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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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höllisch weh, aber das ist nicht so schlimm, Sie wissen ja, warum es wehtut. Und Sie wissen, dass die Wunde verheilt. Verstehen Sie? So ein Gefühl ist das.«
    Ich nicke, erstaunt über Carolines Fähigkeit, ihre kompliziertesten Gefühle in Worte zu kleiden.
    »Und wie war es vorher?«
    Sie lächelt, spielt an den nassen Haarsträhnen herum.
    »Vorher war es wie Fieber. Es geht Ihnen schlecht, Sie fühlen sich wie gerädert, aber Sie wissen nicht warum. Sie wälzen sich im Bett hin und her. Ein vages Gefühl von Krankheit, davon, dass etwas nicht stimmt.«
    »Wo sitzt die Wunde?«
    Ich beuge mich vor, bin plötzlich neugierig auf diese Metapher.
    »Hier«, sagt sie blitzschnell und legt sich die Hand auf den Bauch. »Sie sitzt hier und reicht bis in den Knochen. Aber sie wird verheilen.«
    Ich gieße mir Wasser aus dem blauen Krug ein. Caroline lässt los. Caroline ist auf dem Weg weiter, hinaus ins Leben. Das richtige Leben, nicht die konstruierte Geborgenheit in der alten Studentenbude, wo sie sich an die Erinnerungen an Darius geklammert hat.
    Sie ist stark.
    Stärker als ich. Ich habe Stefan nicht wirklich loslassen können, obwohl seit seinem Tod fünf Jahre vergangen sind. Ich sage mir selbst, dass ich eben wissen muss, was passiert ist, aber ich frage mich, ob es noch einen anderen Grund gibt. Einen, der tiefer liegt. Eine Unfähigkeit, die Person Stefan loszulassen. Den Mann Stefan. Unsere Liebe, unsere Nähe, die ich durch Markus zu ersetzen versucht habe. Sicher liebe ich Markus, aber nicht auf dieselbe Weise. Es kann niemals dasselbe sein.
    »Es kann niemals dasselbe sein«, sagt Caroline, als ob sie meine Gedanken lesen könnte. »Aber es kann gut werden.«

Stockholm 1988

Draußen war es warm. Es war die dritte Woche im Mai, mehr als 25 Grad. Stefan lag in einem Liegestuhl, nur mit einer Badehose bekleidet. In der Hand hielt er ein kaltes Bier, auf dem kleinen Tisch neben ihm lag eine Packung Camel.
    Er musterte die anderen: Ulrik, in einem ausgewaschenen schwarzen Hemd mit The Cure -Aufdruck und abgeschnittenen Jeansshorts, sprang über den gepflegten Rasen und versuchte, den von Anders geworfenen Frisbee zu erwischen. Sein magerer Körper war glatt, und er hatte schwarze Ringe unter den Augen.
    Abifeste und Prüfungen forderten ihren Tribut.
    Anders sah dagegen absolut gut aus. Sein heller Pony fiel ihm ins Gesicht, und die weißen Zähne leuchteten, wenn er über Ulriks Anstrengungen grinste. Er war schon etwas gebräunt und sah sauber und gesund aus in seinem frischgewaschenen weißen T-Shirt.
    Stefan stellte sich vor, dass die Putzfrau von Anders’ Eltern zu Hause stand und seine Kleider bügelte. Dass seine Mutter das machte, hielt er jedenfalls für ausgeschlossen. Micke saß auf einer Gartenbank und blätterte träge in einer alten Nummer einer Skizeitschrift, während er ab und an zu Anders’ und Ulriks Anstrengungen hinübersah, die versuchten, einander zu übertreffen. Seine rotbraunen Locken leuchteten in der Sommersonne, und der blaue Himmel und das junge Birkenlaub wurden in seiner Ray Ban reflektiert.
    Das hier ist perfekt, dachte Stefan, verdammt, besser kann es gar nicht werden.
    Aus dem offenen Küchenfenster waren murmelnde Stimmen zu hören, gefolgt von Musik. Rick Astley. Vermutlich hörten Ulriks kleine Schwester und ihre Freundin sich die Hitparade an. Stefan seufzte leise.
    Fast perfekt immerhin.
    »Hast du einen Fick abgekriegt?«
    Micke ließ die Zeitschrift auf den Rasen fallen und sah Stefan an. »Einen Fick?«
    »Auf dem Fest. Mit Magdalena. Was ist da eigentlich passiert?« Micke schob sich die Sonnenbrille auf die Stirn. Seine Augen sahen ungewöhnlich blau aus. Vielleicht war es nur das grelle Sonnenlicht, das die Pupillen klein machte und die fast türkise Farbe betonte.
    Stefan wurde es ein wenig schlecht, und plötzlich kam der Tag ihm nicht mehr so schön vor. Er wollte nicht an Magdalena denken. Nicht ihren Blick sehen, in dem sich Verachtung und Angst mischten. Er hatte sich solche Mühe gegeben, um Anders’ Version der Geschehnisse zu übernehmen. Alles bestens. Allen geht es gut. Nichts Schlimmes passiert. Aber im Grunde wusste er natürlich, dass das gelogen war. An dem Tag auf dem Schulhof hatte er Magdalenas Blick gesehen und ahnte, dass in ihr etwas zerbrochen war. Und er war schuld daran. Und jetzt kam Micke und stellte neugierige Fragen und verlangte Antworten und Prahlerei über ihre Erfolge.
    »Ach, da war nichts Besonderes.«
    Stefan versuchte zu

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