Bezwinger meines Herzens - Kennedy, K: Bezwinger meines Herzens - The Irish Warrior
sie herab. »Nicht so gut wie Ihr.«
Während sie am Bach entlang zurückgingen, teilte Finian Senna in knappen Worten mit, was sie in den kommenden Tagen erwartete. »Wir müssen zwei Flüsse überqueren ...«
»Einen Fluss?« Senna klang zutiefst erschrocken.
»Zwei.«
»Zwei Flüsse?«, wiederholte sie fragend, als wären seine Worte nicht deutlich genug gewesen.
»Und durch eine Stadt und ...«
»Freundlich gesonnen?«
»Feindlich.«
»Feindlich?«
»Und dann meilenweit über offenes Land, bevor wir in Sicherheit sind.«
Schweigend lief sie neben ihm her und schien zu überlegen, worauf sie sich in diesem Moment am meisten konzentrieren sollte. »Ihr meint Dublin«, sagte sie schließlich. »Wir schlagen uns nach Dublin durch.«
Er brummte. Nein, Dublin hatte er nicht gemeint.
Sondern Hutton’s Leap. Das war jetzt am wichtigsten: in das Städtchen Hutton’s Leap zu gelangen, bevor Rardove herausfand, was die Iren im Schilde führten, und sich auf den Weg dorthin machte.
Die Mission war von Anfang an zweigeteilt gewesen. Finians Aufgabe lautete, herauszufinden, wie viel Rardove wusste und zudem den riskanten Versuch zu wagen, ihn abzulenken. Zeitgleich war ein anderer Krieger nach Hutton’s Leap geschickt worden, um das begehrte Buch an sich zu bringen, in dem die Geheimnisse der Wishmés niedergeschrieben standen.
Wie Finian wusste, war dieser Krieger auf Geheiß Rardoves getötet und dessen Kopf in einer Truhe an The O’Fáil gesandt worden.
Doch es war keine Zeit für Trauer oder Wut. Konzentriere dich auf die Mission. Jemand musste das Buch mit den Färberezepturen an sich bringen, bevor es in die falschen Hände fiel. In Rardoves Hände.
Finian war der Einzige, der wusste, dass der zweite Krieger seine Aufgabe nicht hatte erfüllen können. Aus diesem Grunde war nun alles zu seiner Mission geworden.
Von all dem ahnte Senna natürlich nichts; ihr war nicht einmal bewusst, dass sie sich überhaupt auf einer Mission befanden.
»Ist das ... ist das einer der beiden Flüsse?«, fragte sie zögernd.
Sie zeigte auf den kargen Baumbestand, der den Bachlauf von dem reißenden Hauptgewässer trennte, das vielleicht vierzig Schritt entfernt war. Das Fleckchen Erde, auf dem sie sich befanden, wurde zum Fluss hin schmaler und war schließlich nicht mehr als eine Landzunge in dem reißenden Gewässer.
»Aye. Das ist einer.«
»Und wie breit ist der Fl ... was war das?«
Ein leises Heulen schwang durch die Luft, so als ob die Nacht sich selbst heimsuchte. Gleich darauf drang noch ein Heulen durch die Dunkelheit. Es klang klagend und traurig. Mit schreckgeweiteten Augen schaute Senna Finian an.
»Ein Wolf«, erklärte er.
»In England haben wir nicht mehr viele«, wisperte sie.
Wieder heulte es gedämpft. Senna stolperte und wich zurück, bis sie mit dem Rücken gegen seine Brust stieß. Es war eine verwirrend aufwühlende Berührung. Und es überraschte Finian, dass eine so unbewusste Bewegung eine solche Sinnlichkeit wecken konnte. »Sind sie sehr nah?«
»Aye.« Zwar war es schwierig, aus gewisperten Worten Panik herauszuhören, aber Finian war sich ziemlich sicher, dass ihre Stimme verräterisch gezittert hatte. »Seid Ihr bereit weiterzugehen, kleine Lady?«
»Ja, ich glaube schon.«
Sie sprachen nicht viel, als sie auf ihren Spuren zurück zum Ufer des Bhean’s River gingen. Fluss der Frauen. Der Name passte gut, denn der Fluss war wild und atemberaubend in seiner Schönheit und in seinem Grimm. Gefährlich. Mit bösen Strudeln. Tief und von mitreißender Kraft.
Es war Herbst, und der Sommer war trocken gewesen. Während die Bauern voller Klage darüber waren, dankte Finian heute Nacht allen alten wie neuen Göttern, die ihm in den Sinn kamen, von ganzem Herzen für dieses Geschenk. Denn es bedeutete, dass sie den Fluss überqueren konnten, ohne die Brücke an Bhean’s Crossing benutzen zu müssen, die nur eine halbe Meile von Rardoves Burg entfernt war.
Trotzdem war der Bhean immer noch tief genug, um größte Vorsicht walten zu lassen. Tief genug, um darin zu ertrinken. Besonders dann, wenn man sich den Schädel stieß. Falls er auf einem der Felsen ausglitt und stürzte. Oder sie.
Am Ufer blieb Finian stehen. Der Mond schien hell. »Wie gut seid Ihr im Klettern, Senna?«
Sie wusste nicht, was er meinte, bis ihr Blick seinem ausgestreckten Finger folgte. Dann begriff sie auf Anhieb und reagierte panisch. Wie Trittsteine ragten in unregelmäßigen Abständen gezackte Felsen
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