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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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Wagen zu der stillgelegten Werft in Nacka. Die ist um diese Zeit heute Abend garantiert total verlassen. Da treffen wir uns und tragen das da«, Anders zeigte auf den Körper unter der Decke, »ins Boot. Ich besorge ein Gewicht, und dann fahren wir raus und werfen ihn ins Wasser. Es gibt hier in der Nähe Stellen, wo es fast vierzig Meter tief ist. Niemand wird ihn dort finden. Aber wir müssen ihn aus dem Wohnzimmer wegschaffen. Wenn Mickes Mutter nach Hause kommt, darf es hier oben keine Spuren mehr geben. Wir müssen ihn so lange unten in Mickes Zimmer verstecken. Stefan, du hilfst mir, ihn nach unten zu bringen.«
    Stefan stand auf und folgte Anders ins Wohnzimmer. Sie hoben vorsichtig die Decke an. Nicklas Swans Gesicht war geschwollen und blauschwarz. Sein Kinn hing in einem seltsamen Winkel herab, und um seinen Mund klebte geronnenes Blut. Unter seinem blonden Schopf breitete sich eine Blutlache aus, die Stefan überraschend klein vorkam, wenn er an die vielen Schläge und Tritte dachte. Nicklas’ Augen waren halboffen und schienen von einem milchigen Film bedeckt zu sein.
    Jetzt kotze ich wieder, dachte Stefan, und gleich darauf spuckte er Kaffee und Galle auf den Parkettboden.
    »Verdammt, Steffe, reiß dich zusammen«, murmelte An ders und packte Nicklas unter den Achselhöhlen. Stefan spuckte aus und packte seine Füße. Der Körper war seltsam starr. Stefan schauderte es, und er versuchte, die Übelkeit zu unterdrücken. Gemeinsam trugen sie den schwerfälligen Körper nach unten in Mickes Zimmer. Sie legten ihn auf den blauen Flickenteppich. Anders schaute sich im Zimmer um und sah auf dem Bett ein Handtuch, und er legte es vorsichtig, fast zärtlich über Nicklas Swans zerschundenes Gesicht.
    Stefan wurde von einem Gefühl der Unwirklichkeit überwältigt. Das hier passiert nicht, dachte er. Es ist ein furchtbarer, widerlicher Albtraum, und ich werde bald aufwachen, und dann ist es Samstag, und wir trinken Bier und gehen auf ein Fest. Das hier passiert nicht. Das hier ist nicht echt.
    Das hier passiert nicht.
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe«, flüsterte er Anders zu. »Ich weiß wirklich nicht, ob ich das schaffe.« Wieder hatte er dieses Gefühl von Unwirklichkeit. Als ob er sich selbst von außen zusähe.
    Das hier passiert nicht.
    Anders beugte sich zu ihm vor, erwiderte seinen Blick und flüsterte mit überraschender Intensität: »Du musst es schaffen.«
    Dann drehte er sich um und fing an, Nicklas in den blauen Flickenteppich zu wickeln.

Stockholm 2010

Micke hat noch immer die Hände vors Gesicht geschlagen. Seine grauen Haare hängen wie ein Vorhang um seinen Kopf. Sein ganzer korpulenter Leib bebt vor Schluchzen. Auf dem Tisch stehen zwei leere Weinflaschen und unsere ebenfalls leeren Gläser.
    »Wir haben ihn in einen Teppich gewickelt und ins Meer geworfen. Wie einen Sack voll Müll.«
    Ich zittere wider Willen und versuche, mir den sehnigen Jungenkörper in dem Teppich vorzustellen. Blonde Haare, die aufleuchten, als das Meer ihn verschlingt.
    »Micke, ich muss das wissen. War Stefan bei allem dabei?«
    Ich ahne Verachtung in seinem Blick, als er mich ansieht, und ich kann ihn verstehen. Nach all dem Entsetzlichen, das er mir erzählt hat, ist das also mein einziger Gedanke: Hat Stefan mitgemacht?
    »Niemand hat versucht, es zu verhindern. Niemand hat etwas gesagt. Verstehst du nicht?«
    Ich spüre, wie die Übelkeit sich in meinem Zwerchfell zusammenballt. Die Wahrheit ist unfassbar und unendlich viel schlimmer, als ich es mir jemals vorgestellt hatte. Instink tiv bin ich von Micke weggerutscht. Ich sitze zusammengekrümmt in der anderen Sofaecke und habe die Arme um die Knie geschlungen. Das Zimmer dreht sich noch immer. Schneller jetzt. Ich klammere mich an die Armlehne, um nicht umzufallen.
    Ich kann nur daran denken, dass ich recht hatte. Stefan war nicht der, für den ich ihn gehalten habe. Er trug ein Geheimnis mit sich herum, das ihn von innen her auffraß wie ein Parasit. Und ich meine nicht, dass er mich mit Aina hintergangen hat. In Gedanken versuche ich, die Puzzleteile zusammenzufügen, das Bild von Stefan zusammenzulegen. Der feine, hilfsbereite, großzügige Stefan. Stefan im Ärztekittel, der im Krankenhaus Leben rettet. Stefan, der den blonden blutigen Jungen auf dem Boden tritt, der keinen Versuch unternimmt, diesen Gewaltrausch zu beenden.
    Sosehr ich es auch versuche, es gelingt mir nicht. Ich kann diese widersprüchlichen Bilder nicht vereinen und die komplexe

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