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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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zusammen. Ich war ja nicht blöd.
    In meinem Inneren tobte das Chaos. Ich bin so verzweifelt gewesen, die Eifersucht brachte mich fast um. Mein Herz hat geklopft wie verrückt, und ich dachte, mein Kopf müsste platzen. Aber gleichzeitig war ich auch so verunsichert, dass ich nicht wusste, wie ich ihm gegenübertreten, wie ich mit ihm reden sollte, wenn er dann irgendwann kam.
    Er ist am Mittag gekommen. Fast gleichzeitig mit Raffael, den der Schulbus immer nach Tetenbüll zurückbrachte.
    Es hat mich irritiert, dass Karl gut ausgeschlafen aussah. Und ich dachte einen Moment, dass ich vielleicht gesponnen hatte. Vielleicht war ja gar nichts gewesen, vielleicht war ja alles gut.
    Karl war echt gut drauf, er strahlte, gab mir einen Kuss und lief ganz locker ins Haus. Und ich dachte, so ausgeglichen habe ich ihn ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.
    Das war nicht der grimmige und grüblerische Karl, der er seit Svenjas Tod gewesen war. So wirkte er zehn Jahre jünger. Als wäre nie etwas passiert.
    Je länger ich ihn beobachtete, desto mehr krampfte sich mein Herz zusammen. Er war einfach zu fröhlich.
    Aber ich hab nichts gesagt. Wollte abwarten. Wahrscheinlich hatte ich auch Angst, ihn anzusprechen. Er wurde immer so schnell wütend, und da kam ich nie gegen an. Wenn wir stritten, war sowieso immer ich diejenige, die die schwächeren Nerven hatte und verlor.
    Das Baguette, das noch im Kühlschrank wartete, hatte ich für den Abend vorgesehen, zum Mittagessen hatte ich ein Huhn mit Gemüse und einem Schuss Weißwein im Ofen geschmort.
    Wir saßen alle drei in der Küche und haben schweigend gegessen. Dann sagte Karl auf einmal: ›Die Soße ist dir schon mal besser gelungen. Sie schmeckt irgendwie süßlich.‹
    Ich ärgerte mich fürchterlich über die Bemerkung und erklärte ihm, dass das an den Zwiebeln und den Tomaten läge und dass man das gar nicht verhindern könne.
    Und was wir uns dann an den Kopf warfen, hat sich bis heute fest in mein Gedächtnis eingebrannt, obwohl es so banal war.
    ›Dann lass die Zwiebeln und Tomaten doch das nächste Mal weg‹, grunzte er abfällig, so als gäbe es für alles auf der Welt eine Lösung, man müsste halt nur draufkommen.
    ›Ich kann doch das Huhn nicht nur mit Karotten und Zucchini braten! Das schmeckt ja wie toter Hund! Und du wolltest doch unbedingt mal wieder Gemüsehuhn haben!‹
    ›Ja, schon, aber ich kann es nicht ändern, es schmeckt einfach nicht. Ich weiß auch nicht, warum, früher hast du das anders gemacht.‹
    ›Früher hattest du auch grundsätzlich nicht so eine Saulaune. Mit guter Laune schmeckt das Essen einfach besser.‹
    ›Dann müsste es mir ja heute sensationell schmecken! Bis vor fünf Minuten hatte ich nämlich noch ausgezeichnete Laune!‹ Ich fand seine Süffisanz einfach nur unerträglich und ging zum Angriff über.
    ›Weil du die Nacht nicht zu Hause geschlafen hast, oder wie?‹
    Ich weiß noch, dass Karl aufsprang und seine Serviette auf den Tisch pfefferte. ›Sag mal, was soll das jetzt?‹, schrie er. ›Willst du mir vorwerfen, dass ich heute eigentlich gute Laune hatte? Gibt es überhaupt noch irgendeinen Satz, den ich sagen kann und den du mir nicht im Mund herumdrehst und mir zum Vorwurf machst?‹
    Ich war fassungslos. Es waren nur einige Sätze hin und her gegangen, er hatte mit seiner blöden Kritik angefangen, und mir war nicht klar, wie er es geschafft hatte, dass nun schon wieder ich diejenige war, die am Pranger stand und offensichtlich die Atmosphäre vergiftet hatte.
    ›Ach so.‹ Ich versuchte, mich irgendwie zu rechtfertigen. ›Ich bin es also, die wieder mal alles kaputt macht oder die Schuld hat. Ich habe in deinen Augen ja immer Schuld! Bist du noch nicht mal in der Lage, dich daran zu erinnern, dass du derjenige warst, der hier angefangen hat rumzumäkeln? Hättest du deinen Mund gehalten, würden wir jetzt nicht streiten. Aber du kannst eben nicht mehr freundlich sein. Du schaffst es einfach nicht. Du suchst den ganzen Tag irgendetwas, an dem du rummeckern kannst. Wenn es nicht das Essen ist, dann ist es etwas anderes.‹
    Ich hatte Karls Augen schon ewig nicht mehr so zornig gesehen. ›Meine Liebe‹, funkelte er mich wütend an, ›hast du überhaupt eine Ahnung, wie du bist? Wie du dich den ganzen Tag verhältst? Du müsstest mal dein missmutiges Gesicht sehen. Ein anderes hast du ja gar nicht mehr drauf. Guck doch mal in den Spiegel! Es ist zum Fürchten! Und ich bitte dich, wie soll man denn zu einem

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