BIANCA EXKLUSIV Band 0187
Menschenverstand. Durch die Erfahrung mit Juliet Templeton war Deston vorsichtig geworden. In so eine Falle wollte er nie wieder tappen. „Ich habe nur ein Glas Wein mit meinen Freunden getrunken“, hatte sie behauptet – und dabei vergessen zu erwähnen, dass sie auch noch mit jemandem geschlafen hatte. Oder aber sie versuchte es auf eine andere Tour: „Deston, ich möchte eine Frau sein, auf die du stolz bist. Ich verspreche dir: keine Partys und keine wilden Nächte mehr.“ Und er hatte ihr jedes Wort geglaubt, bis er seine Geduld verloren, sie aufgeregt und in den frühen Tod getrieben hatte.
„Sunny, ich will ehrlich sein“, sagte Deston nun. „Ich kann ein treuer Ehemann sein und einem Sohn oder einer Tochter alles geben, was sie benötigen. Aber ich werde immer ein Geschäftsmann sein, der lange im Büro bleibt, manchmal sogar über Nacht. Ich kann euch beiden meinen Namen geben, aber mehr kann ich nicht versprechen.“
Sie zog die Hand weg und ging zur Badewanne. „Das Wasser wird kalt.“
„Verstehst du, was ich dir sagen will?“
„Natürlich.“ Gefasst schaute Sunny ihn an. „Es sollte sowieso nur eine Nacht daraus werden. Ehrlich gesagt, erwarte ich gar keinen Heiratsantrag von dir.“ „Ich würde dich heiraten, damit unser Kind nicht unehelich aufwächst.“
Sie lächelte ihn an, aber das verwirrte ihn noch mehr.
„Vielleicht brauchen wir uns ja gar keine Sorgen zu machen“, meinte sie schließlich. „Lass uns erst darüber reden, wenn wir Gewissheit haben.“
Völlig gelassen ließ sie mehr warmes Wasser in die Wanne laufen.
Wie konnte sie nur so beherrscht sein? Oder verbarg sie ihre Unruhe nur?
Was würde seine Familie davon halten, wenn er Sunny heiratete? Würden sie sich über ihren Kleidungsstil aufregen? Würden sie sie noch nicht als gleichwertig anerkennen, wenn die Rhodes’ erst das Stanhope-Unternehmen übernommen hatten?
Vor Jahren hatte Deston gewollt, dass Juliet sich veränderte, damit sie in sein Leben passte. Sie sollte nicht mehr so wild lachen und ihre unbändige Mähne glatt frisieren. Inzwischen hatte er erkannt, dass seine Forderungen arrogant waren.
Nun kam ihm ein neuer Gedanke: Bekam er jetzt vielleicht die Chance, seine Haltung gegenüber Juliet wiedergutzumachen, wenn er Sunny so akzeptierte, wie sie war?
Da Deston von den unehrenhaften Praktiken seines Vaters erfahren hatte, bedeutete ihm die Ahnengalerie im Raucherzimmer immer weniger. Es war ihm nicht mehr so wichtig, als ein Rhodes erfolgreich zu sein, und der alte Herr hatte keine Vorbildfunktion mehr für ihn. Vor vielen Jahren war das noch so gewesen. Obwohl sie häufig stritten, hatten Respekt und eine gewisse Zuneigung die Basis für ihre Beziehung gebildet. Aber jetzt wollte Deston nicht nach Hause gehen und den Tatsachen ins Auge blicken: Er wollte nichts mit einem Vater zu tun haben, der Betrug und Schmiergelder zu seinen Geschäftspraktiken zählte.
Als Sunny den Wasserhahn zudrehte, kam Deston wieder in die Gegenwart zurück. Im Moment hatten sie noch keine konkreten Probleme … warum sollten sie also die Zeit nicht nutzen? Die Zeit, bevor sie Gewissheit hatten …
„Du hast recht“, sagte er und ging auf die Tür zu. „Wir sollten uns ein bisschen vergnügen.“
„Gut.“ Sunny lachte.
„Hier können wir uns neu erfinden und unsere Probleme für einige Tage vergessen.“
„So war es vorgesehen.“
„Ich erledige jetzt erst mal einige Anrufe. Das Kleid und den Schmuck lasse ich in deinem Zimmer. Später können wir entscheiden, wohin wir heute Abend gehen.“
„Deston …“
Sanft schloss er die Tür, weil er wusste, dass er sich schlecht fühlen würde, wenn sie seine Geschenke nicht annähme. Er wollte über einige Dinge nachdenken, dann duschen und es sich mit Sunny gemütlich machen.
Emmy betrachtete sich in dem großen Spiegel im Schlafzimmer. Das lange Seidenkleid und die Kette samt passenden Ohrringen aus Rubinen und Diamanten ließen sie wie eine andere Frau erscheinen.
In dem erlesenen Ambiente kam Emmy sich wie eine von ihnen vor. Eines der reichen Kinder, die über den Rasen der Oakvale Ranch getobt waren, während Carlota, Felicia und sie heimlich zugesehen hatten.
Ponyreiten, Rüschenkleider, Croquet, Limonade und Kuchen auf der Veranda.
Nein, das war sie nicht. Es waren nur Wünsche, die sich in einem Spiegel zeigten.
Du hättest es ihm sagen sollen, Emmylou, dachte sie. Als er dich im Badezimmer angeschaut hat, hat er vielleicht mehr als nur Lust
Weitere Kostenlose Bücher