Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
am Berkeley Square. Wann können Sie liefern?«
Der Mann warf einen nervösen Blick nach hinten. »Anfang kommender Woche? Aber durch den Hintereingang, denke ich, Mylord. Nicht durch den Vordereingang.«
» Mon Dieu , warum hast du das getan!«, wollte Camille, wissen, als er ihr zehn Minuten später half, wieder in der Kutsche Platz zu nehmen. »Wirklich, Rothewell, das war nicht nötig.«
In der Tat dachte sie darüber nach, dass sie und ihre Mutter ein ganzes Jahr einigermaßen vernünftig von dem hätten leben können, was der Flügel kostete – von Rothewells Bestechungsgeld ganz abgesehen.
Rothewell ließ sich auf seinem Platz nieder und zog Chin-Chin unter seinem Kokon aus Brokat hervor. »Weiter!«, rief er dem Kutscher zu. Dann, indem er seinen ernsten Blick auf Camille richtete, sagte er: »Wir sind jetzt verheiratet, Camille, und ich wünsche, dass meine Frau nur das Beste hat. Aber der Flügel – nun, der ist für mich.«
»Für Sie, Mylord?« Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn.
Sein Blick glitt langsam über sie. »Damit ich das wunderbare Vergnügen haben kann, dich spielen zu hören«, erklärte er, wobei seine Stimme um eine Oktave sank. »Für eine Ehefrau ist es üblich, dass sie ihren Ehemann … äh … mit ihren vielen Talenten unterhält, oder etwa nicht?«
Camille durchlief ein Schauer der Erregung, gemischt mit Verlegenheit, aber sie weigerte sich, die Augen niederzuschlagen. »Und tue ich das, Mylord?«, wisperte sie. »Unterhalte ich Sie bis jetzt zufriedenstellend?«
Einen langer schweigender Moment verging. »Oh, ich denke, du kennst die Antwort auf diese Frage, meine Liebe«, entgegnete er schließlich. »Ich denke, du kennst sie sogar sehr genau.«
Seltsam froh lehnte sich Camille entspannt zurück und sagte nichts mehr.
Bei ihrer Ankunft am Berkeley Square führte Rothewell sie ins Haus, wobei der Hund ihm auf dem Fuße folgte, und zog sich dann zurück. Camille ging hinauf, um den Brief ihres Großvaters herauszusuchen, und dann in Rothewells Schlafzimmer. Sie ließ die Schultern vor Enttäuschung hängen, als sie das Zimmer leer vorfand.
Sie hatte gehofft, er könnte dort sein; dass sie die Hand nach ihm ausstrecken und wieder diese emotionale Vertrautheit spüren könnte, die sie für eine kurze Zeit in der Kutsche miteinander geteilt hatten. Es war ein schwindelig machendes, fast gefährlich verführerisches Gefühl: Dieser Wunsch, seine Last bei jemandem abzuladen, dem es nicht gleichgültig war, wie es einem ging. Diese Sehnsucht, für einen anderen Menschen da zu sein, der einem seinen Kummer anvertraute – den er bis jetzt vielleicht für sich behalten hatte, so wie es bei Rothewell der Fall war.
Sie blieb in Rothewells Schlafzimmer und atmete seinen betörenden Duft ein, der kühl und diffus die Stille des Raumes erfüllte. Und sie schaute auf die kahlen Wände. So viele ihrer ersten Eindrücke in diesem Haus begannen, Sinn zu machen. Das Fehlen von jeglichem Persönlichen, wie etwa ein Porträt oder ein Schmuckgegenstand. Die emotionale Sterilität der Ausstattung. Würde sie die Schubladen der Kommode ihres Mannes öffnen oder in seinem Schreibtisch etwas suchen, würde sie nichts finden, das fühlte Camille. Nichts als sorgsam gefaltete Kleidungsstücke und unbenutztes Briefpapier. Sie waren drei Kinder gewesen, die nichts von gefühlsmäßigem Wert besessen hatten. Nichts, an das sie sich hätten erinnern wollen.
Und an diesen kalten, abweisenden Ort hatte er sie gebracht – eine kalte und abweisende Ehefrau; eine, von der er manchmal zu wünschen schien, sie noch kälter und abweisender zu machen. Warum? Warum hatte er sie geheiratet? Wünschte er sich nicht Wärme und Liebe? Vielleicht waren sie verwandte Seelen, sie und ihr Mann, beide voller Furcht davor, irgendjemanden oder irgendetwas zu wollen. Voller Furcht, auf etwas zu hoffen. Zu lieben. Aber seine Stimme in der Kutsche – sie hatte weder kalt noch abweisend geklungen. Und zum ersten Mal außerhalb des Schlafzimmers hatte er sie sowohl voller Zärtlichkeit als auch mit heftigem Verlangen angesehen, und seine suggestiven Worte schienen wie geschmolzener Honig über ihre Haut zu fließen.
Camille lehnte die Stirn an das glatte, kühle Holz des Bettpfostens und schloss für einen Moment die Augen. Sie war dabei zu fallen. Schnell und hart zu fallen. Und plötzlich begriff sie, dass sie als Ehefrau nicht versagen wollte. Sie wollte diese Kälte abschütteln, vielleicht sogar auf Kosten
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