Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
Vom Netzwerk:
aber warte bis nach dem Abi, niemand darf etwas ahnen. Bis dahin muss alles so sein wie immer.«
    Alle schwiegen. Niemand sagte etwas, und nur das regelmäßige Ticken der braunen Uhr war zu hören. Ein Beweis dafür, dass die Zeit trotz allem verging und dass das Geschehene unwiderruflich war. Und eine Erinnerung daran, dass Mickes Mutter bald in das scheinbar so friedliche Haus mit seinen prunkenden Beeten und eleganten Thujen zurückkehren würde.
    »Wir müssen uns aufteilen. Wir müssen die Leiche wegschaffen und hier aufräumen.«
    »Verdammt! Was hast du denn vor? Spinnst du?«
    Ulriks Gesicht war jetzt wieder grau.
    »Du weißt, was ich vorhabe. Und du weißt, dass ich der Klügste von uns bin. Er muss verschwinden. Es darf nichts übrig bleiben, das ihn hierherleiten könnte. Wenn die Polizei ihn findet, dann gibt es Fasern und so was. Dinge, die sich mit diesem Haus hier in Verbindung bringen lassen, wenn es schiefgeht. Denkt an diesen Kindermörder in Atlanta, der ist durch Fasern und Hundehaare überführt worden. Und nichts darf sie herführen, denn egal, wie sehr wir saubermachen, es wird hier immer noch Reste geben. Versteht ihr? Alles muss weg. Niemand darf ihn finden. Solange er verschwunden ist, bleiben wir frei.«
    »Das ist widerlich. Ich sollte die Bullen anrufen.« Ulrik schüttelte den Kopf, schob den Stuhl zurück, als ob er rein physisch gezwungen wäre, auf Distanz zu den anderen zu gehen.
    »Und was meinst du, was wir dann machen sollen, Ulrik?« Micke sah ihn an, erwiderte seinen Blick aus kalten Augen. »Wir haben keine Alternative. Verstehst du das nicht? Sollen wir noch mehr Menschen das Leben zerstören? Soll dein schlechtes Gewissen das Leben meiner Mutter zerstören? Willst du sie auch noch umbringen? Sie hat mit dieser Sache nichts zu tun. Auch deine Eltern sind unschuldig. Deine kleine Schwester, soll ihr großer Bruder sich in einen Mörder verwandeln? Soll sie ausgestoßen werden, ihre Freundinnen verlieren, weil du den Schwanz einziehst? Kapierst du nicht, das ist unsere Strafe. Damit werden wir leben müssen.«
    Für einen Moment war Mickes Gesicht voller Empfindungen. Schmerz, Trauer und Wut spiegelten sich in seinem Blick wider.
    Dann: nichts.
    Nur Leere und Apathie.
    »Und was ist mit Nicklas’ Familie?« Ulrik klang jetzt resigniert. Als frage er nur, weil er das fragen müsste. »Haben die kein Recht auf die Wahrheit?«
    »Was würde denn dadurch besser? Er ist ja doch tot. Vielleicht ist es sogar besser so. Sie können noch immer hoffen. Vielleicht ist er durchgebrannt. Vielleicht hat er irgendwo anders ein neues und besseres Leben.«
    »Und Richtig und Falsch. Ich nehme an, das sind nur Konstrukte? Dass wir selbst unsere Moral konstruieren?«
    Ulriks Frage blieb unbeantwortet in der Luft hängen.
    Stefan spürte, wie die Scham ihn überwältigte. Ulrik hatte recht. Anders’ scheinbar rationale Argumente waren nur Vorwände. Ihre Gründe waren egoistisch. Nicklas Swans Familie würde es durchaus nicht besser gehen, wenn sie in Unwissenheit leben müsste.
    »Noch eins.« Anders räusperte sich und sah in ihre fragenden Gesichter. »Eins müsst ihr begreifen. Wenn wir das hier machen, dann dürfen wir nie wieder darüber reden. Versteht ihr? Das hier ist nie passiert. Wir schützen einander und uns selbst. Niemand außerhalb dieses Zimmers darf je erfahren, was passiert ist. Niemand. Keine Eltern, keine Freundinnen. Niemand. Wer redet, ist tot. Kümmert euch um euer Gewissen, wie ihr wollt, aber sorgt dafür, dass niemand sonst leiden muss. Wenn ihr nicht damit leben könnt, dann müsst ihr es irgendwie lösen. Mit einem Pistolenlauf im Mund. Mit einem Strick. Ich weiß nicht, aber tut es. Sonst komme ich und löse die Sache für euch.«
    Dann Schweigen. Keine Fragen, keine Zweifel.
    Nur des gemütliche Blubbern und Zischen der Kaffeemaschine und das Ticken der braunen Küchenuhr.
    Anders schob seine Tasse zurück und stand auf.
    »Na gut, ich glaube, wir machen das so. Im Moment sind zu viele Leute draußen. Nachbarn, die Unkraut jäten und Kaffee trinken, und Kinder, die Rad fahren und spielen. Wir müssen bis zum Abend oder vielleicht bis in die Nacht warten. Kannst du wohl das Auto deiner Mutter leihen?« Anders wandte sich an Micke, der stumm nickte.
    »Wir werden versuchen, ihn in den Kofferraum zu packen. Ihn vielleicht in einen Teppich wickeln. Dann teilen wir uns auf. Ich und Micke fahren zum Bootsclub und leihen das Boot meines Vaters, und ihr fahrt mit dem

Weitere Kostenlose Bücher