Beziehungsglueck
enthemmen. Was Sie wirklich froh macht, Ihnen tiefe Freude und Ihr Herz tatsächlich zum Hüpfen bringt, bekommen Sie in diesem Zustand kaum noch mit.
»Manchmal braucht es ein bisschen Disziplin, sich wieder raus an die frische Luft oder morgens früher aus dem Bett zu bringen. Manchmal braucht es Rückzug: Ich möchte einfach etwas Musik hören. Und manchmal gehört Mut dazu: Kannst du mich mal in den Arm nehmen, das fehlt mir gerade so.«
Sorry, aber das ist wieder der Spaßbremsenteil: Dass Entspannung und Freude nicht im Kontakt mit Ihrem inneren Wesen sind, erkennen Sie, wenn Sie etwas wie Alkohol, Fernsehen, Pornos, Sex oder Essen brauchen, um in einen bestimmten Gefühlszustand oder in die Entspannung zu kommen. Sie sind abhängig von etwas da draußen, das Ihnen über die unangenehmen Gefühle im Inneren hinweghelfen soll. Das zweite sichere Indiz, dass Sie auf der falschen Fährte sind: Es geht Ihnen nachher schlechter als vorher. Der dicke Kopf nach der Feier. Die Speckröllchen nach der Fressattacke. Leere oder unstillbare Gier nach Sex und Pornos. Unruhe und Einsamkeit, wenn der Fernseher nicht mehr läuft. Bert ist ein Beispiel dafür. Seine Frau wollte sich trennen, weil sie es nicht mehr aushielt, dass er im Alltag keine Gefühle zeigte, aber auf Partys stets viel trank und dann ausgelassen mit anderen Frauen flirtete. Er schob es auf die Kontrolliertheit seiner Frau, dass er ihr seine Gefühle nicht zeigen könne. Er sei eigentlich ein lockerer Mensch. Im Laufe der Gespräche entdeckte er aber, dass er den Alkohol brauchte, um seine Gefühle in Fluss zu bringen. Irgendwann war er bereit zu einer Party ohne Alkohol. Er musste feststellen, dass er still am Rand saß und Frauen gegenüber unsicher war. Er merkte, dass es auch in ihm jede Menge Kontrolle und Verletzlichkeit gab, die er bisher nur an seiner Frau gesehen hatte. Bert brauchte erst den Druck der Krise und dann den Mut, sich selbst ins Gesicht zu schauen. Und schließlich viele kleine Schritte, seine Gefühle ohne Alkohol wieder ins Leben zu bringen.
»Liebe dich selbst« ganz praktisch
Wenn Sie wirklich herausfinden wollen, was Ihnen guttut: Werden Sie still und geben Sie sich Raum für mehr Alleinsein und kleine Bestandsaufnahmen. Vielleicht gönnen Sie sich am Anfang nur mal einen Spaziergang in der Natur oder täglich fünf Minuten ganz bewusst für ein Rendezvous mit Ihnen selbst. Hauptsache Sie tun es wirklich für sich und erspüren in dieser Zeit sich selbst.
Fragen Sie sich: Wann habe ich mich das letzte Mal von innen heraus wirklich gut gefühlt? Stellen Sie sich eine konkrete Situation vor und forschen Sie nach, was die Bedingungen und Auslöser für Ihr Wohlgefühl waren: Was brauche ich tatsächlich, um mich in der Seele gut und im Körper lebendig zu fühlen?
Und dann beginnen Sie, sich kleine Räume zu schaffen, in denen Sie sich wieder nähren und sich guttun. Dazu gehört manchmal ein Nein zu den anderen aus Liebe zu sich selbst. So ein Prozess kann sich am Anfang wie Folter anfühlen – aber er lohnt sich, und bald wird es Ihnen umso besser gehen.
Achtsamkeit – der geheime Genuss des Alltagslebens
B
eim letzten Teil haben Sie sich vielleicht gefragt, ob das jetzt die Beziehungstipps von zwei vertrockneten, weltfremden Oberlehrern sind, die predigen: keine Chipsorgien, keine Fernsehabende auf der Couch, kein Um-die-Häuser-Ziehen mit den Jungs, keine feuchtfröhlichen Abstürze, kein gieriger Sex und keine Pornos.
Nein, das predigen wir nicht. Gegen all das ist nichts zu sagen. Wenn Sie mal vor dem Fernseher hängen, bei der Feier der Letzte sind oder beim Sex nach Abenteuer suchen – alles kein Problem. Hier geht’s nicht um Moral. Um gut oder schlecht. Hier geht’s nur darum, wie Sie wirklich erfüllenden Genuss finden. Und der hat einzig mit einer Sache zu tun: mit Ihrer Fähigkeit, sich ganz auf den Moment einzulassen.
Erinnern Sie sich noch an diesen Kuss, als Sie frisch verliebt waren? Sie waren einfach total bei der Berührung Ihrer Lippen, mit jeder Zelle Ihres Körpers. Sie haben sich nicht nebenbei einen Kuss reingezogen. Sie sind auch nicht in Gedanken abgedriftet. Nichts hätte Sie ablenken können. Dieser Kuss ging durch Sie durch von der Haarspitze bis zu den Zehen. In diesem Moment gab es einfach nur den Kuss. Sie haben ihn ganz und gar geliebt und gelebt, diesen Kuss.
Schade, dass es mit diesen ersten Küssen, der ersten Berührung, dem ersten Sex nicht immer weitergeht. Wir gewöhnen uns an
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