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Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Bevor du stirbst: Roman (German Edition)

Titel: Bevor du stirbst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Grebe , Åsa Träff
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Brüste. »Ich liebe dich«, murmelt er auf die Weise wie immer dann, wenn er geil ist.
    »Ich liebe dich auch.«
    »Komm.«
    Vorsichtig nehme ich seine Hände von meinen Brüsten.
    »Ich muss den Brei für Erik machen.«
    Er erstarrt, und ich merke, wie seine Enttäuschung durch seinen Körper weiter in meinen wandert.
    »Bitte, Markus. Ich bin so verdammt müde. Es hat nichts mit dir zu tun, okay?«
    Verdrossen stapft er ins Wohnzimmer und schnappt sich unterwegs den Laptop. Jetzt warten Stunden mit Computerspiel. Wir werden einen ruhigen Abend haben.
    Später. Markus’ Atem klingt wie die Wellen in meiner kleinen Bucht im Sommer: gleichmäßig, langsam saugend. Er schläft tief. Zwischen uns in dem schmalen Bett liegt Erik auf dem Bauch und röchelt. Er ist seit zwei Tagen erkältet, will nichts essen, ist ganz allgemein quengelig und jetzt will er nicht mehr in seinem eigenen Bett schlafen.
    Ich gleite unruhig in den Schlaf und wieder heraus, gestört durch Eriks Husten und den Wind, der draußen durch die Baumwipfel jagt. Die Zweige der Sträucher schlagen gegen die Fensterscheibe. Als versuchten sie langsam, aber sicher, zu uns ins Schlafzimmer zu gelangen.
    Dann, ohne Vorwarnung, ist auch Stefan da. Er sitzt in sich zusammengesunken auf der Bettkante, mit gesenktem Kopf, wie um den alten Flickenteppich auf dem Boden zu mustern. Ich fahre zusammen, spüre, wie das Zimmer sich plötzlich mit eisiger Kälte füllt. Der ganze Winter scheint ins Haus eingebrochen zu sein und es mit seiner frostigen Anwesenheit gefüllt zu haben.
    »Was willst du?«, flüstere ich und krieche tiefer unter die Decke. Ziehe die Arme in die Wärme. Die Wärme, die nur Lebende erzeugen können.
    Er sieht mich aus leeren Augen an. Die Haut über seinen Wangenknochen ist brüchig und reißt jetzt ein. Dicke Haarbüschel haben sich gelöst und den kahlen Schädel darunter entblößt.
    »Hast du vor, mich auch einzugraben?«, fragt er und nickt zu dem Karton hinüber, der meine eigenhändig zusammengestellte Dokumentation der Umstände um Anders’ Tod und Stefans letzte lebende Monate enthält.
    Ich gebe keine Antwort, wende mich nur ab und kneife die Augen zusammen. Konzentriere mich auf Markus’ ruhige Atemzüge. Versuche, die Wellen vor mir zu sehen. Das sommerwarme Meer, das langsam über die Felsen schlägt. Wie es behutsam am Strand leckt, um dann zuverlässig in die Bucht zurückzukehren.
    Eine Weile darauf ist er verschwunden.

Ich werde von der SMS geweckt. Es ist kurz nach vier Uhr morgens, und draußen ist der Wind stärker geworden. Ein echter Wintersturm scheint heraufzuziehen.
    Erik und Markus schlafen neben mir. Erik liegt auf dem Bauch, die Knie angezogen und die Windel nach oben gereckt. Der Schnuller ist aus seinem Mund gefallen, und er atmet ruhig. Ich rutsche näher an ihn heran, um zu hören, ob er röchelt, aber ich höre nur seine ruhigen Atemzüge. Vorsichtig schiebe ich ihm den Schnuller in den Mund.
    Ich greife nach meinem Telefon. Das Display leuchtet auf, als ich die Mitteilung öffne. Erst begreife ich nicht, von wem sie stammt, dann geht mir auf, dass es Anna Kantsow ist.
    »Ich werde verfolgt! Wem hast du es gesagt?«

Als der Wecker klingelt, ist der Wind stärker geworden und hat den Schnee vor dem Fenster zu einer massiven Wand zusammengeschoben. Die Zweige peitschen wütend gegen das Schlafzimmerfenster. Und es ist kalt. Es war schon lange nicht mehr so kalt. Mein kleines Haus ist nicht dicht. Eigentlich war es nie als Dauerwohnung gedacht, sondern als Sommerhaus für eine wohlhabende Familie aus der Stadt.
    Stefan und ich haben das Haus von einer alten Dame gekauft, die es dreißig Jahre lang als Sommerwohnung genutzt hatte. Wem es vorher gehört hatte, weiß ich nicht. Aber als wir es übernommen haben, war es in einem elenden Zustand. Wir brauchten fast ein Jahr für die Renovierung und zogen während der Arbeiten von Zimmer zu Zimmer.
    Das meiste machten wir selbst. Stefan war stark und geschickt. Ich sagte immer, an ihm sei ein Schreiner verloren gegangen. Er antwortete, er sei doch einer. So ein großer Unterschied bestehe nicht zwischen Holz und Knochen, sagte er. Die Arbeit des Orthopäden ähnele der des Schreiners in mancher Hinsicht. Ein Handwerk, das Erfahrung, Geschicklichkeit und Gefühl für Form und Funktion erfordert.
    Aina half ebenfalls. In dem Sommer, als wir einzogen, strich sie die halbe Fassade an. Mir geht auf, wie stark Aina ist, physisch und psychisch. Ihr schmaler sehniger

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