Bezwinger meines Herzens - Kennedy, K: Bezwinger meines Herzens - The Irish Warrior
größere der beiden Männer räusperte sich. »Seit Michaelis.«
»Gefällt Euch Euer Posten?«, fragte sie, setzte sich an den kleinen Tisch und musterte die Männer neugierig.
»Mylady«, murmelte der kleinere hilflos. Seine Gedanken schienen ihm ins Gesicht geschrieben wie ein Wappen: Wozu diese Quälerei? Welche Antwort wohl genügen wird?
Senna stand auf und spazierte wieder durch den Raum. Die verletzte Hand drückte sie dichter an die Brust. Die Männer starrten sie mit offenem Mund an, wandten abrupt den Blick ab und wippten in ihren Stiefeln auf und ab. Ihre Blicke schweiften unruhig durch den Raum, blieben hier und da hängen, aber sie schauten Senna nicht an.
»Die Seelen, die die härteste Arbeit verrichten, werden oft von jenen missachtet, denen diese Arbeit am meisten dient«, erklärte Senna verschwörerisch.
Die Männer nickten elendig. Sie hätte auch verkünden können, dass der König von England hingerichtet werden sollte; die beiden hätten zugestimmt.
»Ich wünsche nicht, zu jenen zu gehören, die Wohltaten genießen, ohne eine Entschädigung zu bieten«, sagte sie und wirbelte herum.
Die beiden strafften den Rücken und starrten geradeaus. »Nee, Mylady!«
»Manche tun es aber«, hauchte sie sanft. Sie senkte den Kopf und berührte vorsichtig ihre Hand, um die Aufmerksamkeit der Männer auf die Verletzung zu lenken, die Rardove ihr zugefügt hatte.
»Aye, Mylady«, murmelte der größere unbehaglich.
»Ich wünsche, dass all meine Leute es wissen, und ich möchte ... ich möchte jenen meine Wertschätzung beweisen, die mir nach Kräften zu Diensten sind«, murmelte sie mit leiser Stimme und ließ die Hand über ihre Taille gleiten.
Den Wachen fielen förmlich die Augen aus dem Kopf.
»Aye, Mylady«, stammelte der kleinere und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Senna zog kaum merklich die Brauen hoch. Das war eine besondere Taktik, die sie in Vertragsverhandlung bisher noch nicht angewandt hatte. »Und wann verlasst Ihr Euren Posten?«
»Zur Prim«, krächzte der eine, »zum ersten Stundengebet.«
Sie lächelte erleichtert. »Und später am Abend seid Ihr dann wieder hier?«
Der größere meldete sich zuerst. »Wie Ihr wünscht, Mylady.« Er trat vor. Hungrig und eindringlich ließ er den Blick über sie schweifen.
Ihr Mund wurde trocken. Sie trat zurück und verdrehte sich leicht den Knöchel, als sie stolperte.
»Gut. Dann verstehen wir uns«, murmelte sie. Das Herz wollte ihr schier zerspringen, so heftig hämmerte es in ihrer Brust. Es war ein höchst gefährliches Spiel. Aber welche Waffen standen ihr sonst zur Verfügung? Viel zu wenig, um nicht die zu nutzen, die sie in der Hand hielt.
»Ich überlasse Euch lieber Eurem Posten und erkunde das restliche Gebäude«, erklärte sie, »wie ich es auch mit der übrigen Burg getan habe.«
»Mylady, dies sind die Verliese, in welchen die Gefangenen gehalten werden«, protestierte der größere und trat wieder vor.
Senna drehte sich um und hatte die Stirn in zartes Missfallen gelegt.
»Wollt Ihr mir widersprechen? Mein Herr wünscht, dass ich jeden Zoll dieser Umfriedung kennenlerne, so wie er jeden Zoll von mir kennenzulernen wünscht. Das waren seine Worte, genau so hat er zu mir gesprochen. Ich habe es nicht für weise gehalten, mich ihm in die Quere zu stellen.«
Plötzlich brach sie in Tränen aus. Ihre Schultern zuckten auf und ab.
Beschämt drängten die Soldaten sie an den Tisch, halfen ihr, sich zu setzen und knieten sich neben sie, um sie zu trösten. Nein, natürlich hatten sie nicht die Absicht gehabt, ihr zu widersprechen. Ja, natürlich begriffen sie, wie schwer es war, mit einem Mann wie dem Baron verheiratet zu sein. In der Tat, das begriffen sie. Nein, keinesfalls wollten sie, dass Lord Rardove ihr böse war. Ja, natürlich musste sie jeden Gang abgehen, so wie er es ihr befohlen hatte, und ja, sie musste es allein tun, um ihr Ortsgedächtnis zu prüfen.
Obwohl das letzte Argument ziemlich merkwürdig klang, schienen die Männer nicht willens, sich mit der tränenreichen Lady zu zanken. Nicht mit den köstlichen Versprechungen, die ihnen noch in den Ohren klingelten.
Senna ließ die beiden an ihrem Tisch die Köpfe zusammenstecken, stieß die Tür auf und trat in den Gang, der an den Zellen vorbeiführte.
Kapitel 9
S enna hörte auf zu schluchzen, und ihr Körper nahm eine andere Haltung an: aufmerksam, wachsam und stark. Der Gang war dunkel, die Luft stickig und verbraucht. Sie folgte der
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