schneesturm an, weißt du nicht mehr? Deswegen passiert der Autounfall.«
»Ja, aber das ist schon ziemlich weit hergeholt, findest du nicht? Was bringen sie dann als Nächstes? Vielleicht Der Pate , weil es in dem Film regnet?«
»Wenn man es sich genau überlegt – was ich eigentlich lieber nicht machen will –, kommt in jedem Film Wetter vor«, meinte Jude.
Oben an der Treppe wurde das Licht aus- und angeknipst. Judes Vater rief nach unten: »Jude, hier stehen zwei attraktive junge Damen, die zu dir wollen. Ich hab ihnen gesagt, dass sie sich in der Tür geirrt haben müssen.«
O Gott, Eltern. Ging es noch peinlicher?
Becka und Daphne warteten im Flur und schauten sich neugierig um. Alle sagten in jeder möglichen Kombination Hi zueinander – Jude zu Becka, Daphne zu Jude, Corey zu Daphne, und immer so weiter –, bis Jude endlich die Haustür aufstieß und sie hinausführte.
»Hey, bevor ihr verschwindet«, rief ihnen Judes Vater nach, »wo geht’s denn heute Abend überhaupt hin?«
»Eine Party«, antwortete Jude. »Bei einem Typen von der Arbeit.«
»Nicht zu spät, hoffe ich. Du kennst die Regeln, Jude. Und schön vorsichtig. Sieht nach Regen aus. Rutschige Straßen.«
Dann liefen sie zusammen zum Auto, Daphne mit einem klimpernden Schlüssel in der Hand, Becka halb hüpfend vor Vorfreude.
Jude schielte zu Corey hinüber und rief: »Shotgun!«
Corey bedachte seinen Freund mit einem betroffenen, gekränkten Blick. »Wirklich?«
Jude lachte. »Bloß ein Witz, Mann. Becka und ich gehen nach hinten. Du kannst gern vorn sitzen, Corey.«
20
Ein Auto auf einer schmalen Straße.
Aus dem Inneren dröhnt Musik, vermischt mit lachenden jungen Stimmen.
Ein Tier kreuzt aus dem Schatten ins Licht … der Wagen zieht hinüber auf die Gegenfahrbahn … Daphne reißt das Lenkrad herum … Knochen splittern … Becka stolpert von der Rückbank nach draußen, den zerschrammten Kopf in den blutverschmierten Händen … hinten stöhnt Jude vor Schmerzen … und Corey auf dem Beifahrersitz … er ist schon hinüber.
Den Unfall zurücknehmen.
Auf Pause drücken.
Noch mal von vorn.
Das Ende ohne Ende löschen.
Nachher
21
Jude ohne Halt. Die Tage ein monotoner Nieselregen, grau wie Schiefer. Essen ohne Geschmack, Sonne ohne Wärme. Die
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