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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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mit einer falschen Bewegung hinrichte, riecheich Hanf. Ich drehe den Kopf. Frauke lehnt mit verschränkten Armen am Küchentisch und beobachtet mich.
    »Was machst du da?«
    »Proben.«
    Sie mustert mich mit rot unterlaufenen Augen.
    »Ich habe dich schon proben sehen. Das sah anders aus.« »Ich bin etwas eingerostet. Lässt du mich bitte allein, ich muss voranmachen, ich habe ein Casting in ...« Ich werfe einen Blick auf die Wanduhr. »Gleich.«
    Sie merkt auf.
    »Ein Casting? Klasse!«
    »Ja.«
    Sie hört auf zu lächeln.
    »Mensch, jetzt sei doch nicht wieder so negativ.«
    »Bin ich nicht.«
    »Bist du wohl.«
    »Nein, ich bin bloß realistisch: Ich habe die Castings nicht gewonnen, als ich besser und die Konkurrenz schlechter war – wieso sollte ich sie jetzt gewinnen?«
    Sie zuckt die Schultern.
    »Es haben schon viele ein Comeback geschafft.«
    »Das wäre kein Comeback, sondern eine Exhumierung. Lässt du mich jetzt bitte machen?«
    »Wie auch immer ...«, kichert sie. »Wenn du schon mitmachst, dann versuch doch wenigstens, ein bisschen Spaß zu haben, ja? Spaß kann bei Comedy doch nicht schaden, oder? Wer weiß, vielleicht ist heute dein großer Tag.«
    »Zweckoptimistin.«
    »Zwecklosrealist. «
    Ich verdrehe die Augen. Sie verdreht ihre. Ich seufze. »Frauke. Geh und lass mich arbeiten.«
    Statt zu antworten, greift sie in ihre Tasche und holt den unvermeidbaren Beutel hervor. Sie beginnt seelenruhig einen Joint zu bauen.
    »Und, wie lief es gestern noch? Habt ihr endlich ...« Sie startet wieder einen Ford T.
    »Nein. Tess hat einen neuen Job, sie geht ins Ausland.« Sie ist noch immer mit dem Joint beschäftigt.
    »Für wie lange?«
    »Erst mal ein halbes Jahr.«
    Sie nickt und bastelt aufmerksam weiter.
    »Und wohin?«
    »China.«
    Sie hört auf zu drehen und hebt den Blick.
    »Oh.«
    »Ja, oh! Kann ich jetzt weitermachen?«
    Sie mustert mich einen Augenblick. Dann senkt sie den Kopf. Mit derselben Aufmerksamkeit wendet sie sich wieder ihrem Joint zu, drückt mal hier und leckt mal da. »Willst du wissen, was das Problem ist?«, fragt sie.
    Alles klar. Sie hat nur darauf gewartet, endlich mal über die Probleme anderer reden zu können, jetzt, wo es mit dem Arschloch drei Tage am Stück gut läuft.
    Ich wende mich dem Spiegel zu, weiß aber nicht, wie ich wieder anfangen soll. Jetzt, wo sie zuhört, geht nichts mehr. Prima, ich bin schon erledigt, wenn nur einer im Raum wach ist. Vielleicht kann ich nachher Schlaftabletten an die Jury verteilen.
    »Das Problem ist, dass ihr nicht mehr miteinander schlaft«, fährt sie fort. »Man vergisst, wie schön Sex ist, wenn man zu lange ohne lebt, und mal ehrlich, die Generation, die euch vögelnd erlebt hat, stirbt langsam aus.«
    Ich schaue sie im Spiegel an.
    »Du hast recht, Sex scheint wirklich viel auszumachen. Das Arschloch benutzt dich, belügt dich, hält dich hin, raubt deine Zeit und behandelt dich respektlos, und du machst das alles mit, weil es seine sozialen Defizite scheinbar sexuell ausgleichen kann. Guter Sex bringt also jemanden wie dichdazu, eine Affäre ohne Perspektive mit einem Mann ohne Anstand zu führen. Und wenn du nicht gerade durchhängst, blühst du sogar dabei auf, ich habe dich heute früh singen hören. So etwas kann guter Sex bewirken, ist total wichtig. Aber eben nicht alles. Gut? Kann ich jetzt weitermachen?« Sie mustert ihren Joint eindringlich. Falls irgendetwas von dem, was ich gesagt habe, sie interessiert haben sollte, versteckt sie es ganz gut.
    »Bist du eigentlich impotent?«
    Ich starre sie an. Sie hebt den Blick und schaut mich an. »Ich meine, funktioniert das Equipment noch?«
    »Bin ich ’ne verdammte Rockband oder was? Frauke, hau ab! Ich muss mich konzentrieren!«
    Sie zündet sich genüsslich den Joint an und nickt vor sich hin, gibt mir die volle Anwaltsnummer: Du musst ja nichts sagen, es ist ja dein Geld, dein Leben, dein Hintern in der Knastdusche. Ich habe einmal miterlebt, wie sie einen Mandanten eine Stunde lang ignorierte, bis er endlich mit etwas rausrückte, was wie eine Wahrheit klang.
    »Ist ein ernstes Thema. Viele Männer haben da Probleme, und wenn Kerle keinen mehr hochkriegen, kommen sie auf die merkwürdigsten Gedanken.« Sie atmet tief ein, die Glut leuchtet rot auf. Sie behält den Rauch in der Lunge und bläst ihn dann in einer dicken weißen Wolke heraus, während sie nachdenklich nickt. »Ja, wirklich, wir hatten mal einen Mandanten, der hat eine Vergewaltigung gestanden, nur um

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