Bezueglich Enten und Universen
gut Bescheid über Kochwettbewerbe, aber was wusste ich von Morden? Nichts. Null. Absolut
nada,
bis auf die Tatsache, dass während der letzten Woche mehrmals jemand versucht hatte, mich umzubringen.
Während wir den Presidio hinter uns ließen, dachte ich an Professor Maximilian und die Fragen, die sich auf seinem Tisch zu stapeln begannen. Er hatte versprochen, meinen Namen soweit möglich aus dem Rampenlicht herauszuhalten, aber ich spürte, dass er seine wissenschaftliche Integrität nicht dadurch kompromittieren würde, dass er meine Rolle vollständig unterschlug. Ich hoffte, dass Meriwether Mangos Lebensgeschichte gemeinsam mit der der Omni-Erfinderin Olivia May Novak Irving die Schlagzeilen beherrschen würde und ich nicht in ein hinterwäldlerisches Universum Z flüchten musste, um der medialen Aufmerksamkeit zu entgehen.
Bevor ich ein Picknick am Baker Beach oder einen Imbiss an Pier 39 vorschlagen konnte, bog Bean an einem Stoppschild rechts ab auf eine breite Straße mit einer Palmenreihe in der Mitte. Der Käfer rollte nur noch langsam dahin, während sie nach Hausnummern Ausschau hielt.
»Wer wohnt denn hier?«, fragte ich mit staunendem Blick auf die eleganten Villen.
»Vierzehn-zehn, vierzehn-zwölf ... Deine Tante Henrietta möchte dich kennenlernen.«
»Sei nicht albern, Bean«, sagte ich scharf. »Tante Hen ist tot.«
33
EINE GEALTERTE VERWANDTE
Ein von hübschen Kakteen und in verschiedene Formen geschnittenen Büschen gesäumter Gartenweg führte zu einer großen, gepflegten Villa. An der Klingel standen die abgekürzten Namen (gemäß Paragraf 3) der Bewohner von sechs Apartments, zwei in jedem Stockwerk.
H. S.
,
Erdgeschoss links
. Die blitzsaubere Tür mit Buntglaseinsatz war unverschlossen.
»Sie hat heute Morgen bei uns angerufen und wollte mit dir Kontakt aufnehmen«, erklärte Bean, während wir an die Wohnungstür klopften.
»Felix B hätte ja vielleicht ein Wort sagen können, dass Tante Henrietta hier noch lebt.«
»Du hast ihn getroffen?«
»Wir sind uns in Carmel über den Weg gelaufen.«
»Vielleicht dachte er, du weißt Bescheid. Schließlich sagt man normalerweise nicht: ›He, übrigens, dieser und jener weilt noch unter uns.‹ Eher umgekehrt.«
Die Apartmenttür öffnete sich automatisch und führte in eine kleine Diele. Ich folgte Bean an einer Garderobe mit reich verziertem Spiegel und einer Vitrine mit Meeresschnickschnack vorbei in ein dicht möbliertes Wohnzimmer.
»Setzt euch«, befahl eine alte Dame auf dem Sofa und legte die Türfernbedienung weg. Henrietta Sayers.
Ich nahm den ersten Sitzplatz, der mir über den Weg lief.
»Nein, HIER drüben, mein Lieber.« Tante Henrietta klopfte auf das Kissen neben sich. Ich verlagerte mich aufs Sofa und fädelte meine Beine unter einen Korbtisch, auf dem eine große Lederschatulle und ein Tablett mit drei kleinen Tassen standen.
»Und nehmt bitte die Dinger ab, die ihr da um den Hals tragt«, fügte Tante Henrietta hinzu. »Ich werde nicht gerne unterbrochen.«
Bean brachte unsere beiden Omnis in die Diele und hängte sie an die Garderobe, während ich die Gelegenheit nutzte, mich umzusehen. Zahllose Figürchen mit Meeresmotiven nahmen Regalplatz weg und traumhafte Fotos von Quallen hingen an den Wänden. Das erinnerte mich daran, dass Tante Henrietta eine lange Karriere als Meeresbiologin hinter sich hatte.
Meine Tante Hen war eigentlich eine angeheiratete
Groß
tante von der Seite meines Vaters, die zweite Frau meines Großonkels Otto. Er hatte mir einmal ein ferngesteuertes Flugzeug mit drei Geschwindigkeiten und einziehbarem Fahrwerk zum Geburtstag geschenkt und sich damit die ewige Dankbarkeit eines Zehnjährigen gesichert. Tante Hen hatte er erst spät im Leben kennengelernt, und als sie heirateten, waren sie schon über achtzig. Ein Porträtfoto von Onkel Otto stand zwischen den Seepferdchenfiguren.
Diese
Henrietta war genau genommen überhaupt nicht mit mir verwandt, aber ich konnte nicht anders, als meine Tante in ihr zu sehen. Sie war genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte, ein kleiner, zarter, verwitterter Wirbelwind mit mehr als neun Jahrzehnten Lebenserfahrung.
Während Bean in dem steifen Sessel Platz nahm, den ich freigemacht hatte, tätschelte Tante Henrietta mir den Kopf, als wäre ich immer noch zehn Jahre alt und würde sie nicht sogar im Sitzen um Haupteslänge überragen. Genau wie meine Tante Hen schien sie mit den Jahren etwas schwerhörig gewordenzu sein und kreischte in jedem Satz
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