BIANCA EXKLUSIV Band 0180
Bad nehmen, und als er sie auf einmal in der Wanne sitzen sah, blieb er wie angewurzelt stehen.
Im Licht der Kerosinlampe, die auf dem Tisch stand, glänzte Mariels Haut wie schimmernde Seide. Ihr Haar war vom Wasser dunkel und glatt, dadurch wirkten ihre Augen noch größer als sonst. Sie war so schön, dass ihm der Atem stockte.
Irgendwie schien die Wirklichkeit sich auf einmal in Luft aufzulösen. Es gab keine Burg mehr, kein Baby, und er wusste genau, was er jetzt tun würde. Nur noch sie beide existierten auf dieser Welt, und er würde nun tun, was jeder Mann unter diesen Umständen tun würde: Er würde Mariel zu seiner Frau machen, für immer und ewig.
In seiner Fantasie trafen sich ihre Blicke, und sie lächelte ihn an. Er stellte sich vor, wie sie ihm die Hand entgegenhielt und ihr die Wassertropfen wie kleine Diamanten die Haut herunterrieselten. Dann lag sie in seinen Armen, und ihre erregten Brustspitzen pressten gegen seine nackte Haut. Natürlich hatte er sich inzwischen auf magische Weise seiner Kleidung entledigt. Mariel stöhnte laut auf, als er ihr die Hände um die Hüften legte …
Nur allzu schnell wurde Jack aus seinen Träumereien gerissen. Als Mariel nach der Seife greifen wollte, die auf dem Stuhl neben der Wanne lag, sah sie ihn im Türrahmen stehen und schrie laut auf.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sich Jack, und all seine schönen Träume zerplatzten wie Seifenblasen. Er zog sich zurück und kam sich dabei wie ein Idiot vor. Sie musste ja denken, dass er nicht besser als irgendein hergelaufener Voyeur war, und damit hätte sie wahrscheinlich gar nicht mal so unrecht. Er war so wütend auf sich selbst, dass er mit voller Wucht mit der Faust auf den Tisch schlug, an dem er gerade vorbeikam. Der Schlag war so kraftvoll und laut, dass Jessica aufwachte und erschrocken zu schreien begann.
„Es ist alles in Ordnung“, murmelte Jack und lief zu der Kleinen, um sie in seine Arme zu nehmen. Ehrlich gesagt war er ganz froh über diese Unterbrechung. Wenigstens war er auf diese Weise beschäftigt und hatte keine Gelegenheit mehr dazu, sich über sein Verhalten zu ärgern.
Mariel kam, in ein Badetuch gewickelt, aus der Küche gerannt.
„Was ist mit Jessica los? Geht es ihr gut?“, rief sie und lief auf die beiden zu.
„Sie hat sich erschrocken“, erklärte Jack und versuchte es zu vermeiden, Mariel dabei anzusehen. Sie hatte sich nicht abgetrocknet und zitterte vor Kälte. Leider ließ ihre Gänsehaut sie keineswegs unattraktiver wirken.
„Es ist an der Zeit, die Windeln zu wechseln“, stellte er mit gespielter Fröhlichkeit fest und griff zu dem Stapel Tüchern.
Mariel klapperte mit den Zähnen. „Woher kam dieser fürchterliche Lärm?“, fragte sie.
„Ich habe mit der Faust auf den Tisch geschlagen“, erwiderte Jack ruhig.
„Warum?“
„Ich war wütend“, erklärte er.
„Auf mich?“
„Nein“, erwiderte er und legte das Tuch gekonnt zusammen. Er war mittlerweile zum Experten im Windelwechseln geworden, aber Mariel schien das nicht zu bemerken.
„Auf das Baby?“
„Auf mich selbst“, antwortete er einsilbig. „Findest du nicht, dass du dir besser etwas anziehen solltest?“
Aus ihren Augen schossen ihm wütende Blitze entgegen. Dann drehte sie sich würdevoll um, schritt hocherhobenen Hauptes in die Küche zurück und schloss die Tür hinter sich.
„Schon gut, schon gut“, sagte er zärtlich zu Jessica und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. „Frohe Weihnachten, Jessica. Frohe Weihnachten, mein Baby.“
Nachdem Mariel aus der Küche zurückgekommen war, um ihr Haar am Feuer zu trocknen, verschwand Jack, um ebenfalls ein Bad zu nehmen.
Mariel wusste, dass er nicht absichtlich in die Küche gekommen war, als sie badete, und fragte sich nun, warum sie bei seinem Anblick geschrien hatte. Er hatte sie wohl einfach völlig aus der Fassung gebracht.
Sie würde versuchen, ihn zu beruhigen, sie würde ihm zu erkennen geben, dass sie ihm nichts nachtrug. Ganz im Gegenteil. Sie fühlte sich auf eine fast magische Weise zu ihm hingezogen. Zwischen ihnen herrschte eine so starke Anziehungskraft, dass sie Mühe hatte, ihm zu widerstehen, obwohl sie genau wusste, dass es völlig unangebracht war, so zu empfinden. Sie beide hatten einfach rein gar nichts gemein, außer dem Baby und dem Wunsch zu überleben. Hätten sie sich an einer Bushaltestelle in Pittsburgh getroffen, hätten sie nie mehr als nur einen flüchtigen Blick ausgetauscht.
Pittsburgh.
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