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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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mit einem Auto herrühren. Möglicherweise von einer Stoßstange.« Scholz räusperte sich. »Aber Todesursache sei eindeutig Erdrosseln.«
    »Haben die gesagt, womit?«
    »Etwas Breites«, berichtete der Verkehrspolizist, »keine Schnur jedenfalls.«
    Speckinger drehte sich mit dem Schreibtischsessel wieder zum Fenster. Die Turmuhr zeigte kurz vor 14 Uhr. Damit war das Wochenende also im Eimer. »Okay«, sagte er, »ich ruf den August an – und den Chef.« Dann beendete er das Gespräch.
    Er entschied sich, zunächst August Häberle zu verständigen, den er nicht nur als Kollegen schätzte, sondern auch als den erfahrensten Ermittler, den er jemals kennengelernt hatte. Ihm würde er es dann überlassen, den permanent cholerischen Kripochef Helmut Bruhn zu informieren, der es gewiss als persönliche Beleidigung empfand, dass ausgerechnet am Samstagnachmittag ein Kapitalverbrechen bekannt geworden ist. Nein, dachte Specki, das musste er sich jetzt nicht antun.
     
    »Hoffentlich machen sie dir jetzt deinen Saustall zu«, krächzte die Stimme im Telefon. Dem Steinberg-Schorsch, der allein daheim war, schoss das Blut in den Kopf. Er kannte den Anrufer. So ging das schon seit Jahren. Immer wieder gegenseitige Beschimpfungen. Mehrere Gerichtsverhandlungen hatten nichts geholfen, ganze Generationen von Juristen waren bemüht worden, um den Streit zwischen den verfeindeten Bauern zu schlichten. Doch wann immer auf einem der beiden Höfe etwas schief lief, vermutete die jeweils andere Seite eine Attacke vom Kontrahenten. Der alte Steinberg-Schorsch stand mit wackligen Beinen neben dem schwarzen Wählscheibentelefon, das wie ein antiquarisches Dekorationsstück das Wohnzimmerbuffet schmückte. Der alte Bauer nahm die qualmende Pfeife aus dem Mundwinkel und bläffte zurück: »Halt doch du dei dumme Gosch.«
    »Wars dein Junger, der den Mann totgefahren hat? War er wieder im Suff?«, provozierte der Anrufer vom Eulengreuthof weiter. »Ich werd der Polizei Bescheid sagen, damit sie ihn endlich dorthin bringen, wo er schon lange hingehört – ins Zuchthaus.«
    Schorsch hatte sich vorgenommen, sich nicht mehr aufzuregen. Aber jetzt spürte er, dass es dieser Depp vom Eulengreuthof wieder einmal geschafft hatte, ihn aus der nachmittäglichen Ruhe zu bringen. »Mach doch, was du willst«, tobte er los – so laut, als ob er es die 300 Meter bis zu dem verhassten Hofnachbarn hinüberschreien wollte, »mach, was du willst, du elendiger Drecksack.«
    »Was sagst du da?« Der Eulengreuthof-Eugen tat so, als seien derlei Schimpfworte zwischen ihnen völlig abwegig. »Was hast du gesagt? Ich hör wohl nicht richtig. Das wird dir noch leidtun.«
    »Dann renn halt wieder zum Kadi«, brüllte der Alte vom Steinberghof, »heut noch, am besten noch heut! Oder willst du uns lieber heut Nacht wieder am Bulldog die Reifen aufstechen? Ja willst das wieder tun?«
    »Du beschuldigst mich, ich hätt euch Reifen aufgestochen?« Die Stimme brachte den schweren Hörer zum Vibrieren. »Meinst du im Ernst, ich würd auch nur einen Fuß auf euren dreckigen Hof setzen? Mir tun alle Leute leid, die auf so einem Dreckshof Milch und Eier kaufen.«
    »Leck du mich doch …« Der Alte stockte und überlegte, ob er den Hörer auf die Gabel donnern sollte.
    »Eins sag ich dir, dieser dauernde Verkehr auf unserer Zufahrt hier, das nimmt ein Ende. Jetzt, wo ihr einen totgefahren habt … vielleicht schon den Zweiten … jetzt werden die Tagdiebe auf den Behörden endlich mal kapieren, dass hier nicht jeder rumfahren kann, wie es ihm passt. Dann werden deine Suffköpfe bald zu Fuß gehen müssen.«
    Schorsch zog an seiner Pfeife, um die Glut zu erhalten. »Und ich sag dir auch was«, wetterte er zurück, »pass du bloß auf deinen Scheißhof auf. Es könnt sein, da schlägt mal der Blitz ein.« Er donnerte den Hörer auf die Gabel. Es war allerhöchste Zeit, wieder einmal ein Zeichen zu setzen, dachte er.

11
     
    August Häberle war sofort zur Dienststelle gefahren, um sich von seinem Kollegen Specki die Vorgeschichte erläutern zu lassen. Sie beide kannten sich seit Jahrzehnten und hatten sich auch dann nicht aus den Augen verloren, als Häberle Sonderermittler beim Landeskriminalamt in Stuttgart gewesen war. Als er vor einigen Jahren in die Provinz zurückkehrte, ging ihre Zusammenarbeit so weiter, als seien sie nie getrennt gewesen.
    Specki war der Schaffer im Hintergrund, drängte sich nie nach vorne, auch nicht in Sonderkommissionen. Er liebte es, direkt an

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