Bezwinger meines Herzens - Kennedy, K: Bezwinger meines Herzens - The Irish Warrior
Anweisung der Wachen, sich links zu halten, möglichst weit entfernt von den »Löchern«.
Ihre Schritte knirschten leise. Schmale Lichtstreifen fielen durch die Schlitze hoch oben in den Mauern. In dieser Düsternis bahnte sie sich ihren Weg, spähte durch die Gitter jeder Zelle und flehte innerlich, dass sie denjenigen finden mochte, den sie suchte.
Es stank nach Fäulnis und Urin. Sie bewegte sich durch eine schauerliche Stille, schaute in jedes Verlies, an dem sie vorbeikam; alle waren leer.
Wäre ihr Mund nicht ohnehin schon trocken gewesen, es wäre nichts gewesen gegen den dicken Kloß der Angst, gegen den sie jetzt ankämpfte. Am Abend, als sie in der Halle geschlagen worden war, hatte sie vier gefangene irische Soldaten gesehen. Wo waren die Männer jetzt?
Bitte, lieber Gott, mach, dass er nicht fort ist.
Außer ihrem pochenden Herzen und dem flachen, stoßweisen Atem konnte sie nichts hören. Als sie vorwärtsschlich, sah sie einen Gefangenen, der gekrümmt und schnarchend in seiner Zelle lag. Aber es war nicht ihr Ire. Doch zwischen den Gitterstäben einer Zelle, die sich ein Stück entfernt von den anderen befand, drängte schwarzes Haar hervor. Sennas Herz machte einen Hüpfer. Sie verließ die Mauer und hockte sich vor den Käfig. Die Gestalt krümmte sich seitlich sitzend gegen die Gitterstäbe.
»Sir«, wisperte sie.
Nichts.
»Sir«, wisperte sie noch einmal, diesmal lauter.
Nichts. Sie griff hinein und stupste ihn an der Schulter.
Eine Hand schoss hervor und umschloss ihr Handgelenk. Senna unterdrückte einen Schrei. Der Gefangene in der Zelle hielt ihr schmales Handgelenk mit festem Griff umklammert. Ihr stockte der Atem.
Der Gefangene drehte den Kopf.
»Gott sei’s gedankt, Ihr seid es«, stieß sie aus und spürte die Erleichterung in ihren Adern.
Seine Brauen schossen hoch. »Und wer bin ich?«
»Ihr seid Ihr. Woher soll ich das wissen?«, erwiderte sie bedeutungsschwer und zerrte an ihrem Handgelenk.
Der Ire grinste in die Dunkelheit. »Ich halte hier in meinem Griff ein Weib, das durch die Dunkelheit eines Gefängnisses schwebt, nach Liebreiz und Licht duftet und so tut, als wäre es ein Spaziergang durch einen Garten. Sie stupst mich an, preist Gott, dass ich es bin, obwohl sie nicht weiß, wer das denn sein soll, und ist böse, wenn ich sie danach frage. Da ich keinen Scherz verstehe, jedenfalls nicht, wenn es um wohlriechende Ladys geht, würde ich sagen, dass ich gestorben und in den Himmel aufgestiegen bin und einen Engel anschaue. Obgleich ich nicht recht verstehe, warum das Weib sich hier bei mir in der Hölle befindet. Kann es sein, dass Ihr die Antwort auf meine Gebete seid, süßer Engel?«
Senna war überrascht, welche überstürzenden Gefühle die kurze Rede auslöste, die er mit rauer, aber angenehmer Stimme gehalten hatte. Es lag ein Lächeln und eine Sanftheit in seiner Stimme, aber eine steinerne Kraft in der Hand, die sich immer noch um ihr Gelenk klammerte.
Sie zerrte ein wenig, und er ließ sie los.
»Ich brauche Eure Hilfe.« Sie kam dichter, um ihn besser sehen zu können. Aber mehr als das helle Glitzern in seinen Augen und die weißen Zähne, als er lächelte, konnte sie nicht erkennen.
Er lächelte grimmig. »Es ist, als hättet Ihr meine Gedanken gelesen. Aber so süß Eure Bitte auch klingt, ich kann Euch wenig Beistand gewähren, wie Ihr hoffentlich sehen könnt.«
»Werdet Ihr mir helfen, wenn ich Euch befreie?«
Das Lächeln verschwand, und sein Blick wurde scharf und eindringlich. »Aye«, stieß er langsam aus und beobachtete sie genau. »Und warum solltet Ihr das tun?«
»Ich brauche jemanden, der mich führt, wenn ich die Burg verlasse.«
»Ist das so?«
»Ja, das ist so«, flüsterte sie mit fester Stimme.
»Ich dachte, Ihr seid gerade erst angekommen, um zur Baronin gemacht zu werden.«
Sie lehnte sich noch ein wenig nach vorn. »Sein Wein schmeckt mir nicht.«
»Aye, das habe ich bemerkt.«
»Ich habe nicht die Absicht, Euch zu erschüttern, aber Rardove erzählt Lügen. Ich bin nicht seine Verlobte.«
Er grinste. »Das seid Ihr gewiss nicht.«
»Und ich brauche jemanden, der mich zum Hafen von Dublin führt.«
»Könnt Ihr keinen anderen Iren finden? Oder besser noch einen Sachsen, der geschmeichelt wäre, die Aufgabe zu erfüllen, und es auch viel besser könnte als ich.«
»Vielleicht. Ich suche aber nicht danach.«
»Wirklich nicht?« Er richtete sich auf, um sie anzuschauen. Eine namenlose Aufregung rieselte ihr durch
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