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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Schritte nach links und winke Mona zu. Sie winkt zurück.
    »Karneval, echt, was ist bloß daraus geworden? Früher war es politisch, heute dreht es sich nur noch um Saufen und Ficken! Ist ja fast wie bei einer Betriebsratsversammlung von VW!«
    Die SM-WG jault auf. O Gott! Ich hab’s getan! Ich habe auf der Bühne Ficken gesagt! Und es ist ein Lacher !
    »Däne! Abmarsch! Sofort!«, kommt es über die Monitoranlage.
    Ich breite meine Arme aus.
    »Karneval war tatsächlich mal politisch – und jetzt? Schaut euch mal um. Hier könnte Pol Pot Freunde finden, alles, was er bräuchte, wäre ein Kostüm und ein Ständer.«
    Immer noch Lacher, aber auch ein paar vereinzelte Buhrufe. Scheinbar hören ein paar zu. Jemand ruft, dass ich ihm Tiernamen geben soll. Der Aufnahmeleiter winkt jetzt mit beiden Armen.
    »In drei Sekunden machen wir dir das Mikrofon zu«, sagt Richie über den Monitor.
    Ich steige auf eine Monitorbox und halte beide Hände hinter die Ohren.
    »Was?? Ich kann euch nicht hören! Ist das alles, was ihr draufhabt?! Was ist los?! Hat Karneval keine Eier? Kölle Helau! Altbier für alle! Kalendersaufen und Termingeficke ! «
    Das Mikrofon ist tot. Die Musik wird so schnell eingespielt, dass BH mich nicht abmoderieren kann. Die Leute schauen für eine Sekunde verwirrt drein – und dann tun sie das Schlimmste, was sie tun können; Sie vergessen mich auf der Stelle und schunkeln auf der eingespielten Karnevalsmusik. Ein paar vereinzelte Pfiffe hallen noch nach, das war es. Schluss mit lustig.

 
Kapitel 19
    Der Backstageraum ist voll. Jeder holt seine Angehörigen hinter die Bühne. Sogar Kanacke hat Menschen um sich. Er scherzt mit seinen Leuten und wirft dabei immer wieder Blicke rüber. Toll, jetzt gelte ich sogar für ihn als Freak. Nina hat seit meinem Auftritt auch kein Wort mehr mit mir geredet. Der UFZ und Manne fielen dagegen lachend über mich her. Ich musste schwer Fluchtwagenfahrersprüche einstecken, während wir zuschauten, ob Kanacke draußen mit der Situation klarkam. Kam er. Sehr gut. Leider. Er beschimpfte die Leute, bis sie aufwachten, dann setzte er die Gags, und sie jubelten ihm zu. Ich fand schon immer Comedians scheiße, die nichts Besseres draufhaben, als ihr Publikum niederzumachen. Jetzt gehöre ich dazu. Und all das haben Millionen Menschen gesehen, und wer weiß, wofür wir heute die Rechte weggeben haben, und jeder kann noch in hundert Jahren ins Archiv gehen und nachschauen, wie ich die Contenance verlor. Was zum Teufel habe ich mir gedacht?? Die Antwort ist: keine verdammte Ahnung.
    Und auch sonst bin ich verwirrt, denn als wir zur Abstimmung auf die Bühne rausgingen, moderierte BH uns einzeln an. Der UFZ und Nina bekamen guten Beifall. Ich bekam einen mit Pfiffen, Buhrufen und Gejaule. Kanacke räumte den Laden ab. Dann standen wir auf der Bühne und warteten auf die Abstimmung, doch unten im Saal schunkelten die meisten Jecken lieber, anstattihre Handys zu suchen. BH machte mehrere Durchsagen, doch es tat sich wenig, und auch bei der Auswertung der TV-Anrufer gab es technische Probleme. Also standen wir da wie bestellt und nicht abgeholt. Als es zu lange dauerte, wandten sich auch die, die uns zugeschaut hatten, wieder dem Flirten und Saufen zu. Alle Comedians standen auf der Bühne bei voller Beleuchtung, und niemand interessierte es. Ein Showloch tschernobylischen Ausmaßes.
    Als ich kurz davor war, kopfüber von der Bühne zu springen und auf einen Schädelbruch zu hoffen, war es dann doch so weit: Der Aufnahmeleiter brachte BH einen Zettel mit Namen und von Hand hingeschmierten Prozenten. BH verkündete das Ergebnis und die Jurybegründung. Die Kameras zoomten ganz nah ran, um unsere Emotionen festzuhalten. Ich nahm mir vor, mich heulend auf den Boden zu werfen, wenn mein Ausscheiden bekannt wurde, doch dazu kam es nicht. Ich bin für das Finale qualifiziert. Als mein Name verkündet wurde, schaute niemand blöder drein als ich. Was hat Clemens bloß wieder mit der Jury angestellt? Mann, das ist ja schlimmer als bei amerikanischen Präsidentschaftswahlen! In den Sprüchen der anderen schwingt Respekt mit, weil ich bei einer Agentur bin, die solche Dinger draufhat, denn neben Kanacke, dem UFZ und Kohl hat sich ebenfalls Nina qualifiziert. Alle sind aufgeregt und freuen sich, sogar Kohl hat mal gelächelt. Nina dagegen sitzt ruhig auf einem Stuhl und schaut sich den Trubel an. Ich räume meine Tasche ein und denke an Wodka, intravenös.
    Neben mir hustet jemand und holt

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