BIANCA EXKLUSIV Band 0187
ruhig ein, obwohl sie bei dem Gedanken, ihre Mutter endlich kennenzulernen, ganz nervös wurde.
„Das habe ich schon mit deinem Chef geregelt.“
„Mit Joe?“
Slade lächelte. „Mit seiner Frau. Sie hat dir den restlichen Nachmittag freigegeben. Morgen brauchst du sowieso nicht zu arbeiten, wie sie erzählt hat. Ich bringe dich rechtzeitig wieder zurück“, versprach er ihr.
Alli kämpfte mit sich, ob sie nachgeben sollte oder nicht. „Okay, ich ziehe mich um“, erklärte sie dann.
„Nimm genug mit, auch etwas zum Wechseln.“
„Wie bitte? Wozu sollte ich das denn brauchen?“ Sie sah ihn erstaunt an.
„Wer weiß. Es ist besser, auf alles vorbereitet zu sein.“
Zwanzig Minuten später kam sie mit einer Reisetasche zurück. Slade war nicht mehr im Empfangsbereich. Doch aus der Küche drangen Stimmen, und es wurde gelacht. Alli ging hinein und entdeckte Slade. Er trank einen Kaffee und unterhielt sich angeregt mit Tui, die einen Brotteig knetete.
Slade schien sich ausgesprochen wohl zu fühlen, und Tui genoss offenbar seine Gesellschaft. „Geben Sie mir Ihre Adresse und Telefonnummer, falls ich Alli anrufen muss“, forderte sie ihn auf.
Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und schrieb etwas darauf. „Ich habe Ihnen auch noch meine E-Mail-Adresse aufgeschrieben.“ Er legte die Karte auf den Tisch.
Entsetzt sah Tui ihn an. „Einen Computer rühre ich nicht an. Alli hat schon einige Male versucht, mir zu zeigen, wie man ihn bedient. Aber es kommt mir vor wie Zauberei. Und davor habe ich mich schon immer etwas gefürchtet.“
Alli küsste die ältere Frau zum Abschied auf die Wange und folgte Slade. Auf dem Beifahrersitz des großen Wagens machte sie es sich bequem und betrachtete unterwegs die herrliche Landschaft um sie her. Sie brauchte nur den Kopf etwas zur Seite zu drehen, dann konnte sie Slades Hände auf dem Lenkrad sehen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund bekam sie beim Anblick seiner langen, schlanken Finger Herzklopfen. Deshalb schaute sie lieber zum Fenster hinaus.
So als spürte er ihre Befangenheit, fing Slade an, über neutrale Themen zu reden, zuerst über die Rettung der Segler aus Seenot, an der Alli beteiligt gewesen war, dann über Literatur. Er hatte vernünftige und feste Ansichten, die sie teilte oder gelten lassen konnte. Ihr wurde bewusst, dass er einer der wenigen Menschen war, die es nicht persönlich nahmen, wenn man eine andere Meinung vertrat. Schließlich debattierten sie lebhaft über einen Film, der Alli gut gefallen hatte.
„Er ist schlecht, was die schauspielerische Leistung und die Handlung angeht“, erklärte Slade. „Und vom moralischen Standpunkt aus betrachtet, ist er auch nicht gut.“
„Vom moralischen Standpunkt aus betrachtet?“, wiederholte sie verständnislos.
Er zuckte die Schultern. „Ja, wenn man die normalen moralischen Werte zu Grunde legt.“
Überrascht blickte sie ihn an. Er hat ein markantes Profil, dachte sie. Wieder einmal fiel ihr auf, wie viel Macht und Autorität er ausstrahlte. Ihr kribbelte die Haut. Zwei Jahre waren vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Doch sie hatte das Gefühl, noch empfänglicher geworden zu sein für seine faszinierende Ausstrahlung.
Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“, fragte er höflich, ehe er sich wieder auf den Verkehr konzentrierte.
Alli redete weiter, doch sie war ziemlich angespannt. Sie wollte ihn nicht mögen, und sie wollte nicht spüren, dass er ihr Respekt entgegenbrachte. Das alles war viel zu gefährlich, es brachte sie aus dem seelischen Gleichgewicht.
Als sie sich Auckland näherten und der Verkehr stark zunahm, stockte die Unterhaltung. Alli kannte den Weg zum Flughafen und einige Sehenswürdigkeiten. Doch nachdem sie die Autobahn verlassen hatten, verlor sie die Orientierung.
Marian Hawkings wohnte in einem der teuersten und exklusivsten Vororte Aucklands. Slade stellte den Wagen auf dem Besucherparkplatz vor dem modernen Apartmenthaus ab. „Sie erwartet uns“, verkündete er.
Plötzlich verkrampfte sich Alli vor Angst der Magen. Ihr wurde der Mund trocken, während sie an den Kameliensträuchern und einem Ahornbaum vorbei zum Eingang gingen. Slade betätigte die Klingel, und als sich jemand über die Sprechanlage meldete, antwortete er: „Ich bin’s, Slade, mit einem Gast.“
„Kommt herauf.“ Die weibliche Stimme klang sehr jung.
Er drückte die Tür auf. „Marians Patentochter ist momentan bei
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