Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
ich sag dir, da ist einiger Zündstoff drin.«
    Scholz wollte nicht widersprechen. »Aber warum trifft unser Unbekannter sein Opfer ausgerechnet da draußen in diesem Tal? Die werden sich ja wohl kaum am Freitagabend dort verabredet haben. Allein schon, weil dieser Grauer ein Behördenmensch ist, halte ich das kaum für möglich.«
    »Dann gibt es nur noch eine andere Möglichkeit«, überlegte Steffen, »dann waren die beiden womöglich beim Steinberg-Schorsch oben und sind irgendwie zusammengetroffen.«
    »Im Suff«, ergänzte Scholz eher ironisch, »haben den berühmt-berüchtigten Moscht von dem Schorsch da oben gebechert und sich dann in die Haare gekriegt.« Er winkte ab. »Mensch, Steffen, mal den Teufel nicht an die Wand. Fehlt bloß noch, dass du den Eugen vom Eulengreuthof ins Spiel bringst.« Scholz zwinkerte mit einem Auge. »Ich stell mir schon die Schlagzeile vor: ›Mord beim Eulengreuthof – hat der Bauernstreit sein erstes Todesopfer gefordert?‹«
    »Dann wärs wirklich ein Fall für Häberle«, frotzelte der junge Kollege.
    »Dir gehts nicht gut«, stellte Monika fest. Sie machte sich bereits seit Monaten um Gerhard große Sorgen, doch jetzt schien er in eine tiefe Depression verfallen zu sein. Das gestrige Vorstellungsgespräch hatte ihn mitgenommen. Und nach dem Gespräch im Arbeitsamt war ihm endgültig bewusst geworden, dass es keine Perspektive gab. Er würde mit seinem Beruf keinen Job mehr finden. Nie mehr Brü­cken bauen, nie mehr sein Know-how anwenden können.
    Er hatte bereits deutlich abgenommen, war desinteressiert und schien sich am liebsten in seinem winzigen Büro verkriechen zu wollen. Auch jetzt löffelte er appetit- und lustlos in der Gemüsesuppe, die sie gekocht hatte.
    »Mir drehts den Magen rum«, gab er zu, »entschuldige. Das liegt nicht an deinem Essen.« Gerhard verzog das Gesicht zu einem krampfhaften Lächeln. »Aber mir ist, als habe sich alles gegen mich verschworen.«
    Wie oft hatte sie ihn schon getröstet. Sie strich sich die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht. »Gerd, bitte, versuch nicht ständig ans Schlimmste zu denken.«
    Wie leicht sagte sich das, dachte er. Er hatte schon tausendmal nachgerechnet, worauf sie bald verzichten mussten. Von der Substanz leben, hieß es dann. Das Konto würde schmelzen, unablässig. Sie würden alles verlieren. In spä­testens 4 oder 5 Jahren, daran bestand gar kein Zweifel, war alles weg. Vermutlich würde man ihnen nicht einmal das Häuschen noch zugestehen. Bevor sie für wenigstens 345 Euro monatlich bezugsberechtigt waren, durfte nur noch das Allernotwendigste vorhanden sein, was ihnen das Gesetz zugestand. Beim Gedanken daran geriet er jedes Mal innerlich in Panik. Irgendwann würden sie sich kein Benzin mehr leisten können, geschweige denn Heizöl. Bei den atemberaubend steigenden Preisen konnten sie nicht mehr mithalten.
    »Fahrn wir in die Stadt?« Ausgerechnet jetzt hatte Monika mit diesem Vorschlag versucht, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Raus unter die Menschen.
    »In die Stadt?«, wiederholte er ungläubig, während er sich zwang, einen neuerlichen Löffel Suppe zu essen.
    »Ja, nur bummeln«, erwiderte Monika.
    »Ich fahr heut nicht«, entschied er. »Außerdem ist der Tank fast leer.«
    Sie schwieg und atmete schwer.
    »Wir können meinetwegen hier einen Spaziergang machen«, schlug er vor, um seine Frau nicht zu enttäuschen.
    »Hier? Schau doch raus. Ist doch alles eingenebelt.«
    Er drehte den Kopf, um aus dem Fenster blicken zu können. Tatsächlich, von Schloss Ramsberg auf der gegenüberliegenden Talseite war nichts zu sehen.
    »Du hast recht«, gestand er ein. »Aber ich will wirklich nicht fahren.«
    Monika sah ihn von der Seite verständnislos an. »Warum eigentlich nicht? Was ist denn los?«
    Er schwieg.
    Es hatte sich doch längst herumgesprochen. Arbeitslos. Auch einer von denen. Hat gemeint, er sei etwas Besseres. Das hat er nun davon. Gescheitert. Dabei hat er sich zäh und eisern nach oben geboxt. Er wollte es allen zeigen, allen, die immer gedacht hatten, er sei der kleine Bub vom Land, der nicht mal ins Gymnasium gegangen ist. Vielleicht hätte er das locker gepackt – aber den Eltern war diese ›Oberschule‹ ein bisschen suspekt gewesen. Und ihm dann auch. Arbeiterkinder gingen nicht aufs Gymnasium. Jedenfalls normalerweise nicht. Vielleicht wäre er aber auch viel zu lernfaul gewesen, um dies durchzustehen. Vielleicht hätte man ihn richtig fordern sollen – und nicht mit dem

Weitere Kostenlose Bücher