Bezaubernde Spionin
kurz, aber dann wurde ihr Blick kühl. »Wir vertrauen seinem Wort, Unser königlicher Gemahl und Wir, und Wir schließen uns seinem Urteil, was Eure Unschuld angeht, vollkommen an, Herzogin.«
Eine plötzliche Hitzewelle stieg in Aylinn hoch. Unschuld? Dann begriff sie, was die Königin gemeint hatte, und war froh, dass ihre Wangen bereits gerötet gewesen waren. Sie wusste sehr genau, welchen Fürsprecher die Königin gemeint hatte. Zweifellos hätte Sir Rupert von Atholl einiges mehr über ihre Unschuld sagen können. Und darüber, wie bereitwillig, rückhaltlos und leidenschaftlich sie ihm diese Unschuld geschenkt hatte. Aylinn wurden allein bei dem Gedanken an diese Nacht vor fast einem Jahr die Knie weich.
Die Königin hatte sie nicht aus den Augen gelassen und strich jetzt erneut mit den Fingern über den geschnitzten Löwenkopf ihrer Armlehne, während ein unmerkliches Lächeln um ihre Lippen spielte. »Aber Ihr seid immerhin die Herzogin von Albany und damit eine bedeutende und einflussreiche Persönlichkeit Schottlands, meine Teuerste.« Sie lächelte sie an. »Wir meinen damit, ebenso bedeutend für Schottland wie für England. Durch Eure Entscheidung, Uns, und damit meinen Wir Schottland und dem König, in England zu dienen, begebt Ihr Euch in eine recht gefährliche Situation. Wie gesagt, der Herzog von Bedford ist nicht nur Euer Großonkel, sondern er ist auch faktisch der Regent Englands. Und er ist vor allem«, auf der makellosen Stirn der Königin bildete sich über ihrer geraden, aristokratischen Nase eine tiefe Falte, »Schottland gegenüber nicht sonderlich wohlgesinnt, was ich ebenfalls schon sagte.« Sie seufzte, und ihre Stirn glättete sich. »Was er nach seinem Sieg über die schottische Armee in Vernuil hinlänglich unter Beweis gestellt hat.« Sie lächelte. Es war ein eiskaltes, schneidendes Lächeln, und Aylinn war froh, dass es diesmal nicht ihr galt. »Nicht zuletzt durch die Entsendung dieses ungehobelten Schlächters Cunningham als Diplomat an Unseren Hof und einer Gesandten, die Lady zu nennen wahrlich eine Beleidigung für alle adligen Damen am Hofe wäre.« Sie fauchte leise. »Lady Georgina Harrington ist schlimmer als eine Schlange, denn diese Reptilien, so scheint Uns, haben zumindest so etwas wie Moral. Sie töten nur, wenn sie hungrig sind, und zudem erledigen sie ihre Opfer rasch und ohne überflüssige Grausamkeit.«
Aylinn schluckte, als sie hörte, was die Königin von Lord Peter Cunningham und vor allem von Lady Georgina Harrington hielt, den beiden englischen Gesandten, die heute am Hofe vorgestellt werden sollten.
»Ganz offensichtlich haben sie nicht nur den Auftrag, die Clans weiterhin gegen Uns aufzuwiegeln, sondern haben ebenfalls, wie Unsere Spione mutmaßen, eine Botschaft des Herzogs von Bedford bei sich, die sich direkt an Euch richtet.« Die Königin zog die Augen zusammen und trommelte unruhig auf den Löwenkopf an ihrer Armlehne, der keine Miene ob dieser eher unfreundlichen Behandlung verzog. »Wir fragen Uns natürlich, Lady Aylinn, was wohl in dieser Botschaft steht. Bedford hat nach dem … unseligen Tod Eures Vaters immer wieder betont, dass er um Eure Sicherheit hier am Hofe besorgt ist.« Sie sah Aylinn forschend an. »Ich nehme an, das ist Euch klar?«
»Allerdings, Majstät«, erwiderte Aylinn. »Der Herzog hat mir seit dem Tod meines Vaters zahlreiche Briefe zukommen lassen, in denen er mir nahegelegt hat, dass ich in England sicherer aufgehoben wäre.« Sie hielt kurze inne und warf Juliet einen schnellen Seitenblick zu. »Diese … Einstellung meines Onkels war nicht zuletzt der Grund dafür, dass Lady Juliet auf die Idee gekommen ist …«
Sie zuckte überrascht zusammen, als die Königin verächtlich schnaubte. Mit einer so undamenhaften Gebärde hatte sie nicht gerechnet.
»Wir dürfen wohl mit Fug und Recht davon ausgehen, dass Eurem Onkel Eure Sicherheit weit weniger am Herzen liegt als vielmehr Euer Titel und der damit verbundene Einfluss, der ihm hier in Schottland zufiele, wenn er sich dieses Titels bemächtigen könnte. Wir fragen Uns auch, ob Euer Onkel nicht die Gunst der Stunde ergreifen wird, wenn er Euch erst einmal unter seiner Kuratel hat und …«, fuhr sie rasch fort, als Aylinn etwas erwidern wollte, »ob er nicht möglicherweise auch die Gunst der Stunde sehr richtig eingeschätzt hat.«
Jetzt war es an Aylinn, sich undamenhaft zu verhalten. Sie runzelte verblüfft die Stirn. »Ich verstehe nicht, Majestät …« Sie
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