Bezwungen von einem Highlander
Jahr hier leben? Sie vermisste den kühlen Wind, der über die Hügel strich, und ihre schweren Wolldecken, die sie in kalten Nächten warm hielten. Als Mairi nach England gekommen war, hatte sie gedacht, die Seidenfächer, mit denen die Damen sich vor dem Gesicht herumwedelten, wären eine neckische Spielerei, um sich den Anschein von Schüchternheit zu geben. Aber jetzt fächelte auch sie sich beständig Luft zu. Das änderte jedoch nichts daran, dass sie den ganzen Tag damit verbracht hatte, gegen ihre Gedanken anzukämpfen. Sie war erschöpft – und das hatte sie Connor Grant zu verdanken. Wie hatte er es wagen können, sie zu küssen? Und das nicht nur ein, sondern zwei Mal … und zudem auf eine Weise, als gehörte sie ihm. Sie hätte ihn entschlossener zurückstoßen müssen, als es zum ersten Mal geschehen war. Doch wie konnte sie kämpfen, wenn das hungrige Funkeln in seinen Augen sie mit seinem Feuer verschlang? Gott mochte ihr gnädig sein, aber ihn zu küssen war wie … es war, wie am ersten Tag des Frühlings in Camlochlin aufzuwachen, wenn die Farbenpracht auf den nebelverhangenen Mooren explodierte und der Duft der wilden Heide die kühle, frische Luft erfüllte. Es weckte ihre Sinne auf eine Weise, die sich anfühlte, als hätte sie bis zu dem Moment geschlafen, in dem seine Lippen ihre berührten. Ach, wie sehr sie ihn bewundert hatte, ihm gefolgt war von dem Tag an, an dem sie ihre ersten Schritte gemacht hatte! Sie hatte gedacht, sie würde nie wieder glücklich sein, nachdem er fortgegangen war, aber sie hatte ihre Kraft wiedergefunden, hatte ihre Leidenschaft neu belebt, wenn auch dieses Mal nicht für einen Mann, sondern für eine Sache, für die sie mit der Waffe kämpfte.
Und jetzt war er wieder da und weckte ihre alten Träume und vergessenen Wünsche. Es erschreckte Mairi, wie rasch sie sich ihm ergeben hatte, wie bereit und willig sie gewesen war, sich ihm erneut hinzugeben. Während der Audienz bei der Königin war es ihr gelungen, sich zu beherrschen. Ein Meisterstück, das ein Lob verdiente, weil Connor im Zimmer gewesen war und seine Nähe ihre Nerven zum Vibrieren gebracht hatte.
Sie würde es ihm niemals eingestehen, aber sie war froh, dass er auch dort gewesen war. Nicht weil sie Angst davor gehabt hätte, der Königin gegenüberzusitzen, sondern weil sie sich ein wenig beklommen gefühlt hatte, im Namen ihres Clans zu sprechen. Connor hatte ihr beigestanden, genau so, wie er es so viele Male getan hatte, als sie Kinder gewesen waren und sie wegen irgendeines Ärgers, den sie mit ihm und Tristan verursacht hatte, vor ihren Vater hatte treten müssen.
Connor mochte Schottland verraten haben, doch ihre Leute würde er niemals verraten. Es war dumm von ihr gewesen, etwas anderes zu denken. Außerdem hatte er bereits gewusst, dass die Tochter des Königs nach Camlochlin gebracht worden war. Er war es, der ihrem Vater diese Kunde überbracht hatte. Und doch hätte sie es vorgezogen, er hätte während ihres Gesprächs mit der Königin vor der Tür gewartet.
Die Schlacht war wieder aufgelebt, als er Königin Mary von der Stieftochter erzählt hatte, der sie nie begegnet war. Sein Lächeln, so träge wie eine Sommerbrise, hatte Mairis Blut erregt und ihr Herz schneller schlagen lassen. Sein Profil, das sich so klar gegen das Kaminfeuer abgehoben hatte, war so betörend gewesen wie alles an ihm. Mit seiner geraden Nase und dem kantigen Kinn ähnelte er einem in Stein gemeißelten griechischen Gott – er war die Männlichkeit in Person. Wenn sie ihn ansah, fühlte sie sich zart und sehr weiblich. Nachdem Mary of Modena alle ihre Fragen gestellt hatte, war Mairi an dem Punkt gewesen, aufzuspringen und aus dem Zimmer zu laufen.
»Miss MacGregor?«
»Aye?« Sie wandte sich ihrem Begleiter zu. Warum konnte sie sich nicht in einen so freundlichen Mann wie Henry verlieben?
»Ihr habt mich nach dem Earl of Essex gefragt, aber ich glaube nicht, dass Ihr ein Wort von dem gehört habt, das ich gesagt habe. Fühlt Ihr Euch unwohl?«
»Vielleicht sollten wir hineingehen«, schlug Mairi vor, als sie wieder Connors Bild vor sich sah, wie er vor ihr stand und seine Lippen befeuchtete, ehe er sie geküsst und ihr den Krieg erklärt hatte.
»Ich fürchte«, Lord Oxford blieb stehen, um sich vor einem älteren Paar zu verbeugen, das auf dem Rasen an ihnen vorbeiging, »drinnen wird es noch stickiger sein, liebe Lady.«
»Aber die Sonne …«
»Schaut!« Er wies zu seinem Vater und der jungen Dame
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