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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Lächeln. »Wir kriegen das schon hin. Unsere Stunden kommen erst noch.«
    »Es ist doch eigentlich alles bekannt. Steht doch alles schon in den Akten. Ich frag mich manchmal, was das ganze Theater eigentlich noch soll. Der Richter hält den Zeugen ihre polizeilichen Aussagen vor, sie nicken und bestätigen und gehen wieder raus. Alle wissen, was ich sage – und trotzdem werde ich seit fast fünf Monaten eingesperrt. Ich frag dich allen Ernstes, Manuel, glaubst du, dass die zu einem Freispruch kommen? Nie im Leben.« Jetzt war es raus. Er hatte es sagen müssen, obwohl es seinen innersten Hoffnungen widersprach.
    »Es kommen noch sehr viele Zeugen. Du kannst dich auf mich verlassen – ich habe mir die Schwachpunkte sehr genau notiert.«
    »Schwachpunkte. Du weißt genauso gut wie ich, dass die ein wasserdichtes Urteil brauchen, das in allen Instanzen hält. Plausibel muss die Geschichte sein, nicht wahr.«
    Eigentlich hätte Manuel im Kreise von Juristen jetzt nicht widersprochen. Jetzt aber musste er Optimismus verbreiten, wie er es einmal in einem Seminar zum Umgang mit Angeklagten gelernt hatte. »Wer bei der Wahrheit bleibt, ist auf dem Weg der Plausibilität.« Es klang trocken und unpersönlich.
    Auf Ketschmars Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet.
    »Hast du nicht bemerkt, wie die Richter reagiert haben, als ich berichtet hab, wie ich den Kerl angespuckt habe? Das glauben die mir doch nicht. Das glaubt mir kein Mensch … Ich hoffe, du glaubst es mir.«
     
    Nachdem Bruhns Nachfolge noch nicht geregelt war, hatte Häberle derzeit freie Hand. Er entschied im Einvernehmen mit dem Direktionsleiter, dessen Pensionierung ebenfalls unmittelbar bevorstand, Linkohr vorübergehend wieder herzubeordern. Unterdessen fuhr der Chefermittler mit Speckinger durch strömenden Regen ins Rehgebirge hinaus. »Da werden die Jungs kaum mit dem Hubschrauber anrücken können«, konstatierte Häberle beim Blick auf die tief hängenden Wolken.
    »Dann müssen die Bodentruppen um so heftiger ran«, grinste Speckinger und meinte damit die Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, die in solchen Fällen das Gelände durchkämmten. »Wenn diese Sache nichts mit dem Fall Grauer zu tun hat, fress ich einen Besen.«
    »Ich hoff bloß, dass wir das klären können, bis wir als Zeugen dran sind.«
    »Nächsten Montag«, stellte Speckinger fest, »naja, da haben wir ja noch drei Tage Zeit.«
    »Die ganze Sache stinkt, sag ich dir.«
    »Den Eindruck hab ich schon lang, August, schon sehr lang.« Speckinger sah seinen Kollegen von der Seite an. »In dieser Gegend hier hat jeder ein Geheimnis. Und wir sollten da endlich reinschlagen.«
    »Dann tun wir das doch. Grund dazu haben wir.« Der weiße Audi hatte die nächste Abzweigung erreicht. Häberle steuerte nach links – zur Zufahrt zum Eulengreuthof. »Du weißt ja, mit wem der Eugen da oben verwandt ist …?«
    »Natürlich, deshalb sag ich es ja – er ist der Onkel von dem Schwarzarbeitsheini in Ulm, der am Furtlepass verblichen ist.«
    Die beiden Männer fuhren die letzten hundert Meter schweigend zu dem Gehöft, das jeder Polizist aus der Gegend kannte. Kaum war der Wagen in den Hofraum gerollt, begann der Kettenhund zu toben.
    »Einfach nicht hinschauen«, empfahl Häberle, als sie ausstiegen und zur Haustür gingen, die unterdessen bereits geöffnet wurde. Vor ihnen stand eine gebeugte alte Frau im blauen Arbeitsanzug. Es war Marie Blücher, an der viele Jahre bäuerlichen Lebens ihre Spuren hinterlassen hatten. Die Augen der Frau waren gerötet, die Falten im Gesicht tiefer geworden. »Er ist einfach weg«, begann sie zu jammern. »Was hätt ich denn anderes tun sollen, als die Polizei zu rufen?« Der Einsatz, den sie ausgelöst hatte, schien ihr peinlich zu sein.
    »Seit wann ist Ihr Mann denn verschwunden?«, begann Häberle ruhig und vorsichtig, während Speckinger den Blick über die geradezu antiquarische Einrichtung schweifen ließ.
    »Seit gestern Abend gegen halb elf.«
    »Er ist weggegangen …?«
    Sie schüttelte den Kopf und ließ ihre knochigen Finger knacken. »Er hat gesagt, er sei noch nicht müde und dass er noch schnell im Stall was erledigen will. Eine Reparatur, wissen Sie. An der alten Holzsäge hat was mit der Transmission nicht funktioniert.«
    Die beiden Kriminalisten sahen sich für einen Moment an.
    »Und dann ist er rüber in den Anbau?«
    »Ja, hat er gesagt. Aber wie ich dann um halb eins wach geworden bin und er immer noch nicht im Bett war, bin ich

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