BIANCA EXKLUSIV Band 0193
weigerte sich, das zu glauben, was er eben gesehen hatte. Er wollte es nicht glauben. Die Polizei hatte den Bankräuber immer noch nicht gefasst, und allein der Gedanke, dass Annie – Annie, die glaubte, den Bankräuber zu kennen – in solch einem auffälligen Wagen laut hupend durch die Stadt fuhr, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Logan sah seinen Bruder erstaunt an. „Doch, es war Annie.“
„Sie kann doch unmöglich mit solch einem Wagen durch die Gegend fahren“, brummte Griffin.
Logan runzelte die Stirn. „Was ist los? Hast du dich selbst zu ihrem Vormund oder Aufpasser ernannt? Sie kann doch fahren, was sie will.“
Vormund? Passte er wirklich so auf Annie auf? Wenn Griffin ganz ehrlich war, konnte er es nicht leugnen. Annie lebte gefährlich, solange der Fall nicht aufgeklärt war. Jeder vernünftige Mann würde sich da zu ihrem Beschützer berufen fühlen.
„Jemand muss sich ja um sie kümmern“, erklärte er Logan. Dann lief er die Treppe zur Garage hinunter und wartete nicht darauf, dass sein Bruder mit ihm Schritt hielt. Er wollte jetzt auf keinen Fall das Lächeln auf dem Gesicht seines Bruders sehen. Und dass er lächelte und so ein verflixt wissender Ausdruck in seinen Augen lag, war so sicher wie die Tatsache, dass Bananen krumm waren.
5. KAPITEL
Annie saß mit einem dicken, flauschigen Bademantel bekleidet in einem der Aufenthaltsräume des Strawberry-Bay-Wellness-Centers. Sie hatte bereits eine Gesichtsbehandlung und eine Maniküre hinter sich und hielt jetzt eine Hand mit den pinklackierten Nägeln über einen kleinen Haufen von silbernen Haarnadeln.
Sie kaute nachdenklich an der Unterlippe und schaute erneut auf die fünf Karten, die verdeckt vor ihr lagen. Schließlich traf sie eine Entscheidung und nahm drei Nadeln heraus. „Ich will eure Karten sehen und erhöhe um eine.“ Lässig ließ sie ihre Nadeln auf den Haufen in der Mitte des Tisches fallen.
Ihre neuen Bekannten, Besucherinnen des Wellness-Centers wie sie, Esther, Gladys, Dorothy und Marian überprüften erneut ihre Karten. Marian schob ihre zusammen. Esther und Dorothy ebenfalls. Nur Gladys warf silberne Nadeln auf den Haufen. „Zeig mir deine Karten.“
Die ältere Frau hatte vier Asse und eine Königin, die die Karten, mit denen Annie lediglich geblufft hatte, locker übertrumpften. Als die Frauen Esther die Nadeln zuschoben, schaute Annie sich lächelnd um. „Sie hat uns schon wieder geschlagen.“
Die drei Frauen nickten. „Gladys gewinnt jede Woche“, erklärte Dorothy. Sie beugte sich zu Annie hinüber. „Aber wenn sie deswegen angibt, stelle ich einfach mein Hörgerät ab.“
Annie lachte. Die älteren Damen, alle gut über siebzig, waren einfach köstlich. Eigentlich war sie nur in diesen Raum gekommen, um in einer stillen Ecke ein Buch zu lesen, aber die freundlichen Ladys hatten darauf bestanden, dass sie an ihrem wöchentlichen Pokerspiel teilnahm.
Die erste Frage, die man ihr stellte, war, warum eine junge hübsche Frau wie sie ausgerechnet am Mittwoch ins Wellness-Center kam. Denn heute war kein Single-Tag, oh, nein, mittwochs war Seniorentag.
Sie hätte gern mit Griffin über ihr neues Wissen diskutiert, aber sobald sie hier angekommen waren, war er aus ihrem Blickfeld verschwunden. Dann fiel ihr auf, dass Esther, die gerade neue Karten ausgab, fasziniert durch die gläsernen Türen hinausschaute – oder eher gesagt starrte.
Annie folgte ihrem Blick und sah, was Esther so in den Bann zog.
Es war Griffin.
„Schaut euch das an!“, sagte sie ihren Freundinnen. „Solche Männer gibt es also auch heute noch.“
Die drei älteren Damen schauten hinaus und seufzten. Nackt bis auf eine Badehose, ein Handtuch lässig um den Nacken geschlungen, ging Griffin mit geschmeidigen Schritten auf den Pool zu. „Seht euch nur diese Muskeln an! Glaubt ihr, dass er der neue Bademeister ist? Ich glaube, ich brauche jetzt schon dringend eine Mund-zu-Mund-Beatmung.“
Die anderen schüttelten den Kopf und lachten.
„Er ist nicht der Bademeister, er ist …“ Annie hielt inne, unsicher wie sie Griffin bezeichnen sollte. „… er ist der Mann, mit dem ich gekommen bin. Mein, äh … Bekannter.“
Vier silbergraue Köpfe wandten sich ihr zu, und vier wache Augenpaare sahen sie überrascht an. Dann gab Dorothy einen drolligen kleinen Laut von sich, griff zu Annies Karten hinüber und zog sie ein.
Annie schaute erstaunt zu. „Bin ich draußen?“
Dorothy stieß erneut einen kleinen Laut aus.
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