BIANCA EXKLUSIV Band 0173
einem anderen Elefanten über den Weg. Einem verzweifelten Elefanten.
„Sie finden mich attraktiv?“
„Ja“, bestätigte er heftig und senkte dann hastig die Stimme. „Auf ziemlich beunruhigende Art. Und wenn Sie endlich ausgetrunken haben …“ Entschlossen nahm er ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf den Tisch. „Es wird höchste Zeit, dass Sie mir zeigen, wo Ihr Wagen liegen geblieben ist.“
Sin-Jin fasste Sherry am Arm, um ihr aufzuhelfen, und er wunderte sich, wie sehr sie sich ihm widersetzte.
Eine Viertelsekunde, bevor er ihr das Wasserglas abgenommen hatte, hatte sie etwas Schreckliches gespürt. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Ich glaube, das geht nicht.“
„Und warum nicht?“
Obwohl die Hütte ziemlich geräumig war, hatte sie den Eindruck, dass die Wände auf sie einstürzten. Vor allem wollte der grauenhafte Schmerz in der Mitte ihres Körpers nicht nachlassen. „Weil ich glaube, dass meine Fruchtblase gerade eben geplatzt ist.“
Einen Moment lang war er sehr enttäuscht. Sie ist Journalistin, dachte er, kann sie sich nicht mal was Besseres ausdenken? „Ms. Campbell, ich bin nicht von vorgestern.“
Selbst das Atmen fiel ihr schwer. „Ich … glaube nicht … dass es … darum geht … wann Sie geboren … worden sind … mein Baby … will heute … auf die Welt … kommen.“
Beinahe hatte sie ihn überzeugen können, dass wirklich etwas nicht stimmte. Aber so leicht wollte er sich nicht aufs Kreuz legen lassen. Mit eisiger Miene schaute er sie an. „Das passt ja.“
„Nicht … wirklich.“ Es würde ihr wesentlich besser passen, wenn jemand anders ihr Baby auf die Welt gebracht hätte.
Ihre stockende Redeweise ließ ihn aufhorchen. Langsam zweifelte er daran, dass sie nur Theater spielte. „Sie meinen es wirklich ernst.“
Sie atmete tief durch und versuchte angestrengt, sich daran zu erinnern, was Lori ihr beigebracht hatte. Acht Wochen Geburtsvorbereitung schienen mit einem Schlag wie weggeblasen. „Ja.“
„Ausgerechnet zu Ihrem Geburtstermin machen Sie sich auf den Weg zu mir in die Berge?“
„Nein … einen Monat … früher.“
Okay, dachte er erleichtert, dann müssen wir uns ja keine Sorgen machen. Er griff wieder nach ihrer Hand und wollte ihr helfen aufzustehen. „Dann können wir ja …“
Sie zuckte zusammen und fiel zurück in den Sessel. Mehr als fünf Zentimeter hatte sie sich nicht aus dem Sessel erheben können. Außerdem war sie sicher, eine Wehe gespürt zu haben. Eine heftige. „Offenbar … gibt … es … da … keine Garantien.“
Weil er ihr nicht auf die Beine helfen konnte, ließ Sin-Jin sich neben dem Sessel nieder. Vielleicht hat sie doch recht, dachte er einen Moment lang. Kein Mensch kann seine Gesichtsfarbe willentlich verändern. Noch nicht mal die besten Schauspieler. Und sie war tatsächlich sehr blass.
„Was genau fühlen Sie jetzt?“, wollte er wissen.
Ihr fehlten die Worte. „Dinge … die … ich jetzt lieber … nicht … fühlen möchte.“ An ihrem Blick konnte er sehen, dass sie langsam panisch wurde. Offenbar hatte sie nicht begriffen, dass er ihr immer noch nicht ganz traute. Sherry presste die Lippen aufeinander und gab ihr Bestes, um ihm ihre Lage zu verdeutlichen. „Ich fühle mich … wie eine Zahnpasta… tube … aus der … der letzte Rest … rausgequetscht wird.“
Er lachte kurz auf. „Wenn Sie so schreiben, wie Sie reden, dann sollten Sie den Beruf wechseln.“
Noch während er sprach, drückte sie seine Hand so fest, dass es schmerzte. Langsam fragte er sich wirklich, ob er sie nicht zu Unrecht verdächtigte. Verfrühte Wehen waren ja nichts Unbekanntes.
Da war schon die nächste Wehe. „Ich werde bei … Gelegenheit … drüber … nachdenken … gibt’s hier … in der Nähe … einen Arzt?“
„Zwanzig Meilen von hier entfernt gibt es eine Klinik.“
Ihr Griff um seine Hand wurde stärker. Warum linderte das nicht den Schmerz? „Nein … in der Nähe … habe ich … gesagt.“
Er empfand Mitleid. Wie immer, wenn er sah, dass ein Mensch Schmerzen hatte. „Sie werden panisch.“
Sie versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. „Was erwarten … Sie?“
Sin-Jin begriff durchaus, was sie gerade durchmachte. „Wenn es wirklich die Wehen sind, dann liegt noch ein langer Weg vor Ihnen, bevor das Kind auf der Welt ist.“
Was versteht er davon, dachte sie unwillkürlich. Es fühlte sich an, als ob das Baby sich seinen Weg ins Leben mit Klauen und Zähnen zu
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