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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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und streichelt meine Wange. Wischt eine verirrte Träne weg.
    Wir kommen sofort an die Reihe, und eine energische Ärztin mit kurzen Haaren erklärt uns, dass die Wunde genäht werden muss. Erik wird betäubt und bekommt fünf säuberliche Stiche auf die Stirn. Nach einigen Stunden Beobachtung dürfen wir nach Hause fahren.
    »Aber was ist eigentlich passiert?« Markus fährt und schaut sich kurz zu mir und dem ruhig in seinem Kindersitz schlafenden Erik um.
    Ich schweige und schaue den Wald an, der vor dem Fenster vorüberzieht, Kilometer um Kilometer von verschneiten Tannen und Kiefern.
    »Siri, verdammt, was ist passiert? Erik muss mit fünf Stichen genäht werden, und du kannst mir nichts erzählen?« Markus redet sich in Rage, und ich muss an seine Verwirrung denken in der Nacht, als er mich in Stefans Hemd auf dem Dachboden gefunden hat.
    »Ich wollte doch nicht …«
    »Was wolltest du nicht, Siri? Was ist passiert? Du hattest doch wohl nichts getrunken?« In Markus’ Blick mischen sich Angst und Wut.
    »Denn wenn du wieder mit dem Saufen anfängst, musst du Hilfe suchen. Alkoholismus ist eine Krankheit, und ich will nicht mitansehen, wie …«
    Ich falle ihm ins Wort.
    »Ich hatte nichts getrunken, ich war eingeschlafen. Entschuldige. Ich war auf dem Sofa eingeschlafen, ich war so müde. Hatte Migräne. Erik hat ganz ruhig gespielt, und gleich darauf wurde ich von seinem Geschrei geweckt. Es tut mir so unendlich leid.«
    Jetzt kommen die Tränen, ich kann sie nicht zurückhalten.
    »Entschuldige, ich wollte wirklich nicht …«
    Markus fährt vorsichtig an den Straßenrand, schaltet das Warnlicht ein und verlässt das Auto. Kommt zu mir nach hinten und nimmt mich in die Arme.
    »Siri. Das ist nicht deine Schuld. So etwas kann jedem passieren.«
    Er streichelt meine Haare, und ich denke, wenn er nur wüsste, dann würde er wissen, dass es doch so ist.
    Dass es meine Schuld war.

Stockholm 1988

»Wieso später?«
    »Ja, was willst du später machen? Du willst doch sicher nicht hier vermodern?«
    Anders drückte unter seinem Schuh die Zigarette aus, ließ sie vom Wind forttreiben und öffnete die Tür zur Bäckerei Lindquist, hielt sie höflich für ihn auf und zwinkerte. Stefan verspürte irgendwo im Bauch eine vage Unlust.
    Später.
    Natürlich hatte er daran gedacht, aber es wirkte noch so weit weg. Im Moment wurde es erst einmal Frühling. Jetzt mussten sie ihr Abitur machen. Danach könnte das Leben dann richtig losgehen. Das Jetzt – nur eine Ouvertüre für das wirkliche Leben, das nach dem Sommer anfangen würde.
    »Ich weiß nicht.«
    »Unsinn, Stefan, natürlich weißt du das.«
    Anders grinste breit, strich sich eine schweißnasse blonde Strähne aus dem Gesicht und betrachtete skeptisch den Tresen, auf dem sich belegte Brote, Rosinenbrötchen und Kuchen stapelten. Sein Gesicht war viereckig, jungenhaft, zugleich aber mit markanten Zügen. Die Nase kräftig, leicht geschwungen und von Sommersprossen bedeckt. Er sah gut aus, wie ein Sportler oder ein Pfadfinder. An seinem Kinn wuchsen spärlich zentimeterlange Haare. Stefan vermutete, dass er sie stehenließ, in der Hoffnung, dass sie sich vermehrten und sich nach und nach zu etwas verdichteten, was im Glücksfall dann aussehen würde wie ein Bart.
    »Zwei Kaffee. Nein, nichts zu essen. Oder, Stefan, möchtest du vielleicht einen kleinen Kuchen? Eine kleine … Zimtschnecke zum Lecken?«
    »Sehr komisch.«
    Stefan steifte das Jackett ab und ging in die angrenzende Kaffeestube. Weiß-rote Decken lagen auf den Tischen, und das Fenster zur Odengata ließ gerade so viel Licht herein, dass man sich durch den engen Raum bewegen konnte. Ganz hinten gab es einen freien Tisch, und sie ließen sich auf die schmalen Holzstühle sinken.
    »Ich meine ja nur.« Anders hob stirnrunzelnd die Tasse zum Mund. »Du kannst verdammt froh sein, wenn du weißt, was du willst. Wusstest du immer schon, dass du Arzt werden willst?«
    Abermals zog sein Magen sich zusammen. Stefan schaute auf den Tisch, auf die Krümel, die braunen Kaffeeringe, die auf der karierten Decke ein unregelmäßiges Kreismuster bildeten.
    »Hexenringe«, sagte er.
    »Was?«
    »Das hier sieht aus wie Hexenringe«, sagte er und zeigte auf die Flecken.
    Anders hob die Augenbrauen und schien für eine Sekunde an seinem Verstand zu zweifeln.
    »Hexenringe? Was hast du denn geraucht? Ich meine, es ist ein verdammtes Privileg, genau zu wissen, was man will. Hast du dir das schon mal überlegt? Was du für

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