Bezugspunkt Atlantis
murrte er. »Fock- und Großmast rahgetakelt, Besanmast – nun, wie ist der getakelt?«
Ich spähte schärfer achteraus. Die drei Masten des schnell aufkommenden Schiffes waren schon klar auszumachen.
»Jedenfalls kein Besansegel, sondern lateinergetakelt«, stellte ich fest. »Das hatten die Nordländer damals schon von den Whurolanern übernommen. Nicht alle, aber viele. Am Großmast führt er Groß-, Mars- und Bramsegel. Beachtlich! Sehr viel scheint sich in der Kunst des Schiffsbaus nicht verändert zu haben. Das machten wir im 17. Jahrhundert genauso. Hoch mit der Rah, Fra mus. Es wird Zeit.«
»Psi-Auswertung«, rief Hannibal vom Bug her. »Einer macht uns soeben aus. Der Kapitän ändert den Kurs.«
Er war es. Es konnte keinen Zweifel mehr geben.
Nishimuras Segel knallte im Wind. Ich verstand Kenonewes fragenden Blick richtig.
Unser schöner Diesel verstummte endgültig. Ich löste die Halterungen des Treibstoffbehälters und wuchtete ihn über Bord. Augenblicke später versank auch der Diesel.
Infolge unserer Trimmung sackte das Boot augenblicklich mit dem Bug weg und nahm besorgniserregend viel Wasser über.
Aber auch dafür hatten wir vorgesorgt. Die schwersten Ladegüter wurden sofort nach hinten gebracht.
Von da an segelten wir mit stark verkürzter Fläche vor dem Wind. Eine halbe Stunde später war das fremde Schiff so weit aufgekommen, daß wir beidrehen und die geringe Fahrt aufheben konnten.
Der Dreimaster glich von den Decksaufbauten her einer historischen Kogge, zeigte in seinen Linien aber viel Ähnlichkeit mit einem späteren Ostindienfahrer der Holländer.
Der geringe Tiefgang war anscheinend flachwasserbedingt, und der breite Bug zeugte von Stabilität, wenn auch nicht von Schnelligkeit. Auch dieses Schiff war nach nordischer Art klin kerbeplankt. Die hohe, kastellartig ausgebildete Back bot dem Wind sehr viel Widerstand, aber überkommende Brecher wurden davon wirksam vom tiefliegenden Mitteldeck abgehalten.
Die Segeleigenschaften konnten nicht besonders gut sein, aber für eine rauhe See war dieses stabile Gebilde genau richtig.
Ich stand breitbeinig in der Achterplicht des Bootes und wink te zu einem rothaarigen Hünen hinüber. Hannibal hatte soeben mitgeteilt, daß es sich um den Eigner und Kapitän des Kauffahrers handelte.
Sein Name war Bytral; er stammte aus Nitrabyl der Düsteren.
Seinem Gedankengut war zu entnehmen, daß er mit unserem Auftauchen in diesem Seegebiet gerechnet hatte.
Ich sah seine Männer an die Brassen springen. Die Rahen kamen herum, das Schiff verlor an Fahrt. Augenblicke später lag es beigedreht in der unruhigen See.
»Pullen Sie, Framus!« forderte ich unser Riesenbaby auf. »Wenn ein Barbar wie Sie nichts kann – pullen kann er.«
Hannibal warf mir giftige Blicke zu, denn ich blieb an der Ruderpinne sitzen und feuerte ihn lautstark an.
Was sollten eigentlich diese Blicke! Ein »Fürst meiner Art« ruderte nicht. Das wäre anormal gewesen.
So geschah es, daß wir uns unendlich langsam dem Kauffahrer näherten. Als ich endlich die Wurfleine auffing, waren Allison, Utan, Nishimura und Kenonewe bis ins Mark ausgelaugt. Ein Beuteschlachtschiff der Marsianer durch den interstellaren Raum zu fliegen, war viel weniger anstrengend.
8.
Die BYTRAL-NIT, laut marsianischer Verwaltungsvorschrift so genannt nach dem Eigner und dem Heimathafen, hatte die Distanz bis zur Halbinsel von Tarifa bis mittags fünfzehn Uhr zurückgelegt. Bei dem günstigen Wind wäre es rascher gegangen, wenn sich Bytral nicht so lange mit der Übernahme unserer Ladung aufgehalten hätte.
Ich war als Rodkon, Fürst der wilden Perken,
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