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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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eintraten.
    Alle
waren schon da. Am Kopfende saß Körthy, an seinen Seiten Bernhard und Schirmdorfer.
Zu beiden Seiten des Tisches hatten die Gäste Platz genommen und am Fußende der
Tafel Frau Irmi und Gina. Überhaupt war der ganze Tisch schön gedeckt, weiße
Kerzen sorgten neben der elektrischen Beleuchtung für Licht. Das Porzellan der
Teller und Schüsseln glänzte, die Servietten waren manierlich gefaltet, und
auch zwei Blumengestecke hatten Platz gefunden. Auf zwei Beistelltischchen
warteten Dessert und Kaffee samt Zubehör. Bei aller Aufregung entging mir
jedoch nicht, dass Frau Irmi auch für Tee gesorgt hatte. Immerhin.
    »Ah«,
rief Körthy theatralisch aus, »jetzt sind wir vollzählig. Wunderbar!«
    Er war
aufgestanden und breitete in einer Geste des Willkommens die Arme aus. Er
wirkte fast wie die Statue des Cristo Redentor über Rio de Janeiro. Allerdings
hat der Erlöser weder so viel Schmer um den Bauch noch einen so beeindruckenden
Schnauzer.
    Nachdem
Anne und ich uns gesetzt hatten, herrschte Stille, nur gelegentlich
unterbrochen durch ein leises Schnäuzen von Jenny. Anscheinend war sie die
Einzige, der Duvenbecks Tod emotional naheging.
    »Wir
werden heute Abend alle am selben Tisch speisen, denn ich habe einige
Bemerkungen zu machen, die, angesichts der Umstände, Sie alle angehen. Da schon
alle Speisen aufgetragen sind, wird niemand gezwungen sein, aufzustehen. Ich
will niemandem zumuten, eine meiner Entdeckungen zu versäumen.«
    Außerdem
wollte er uns bei dem, was er zu sagen hatte, keine Sekunde aus den Augen
lassen. Ich ihn allerdings auch nicht. Mir fiel auf, dass er seinen Anzug
gewechselt hatte und statt der Krawatte eine herrlich altmodische Binde trug.
    »In dem
Dorf, in dem ich meinen Ruhestand genieße, gibt es ein Gasthaus. Wenn man daran
vorbeigeht, lässt sich anhand der Musik und des Gelächters nie sagen, ob gerade
eine Hochzeit, eine Taufe oder eine Beerdigung gefeiert wird. In diesem Sinne:
Mahlzeit!«
    Er
setzte sich, zog die Suppenschüssel an seinen Teller heran, schöpfte sich, nahm
ein paar Frittaten dazu und begann nach Herzenslust zu essen. Die anderen
wirkten ein wenig betreten, taten es ihm dann aber gleich. Alle aßen mit
Appetit, bis auf Jenny, die lustlos in ihrem Teller herumstocherte.
    Zur
Feier des Tages nahm ich auch ein Glas vom Roten. Irgendwas Schweres,
Tanniniges aus Bordeaux, mit einer wunderbar granatroten Farbe, die leicht ins
Schwarze hineinspielte. Während ich die Suppe aß – Lob sei Irmi in der Küche –
wartete ich darauf, dass Körthy zu sprechen beginnen würde.
    Nachdem
der kleine Ungar seinen Suppenteller geleert hatte, legte er den Löffel
beiseite, um sich umständlich Schnurrbart und Mund abzuputzen. Anschließend
nahm er einen genießerischen Zug aus seinem Weinglas, hielt es gegen das Licht,
schwenkte es ein wenig, schnalzte leise mit der Zunge und stellte das Glas
wieder an seinen Platz zurück. Am Ringfinger der Rechten saß ein schöner
Siegelring, mit dem schlug er leicht ans Glas. Das edle Riedelmaterial erklang
hell wie eine Glocke. Alle wandten den Blick zum Kopf der Tafel.
    »Wir
haben hier ein nettes kleines Rätsel.« Er unterbrach sich. »Aber bitte, essen
Sie doch weiter.« Kurze Pause. »Wie gesagt, ein nettes Rätsel. Eine von innen
verschlossene Tür, ein abgelegenes Anwesen, eine begrenzte Anzahl von
Verdächtigen. Auf solch einen Fall mag der Kriminalist ein Leben lang warten,
ohne ihn je vorzufinden. Aber wenn er eintritt: Umso wichtiger, vorsichtig
vorzugehen, sodass die Lösung nicht die Schönheit des Falles entstellt. Das
wäre unverzeihlich. Tollpatschiges Vorgehen! In so einem Fall! Pfff.« Er
schnaubte durch die Nase. Fast wäre ich geneigt zu sagen, seine
Schnurrbarthaare wiegten sich im Luftzug.
    »Ich
werde Ihnen nun, Schritt für Schritt, meine Überlegungen preisgeben, sodass wir
vielleicht, mit ein wenig Glück, zum Schluss zu einer Lösung kommen werden, die
uns allen Genüge tut.«
    »Schluss
mit dem Theater«, fuhr Krobath auf. »Sagen Sie uns, wer der Mörder ist, dann
können wir anderen nach Hause. Es ist ein weiter Weg nach Wien, und morgen
müssen alle wieder im Büro sitzen.«
    »Genau«,
pflichtete ihm Urner bei. »Setzen Sie den Mörder fest und lassen Sie die
anderen gehen! Ich bin ein vielbeschäftigter Mann!«
    »Nur
Geduld, meine Herren«, entgegnete Körthy. »Gut Ding braucht Weile.«
    Zwischen
den Dreien ging es noch ein wenig hin und her, aber ich konzentrierte mich auf
meine Suppe.

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