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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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er mir schon. Wenn er nicht bei mir ist, kommt es mir so vor, als hätte ich ihn mir ausgedacht.
    »Adam?« Zum ersten Mal habe ich ihn bei seinem Namen genannt. Er klingt fremd auf meiner Zunge, und stark, als würde etwas geschehen, wenn ich ihn nur oft genug sage. Ich gehe in den Flur raus und schaue die Treppenstufen rauf. »Adam?«
    »Hier oben. Kannst hochkommen, wenn du willst.«
    Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
    Sein Zimmer ist genau wie meins, nur seitenverkehrt. Er sitzt auf seinem Bett. Er sieht anders aus, verlegen. In der Hand hält er ein kleines Silberpäckchen.

    »Ich weiß nicht mal, ob es dir gefallen wird.«
    Ich setze mich neben ihn. Jede Nacht schlafen wir mit nichts als einer Wand zwischen uns. Ich werde hinter meinem Schrank ein Loch in die Wand hauen und mir einen geheimen Zugang zu seiner Welt verschaffen.
    »Hier«, sagt er. »Dann mach’s vielleicht mal auf.«
    In dem Einwickelpapier ist eine Tüte, in der Tüte eine Schachtel, in der Schachtel ein Armband – sieben Steine, alle in verschiedenen Farben, an einer Silberkette.
    »Ich weiß, du versuchst dir keine neuen Sachen zuzulegen, aber ich hab gedacht, vielleicht gefällt es dir ja.«
    Mir hat es vor Überraschung die Sprache verschlagen.
    Er sagt: »Soll ich dir helfen, es anzuziehen?«
    Ich halte ihm meine Hand hin, und er legt mir das Kettchen um den Arm und schließt die Spange. Dann verflicht er seine Finger mit meinen. Wir schauen auf unsere Hände runter, wie sie zusammen zwischen und auf dem Bett liegen. Meine sieht anders aus, verschränkt mit seiner, das neue Armband an meinem Handgelenk. Und seine Hände sind vollkommen neu für mich.
    »Tessa?«, sagt er.
    Das hier ist sein Zimmer. Nur eine Wand trennt sein Bett von meinem. Wir halten uns an den Händen. Er hat mir ein Armband gekauft.
    »Tessa?«, sagt er wieder.
    Als ich ihn ansehe, ist es ein Gefühl wie Furcht. In seinen grünen Augen schwimmen Schatten. Sein Mund ist wunderschön. Er beugt sich zu mir vor, und ich weiß. Ich weiß.
    Es ist noch nicht passiert, aber es fehlt nicht mehr viel.
    Nummer acht ist Liebe.

ACHTUNDZWANZIG
    M ein Herz überschlägt sich. »Das kann ich selber.«
    »Nein«, sagt Adam. »Lass mich.«
    Mit voller Aufmerksamkeit widmet er sich jeder einzelnen Schnalle, ehe er mir die Stiefel von den Füßen streift und sie nebeneinander auf dem Boden abstellt.
    Ich setze mich zu ihm auf den Boden, knüpfe seine Schnürsenkel auf, lege mir seine Füße nacheinander auf den Schoß und ziehe ihm die Turnschuhe aus. Dann streichle ich seine Knöchel, und meine Hand fährt unter seiner Hose seine Waden hoch. Ich berühre ihn. Ich berühre die weichen Haare an seinen Beinen. Nie hätte ich mir so viel Wagemut zugetraut.
    Wir machen ein Spiel draus, wie Strip-Poker, nur ohne Karten und Würfel. Ich ziehe den Reißverschluss seiner Jacke auf und lasse sie zu Boden fallen. Er knöpft meine Jacke auf und lässt sie von meinen Schultern gleiten. In meinem Haar entdeckt er ein Blatt aus dem Garten. Ich fasse seine dunklen Locken an, schlinge die kräftigen Strähnen um meine Finger.
    Weil mir unter seinem Blick nichts unwichtig vorkommt, lasse ich mir Zeit mit seinen Hemdknöpfen. Der letzte formt sich unter unseren Augen zu einem Planeten – milchweiß und vollkommen rund.
    Erstaunlicherweise wissen wir beide, was zu tun ist. Ich brauche nicht mal drüber nachzudenken. Ich werde nicht mitgeschleift. Es ist nicht mechanisch oder routiniert, sondern so, als würden wir beide gemeinsam den Weg erkunden.

    Wie ein Kind hebe ich die Arme über den Kopf, als er mir den Pullover vom Leib schält. Mein Haar, mein neues kurzes Haar, lädt sich elektrisch auf und knistert im Dunkeln. Das bringt mich zum Lachen. Es gibt mir das Gefühl, mein Körper wäre rund und gesund.
    Mit den Fingerrücken berührt er meine Brüste durch den BH, und weil wir uns ansehen, weiß er, dass es in Ordnung ist. Mich haben schon so viele Leute berührt, gepiekst und geschubst, untersucht und operiert. Ich dachte, mein Körper wäre taub, unempfänglich für Berührungen.
    Wir küssen uns wieder. Minutenlang. Winzige Küsse, in denen er sanft meine Oberlippe anknabbert, meine Zunge seinen Mund erkundet. Das Zimmer füllt sich mit Geistern, mit Bäumen, dem Himmel.
    Unsere Küsse werden inniger. Wir versinken ineinander. Es ist wie bei unserem ersten Kuss – zwingend, wild.
    »Ich will dich«, sagt er.
    Mir geht es ganz genauso.
    Ich will ihm meine Brüste zeigen. Ich will meinen

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