Bianca Arztroman Band 0031
“Ja, ich verstehe. Und was passiert jetzt?”
Sarah lächelte, als sie Karen ansah. “Nun lassen wir die Mutter den Job erledigen! Jetzt müssen Sie daran denken, was Sie in der Geburtsvorbereitung gelernt haben, Karen. Warten Sie mit dem Pressen, bis eine Wehe kommt. Auf diese Weise vergeuden Sie Ihre Kraft nicht.”
Karen nickte erschöpft. Sie sah zu ihrem Ehemann hinüber und brachte ein Lächeln hervor. “Es dauert nicht mehr lange, David.”
“Du machst es wunderbar. Ich kann es gar nicht fassen …” David zuckte zusammen, als Karen seine Hand drückte, weil erneut eine Wehe einsetzte.
Sarah half dem Baby auf dem letzten Stück seiner Reise und erklärte Helen alle Handgriffe. “Schau, der Kopf des Babys hat sich wieder gedreht. Jetzt ist er auf einer Linie mit der Schulter. Ich werde jetzt den Kopf etwas auf die Seite drehen, damit die vordere Schulter zuerst kommt … Ah, jetzt kommt das Baby.”
Sie hielt den kleinen, schlüpfrigen Körper in beiden Händen und lachte, als das Neugeborene sofort schrie und etwas verärgert seine neue Welt betrachtete. “Keine voreiligen Schlüsse, mein Kleines. Keine Angst, von nun an wird alles besser.”
Sie legte das Baby vorsichtig auf den Bauch der Mutter und musste lächeln, als sie die Freude in den Gesichtern der frisch gebackenen Eltern sah. “Sie haben eine Tochter. Ich gratuliere Ihnen beiden.”
“Eine Tochter? Aber … Aber ich dachte, es wäre ein Junge!” Der Vater schluckte, als er voller Scheu das menschliche Bündel anschaute, das sein ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.
Karen lachte, als sie zärtlich den feuchten Kopf der Kleinen streichelte. “Ich habe dir doch gesagt, dass es voreilig von dir war, die Fußballschuhe zu kaufen!”
Alle lachten. Dann machte sich Sarah daran, die Nachgeburt zu entfernen. Als sie damit fertig war, nahm sie Helen zur Seite, damit die Eltern diesen zauberhaften Augenblick alleine mit ihrem Kind verbringen konnten.
“Wir lassen der Familie ein bisschen Zeit, bevor wir mit den Untersuchungen anfangen. Das Kind muss gemessen und gewogen werden, der Knochenbau muss untersucht werden und der Zustand des Kindes natürlich auch. Eigentlich wird es gleich nach der Geburt gemacht, aber wenn die Geburt so unkompliziert wie diese verläuft, dann lasse ich das Kind einen Augenblick bei den Eltern, bevor ich es ihnen wegnehme. Die Untersuchungen sind natürlich sehr wichtig, aber viele Mütter reagieren sehr beunruhigt, wenn wir das Baby nehmen, noch bevor sie einen Blick darauf werfen konnten.”
Sie drehte sich um, als die Tür plötzlich hinter ihr aufging, und war sehr überrascht, Dr. Gillespie im Kreißsaal zu sehen. Er hatte seine Arbeitskleidung an und trug ein Stethoskop um den Hals. Er nickte einmal kurz zu den Eltern, dann kam er auf sie zu.
“Alles in Ordnung hier, Schwester Harris?”
“Aber ja.” Sarah versuchte, seinen Tonfall zu imitieren. Es war aber nicht leicht, so viel Kälte in ihre Stimme zu packen. Sie war ungewohnt gereizt, als sie Helen dem neuen Stationsarzt vorstellte. Dann erklärte sie der Auszubildenden, wie sie die Identifikationsbändchen anbringen sollte, die alle Säuglinge bekamen, bevor sie den Kreißsaal verließen.
Dr. Gillespie wartete, bis Sarah die Einweisungen beendet hatte. Sein Gesichtsausdruck war so nichtssagend, wie sie es schon von ihm kannte. Sie hatte das Gefühl, dass er jedes Wort von ihr auf die Goldwaage legte, aber sie fuhr unbeirrt fort.
Als sie sicher war, dass Helen verstanden hatte, wie wichtig die Bändchen waren, wandte sie sich wieder an den Arzt. “Machen Sie sich gerade mit der Station vertraut?”, fragte sie höflich nach.
“Ach, ich habe schon eine vage Vorstellung, wo sich was befindet, danke schön, Schwester.” Er lächelte sie kurz an und schaute dann zu den Eltern, die außer ihrem Kind nichts mehr wahrnahmen. “Sind die notwendigen Untersuchungen schon durchgeführt worden?”
Die Frage war überflüssig, denn man konnte genau sehen, dass noch nichts gemacht worden war. Sarah fühlte sich sofort in der Defensive, obwohl sie keinen Grund dazu sah, denn sie hatte nichts falsch gemacht. “Noch nicht. Ich lasse den Eltern gerne etwas Zeit mit ihrem Kind, bevor ich es ihnen wegnehme.”
“Und ist das die übliche Vorgehensweise?”
Sein Ton war so unpersönlich wie immer, sodass es keine Rechtfertigung gab für den Ärger, den sie plötzlich spürte. Sie sah ihm geradeheraus in die Augen und erschauerte, als sie dieses
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