Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
sicher – ganz bestimmt genügend Entlastungsmaterial.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Wenn es so war, wie er sagt.«
    Seine Schwiegermutter sah ihn an: »Du hast doch nicht etwa Zweifel daran?«
    »Nein, Monika«, sagte er – doch für Chrissi klang es nicht überzeugend genug.
     
    Wenn das nicht die Hölle war, dann wars die Vorstufe der Hölle. Ketschmar hatte bereits vier Nächte hinter sich. Vier Nächte mit drei wildfremden Männern. Einem Milchbubigesicht, das beim Autobahnrasthaus Ulm-Seligweiler mit zwei Kilo Heroin erwischt worden war, einem Mittdreißiger, der in Blaubeuren eine Tankstelle überfallen hatte, und ein nur wenig älterer Türke, der so gut wie kein Deutsch verstand, von dem er aber inzwischen wusste, dass man ihm einen Mord vorwarf. Offenbar hatte er den Liebhaber seiner Freundin erstochen. Allein die Vorstellung, mit Schwerverbrechern auf engstem Raum zusammenzuleben, trieb Ketschmar den Blutdruck in die Höhe und den Brechreiz in die Kehle. Er fühlte sich hundeelend, hatte bisher so gut wie nichts gegessen und musste bereits den Gürtel seiner Jeans ein Loch enger schnallen. Das Aufsichtspersonal hatte ihn ermahnt,ja nicht in einen Hungerstreik zu treten. Doch dies hatte er nicht vorgehabt. Er konnte einfach nicht essen. Wenn einer der Männer die Toilette benutzte, für die es als Sichtschutz nur einen Vorhang gab, dann waren nicht nur die entsprechenden Geräusche zu hören, sondern auch die Gerüche zu ertragen.
    Als er hier hereingekommen war, in diesen Raum, der nichts weiter als eine menschenunwürdige Aufbewahrungsstätte war, da hatten ihn die drei anderen ziemlich feindselig aufgenommen. Der brutale Typ, der eine Tankstelle überfallen hatte, ließ ihn gleich spüren, wer hier das Sagen hatte. Er musste im hinteren Etagenbett das unterste nehmen – dort, wo es stickig und eng war, wo er nur die Betonwand anstarren konnte, oberhalb derer ein vergittertes Milchglasfenster diffuses Tageslicht einfallen ließ.
    Die Liege über ihm hatte der Türke in Beschlag genommen, während die andere dem Tankstellenräuber gehörte. Der – ein überheblicher Kotzbrocken – hatte Ketschmar mit breitem Grinsen zu verstehen gegeben: »Der über dir ist Birkan – ein Bettnässer …« Er lachte laut auf, »… mach dir nichts draus. Wenns nachts mal tropft, hat das nichts mit Regen zu tun.«
    Ketschmar hatte nichts gesagt, sondern war gleich in sein dunkles Loch gekrochen und auf der harten, seltsam riechenden Matratze apathisch liegen geblieben. »Kommen und pennen«, lästerte der Tankstellen-Räuber, »glaubt wohl, etwas Besseres zu sein.«
    Die Stimme des Drogen-Bubis, der Fuß an Fuß neben Ketschmar lag, schien sich einschmeicheln zu wollen: »Soll ich ihm zur Begrüßung eins überbraten?«
    Ketschmar erschrak. Wenn sie dies tun wollten, war er ihnen hilf- und wehrlos ausgeliefert. Wenn er schrie, würde sich niemand um ihn kümmern. Wer auch sollte es hören? Hier herrschte das Recht der gesetzlos Stärkeren – und dies inmitten justiziablen Hoheitsgebiets.
    »Lass ihn«, antwortete der Räuber von oben, »wir zeigen ihm erst, wenn er nicht spurt, wo es lang geht.« Um dann lauter zu werden. »Hast du gehört?«
    Der so Angesprochene wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Ich hab mit dir gesprochen!«, dröhnte es von oben.
    »Bin ja nicht taub«, antwortete Ketschmar, worauf der Drogen-Bubi aus seiner Koje sprang und ihn am Kragen packte.
    »Du sollst antworten, wenn dich der Chef was fragt«, brüllte er ihn an. Ketschmar roch den schlechten Atem und versuchte, den Angreifer abzuwehren. Doch er merkte sofort, dass er keine Chance haben würde.
    Drogen-Bubi ließ ihn wieder los und kroch auf seine Liege zurück.
    »Dass eins klar ist«, kam die Stimme von oben, »hier drin geschieht, was ich sage.«
    »Okay«, gab Ketschmar resignierend zurück, »ich möchte nichts weiter als meine Ruhe.«
    »Bist erstes Mal in Gefängnis«, schaltete sich der Türke jetzt ein, »musst gewöhnen dich. Ist nix Hotel.« Er lachte schallend. »Vielleicht du mit mir in Zelle ein Leben lang.«
    Ketschmar hatte den drei Männern bereits am Freitagabend, als er eingeliefert worden war, seine Situation geschildert. Doch auf mehr als hämisches Lachen war er nicht gestoßen. Alle behaupteten, sie seien unschuldig, höhnte der Räuber. »Das freut die Richter mächtig … da kriegst du gleich noch ein paar Jahre draufgebrummt.«
    »Aber das spielt bei dem doch keine Rolle«, meinte der Drogen-Bubi, »der

Weitere Kostenlose Bücher