Bezugspunkt Atlantis
unglaubwürdig. Seien Sie froh, daß wir Ihnen die Arbeit abnehmen. Kenji, Kenonewe und ich fungieren offiziell als Gardisten oder Leibwächter. Was will der denn schon wieder?«
Er drehte den Kopf. Der Wind fuhr in seine kurzgestutzten blonden Haare und schien sie noch steiler aufzurichten.
»Vorsicht! Es wird ernst«, erreichte mich Hannibals telepathischer Anruf. Ich hatte aber auch schon erkannt, worauf es dem Schiffseigner ankam.
Auch er trug das kittelartige Gewand der Nitrabyler. Es bestand jedoch aus einem feineren Gewebe. Sein lederner Brustharnisch war mit breiten Stahlplatten bedeckt und der Waffengürtel reich verziert. In dieser Epoche konnte man den gesellschaftlichen Rang der Leute mühelos an ihrer Kleidung erkennen. Im 21. Jahrhundert war das wesentlich schwieriger.
Bytral war so groß wie ich, aber breiter und korpulenter gebaut. Seine brandroten Haare wehten im Wind. Den feuerfarbenen Bart hatte er zu zwei dicken, bis zum Gürtel reichenden Zöpfen geflochten. Dort bogen sich die Haarspitzen einwärts und wurden von einer goldenen Schnalle zusammengehalten.
Der Hüne kam näher, die linke Hand um den Griff seines zweischneidigen Langschwerts geklammert. Sein Blick war lauernd und voller Unruhe. Bislang hatte ich mich geweigert, ihm den Lohn für seine »Rettungsaktion« auszuhändigen.
Das hatte seinen Grund! Folrogh, unser marsianischer Informant über die zwielichtige Tätigkeit des Handelsschiffers, hatte nicht angeben können, in welcher Weise er mit den in Nitrabyl ansässigen Vertretern des denebischen Geheimdienstes in Verbindung stand.
Ich hatte mir dagegen nicht vorstellen können, daß ein intelligenter Mann wie der Atlanter Merklohr einem solchen Individuum mehr anvertraute als unbedingt notwendig. Die Vermutung war richtig gewesen. Bytral wußte nur, daß er westlich von Whurola einige Schiffbrüchige aufzunehmen hatte.
Wer diese Leute waren und was sie bezweckten, war ihm unbekannt. Merklohr hatte ihm die Todesstrafe angedroht, wenn er sich nicht wunschgemäß verhalten würde.
Das war allerdings vor der Vernichtung der Stadt Nitrabyl geschehen! Nun existierte sie nicht mehr, doch das wußte Bytral noch nicht. Er hatte kein Funkgerät an Bord.
Noch empfand er Angst und tiefsten Respekt vor dem atlantischen Sicherheitschef von Nitrabyl. Wie würde er sich aber verhalten, wenn er von informierten Whurolanern die Wahrheit hören würde?
»Erpressungsversuch!« teilte mir Hannibal mit. »Wenn das Schwert nicht mehr über dem Hals hängt, fängt die Haut an zu jucken.«
Ich schaute zu dem Kleinen hinüber. Er war die Unterwanten des Vormastes bis zur Marssaling aufgeentert und spähte zu der Festung hinüber, von der die Hafeneinfahrt beherrscht wurde.
Sie war nicht von Menschen, sondern von Marsianern erbaut worden.
Das bläulich leuchtende MA-Metall der halbrunden Panzerkuppeln und der flimmernde Energieschirm verrieten dem Kundigen, daß dort ein Sitz der Götter war.
Für unsere Begriffe waren die kleinen Männer vom Roten Planeten durchaus nicht götterhaft, sondern nur gefährlich. Das Abwehrfort diente auch keineswegs zur Sicherung dieses Seehafens, sondern es gehörte zum Verteidigungsring gegen eindringende Raumschiffe der Deneber. Die Hochenergiekanonen würden niemals auf einen primitiven Segler feuern.
Welchen Respekt die zeitgenössischen Menschen vor der Festung hatten, verrieten mir Bytrals angstvolle Blicke. Seine Gedanken waren ein Sammelsurium aus Aberglauben und Barbarenschläue, die darin gipfelte, die Götter überlisten zu wollen.
Wie er das wollte, war mir längst klar. Man hätte
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