Bianca Exklusiv Band 11
ihn ohrfeigen wollte, aber Max war schneller und packte ihre Hand. „Ich will wissen, was unter meinem Dach vorgeht. Sind Sie auf dem Weg zu Jeds Zimmer? Ja oder nein?"
„Nein. Ich fahre nach Pescatori."
„Was wollen Sie dort? Wen haben Sie mittags kennen gelernt? Waren Sie deshalb erst so spät zurück ... und so zerzaust?"
„Sie haben eine blühende Fantasie! Nein, ich habe niemanden kennen gelernt. Ich habe mich nur abgehetzt, damit ein gewisser unduldsamer Tyrann mich nicht anschreit, wenn ich zu spät komme. Sie müssen mir glauben ... was Sie mir unterstellen, ist nicht meine Art."
„Warum sollte ich Ihnen glauben? Ich habe doch selbst erlebt, wie Sie einen Bootsmann kennen lernten und durchaus bereit waren, abends mit ihm einen Drink zu nehmen."
„Das ... war etwas anderes."
Max lachte hart auf. „Ich weiß auch nicht, warum ich mich so aufrege. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend." Er lächelte zynisch. „Versuchen Sie, nicht zu verschlafen. Das Frühstück ist um halb acht, und zwar pünktlich!"
„Ich werde da sein." Lucy hob stolz den Kopf und griff nach der Klinke.
„Ich bewundere Ihr Durchhaltevermögen", bemerkte Max. Lucy blickte ihn hilflos an. Es tat ihr weh, dass er so schlecht von ihr dachte.
„Sehen Sie mich nicht so an", knurrte Max.
Lucy seufzte unglücklich und verließ eiligst den Palazzo. Hinter sich hörte sie die Tür krachend ins Schloss fallen.
8. KAPITEL
Es war drei Uhr morgens, als Lucy zur Isola Mazzardi zurückkehrte. Den ganzen Abend über hatte sie sich Mühe gegeben, ihre Arbeit gutzumachen und liebenswürdig zu den Gästen zu sein, da sie auf die Trinkgelder angewiesen war. Ihre Füße schmerzten vom stundenlangen Herumlaufen in den hochhackigen Schuhen, und sie war so erschöpft, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Um das Maß voll zu machen, musste sie zum Schluss auch noch eine ganze Stunde auf die Fähre warten.
Und all das hatte sie Selina zu verdanken.
Lucys Füße wollten nicht mehr, als sie schleppend die Stufen erklomm. Ab und zu blieb sie stehen, um sich auszuruhen. Selinas eng anliegendes Kleid war bei den Gästen gut angekommen, aber es störte Lucy, dass ihr Gang dadurch leicht wiegend wirkte. Jetzt, beim Treppensteigen, hob sie den Rock bis über die Knie an, um sich ungehinderter bewegen zu können. Ihr Nacken war verkrampft. Sie zog sich das Band aus dem Haar und massierte sich erleichtert den steifen Hals.
Als sie um die Ecke bog, entdeckte sie Max Mazzardi oben auf dem Treppenabsatz. Er wirkte groß und bedrohlich. Auch das noch! Lucys Knie gaben nach, und sie ließ sich gesenkten Kopfes auf die nächste Stufe sinken. Ihr Haar fiel ihr über das Gesicht, und sie hörte, wie Max unaufhaltsam zu ihr herabstieg.
Einen langen Augenblick stand er neben ihr und sagte kein Wort. Doch an der Art, wie er atmete, erkannte sie, dass er zornig war. Lucy wartete auf den Ausbruch, der jetzt kommen musste. Zwar ging es Max nichts an, was sie in ihrer Freizeit tat, aber sie hatte einfach nicht mehr die Kraft, sich gegen seine Anschuldigungen zu wehren. Sie wollte nur noch schlafen.
„Er war ein bisschen zu stürmisch für Sie, nicht wahr?" fragte Max leise.
Die Unterstellung tat weh. Lucy antwortete nicht und zitterte vor Erschöpfung.
„Kommen Sie."
»Lucy hob matt den Kopf und ergriff Max' ausgestreckte Hand. Er half ihr auf, aber sie war so schwach, dass sie halb gegen ihn fiel. Max packte sie bei den Schultern und hielt sie etwas von sich ab, als könne er es nicht ertragen, ihr nah zu sein. Durch die Bewegung rutschte das Kleid von Lucys Schulter. Max sog scharf die Luft ein, als ihre nackte Haut im Mondlicht aufschimmerte.
Er legte ihr den Arm um die Taille und führte sie langsam nach oben. „Einen Moment", sagte sie leise und holte eine Hand voll Münzen aus der Tasche. „Das schulde ich Ihnen", setzte sie hinzu und reichte Max das Geld.
„Sie ...!" Er fegte die Münzen zu Boden. Dann verstärkte er den Griff um Lucys Taille und zog sie weiter mit sich fort. Lucy war im ersten Moment verwirrt über seine Reaktion, doch dann begriff sie. Er dachte, sie hätte das Geld von einem Mann bekommen. Er dachte, sie hätte ...
Samtene Schwärze umgab Lucy und erlöste sie von den Schrecken der letzten Tage. Eine angenehme Wärme hüllte sie ein, aber dieses Gefühl dauerte nicht lange.
Lucy öffnete die Augen und stellte fest, dass sie in ihrem Zimmer war. Die Sichel des Mondes warf ein schwaches Licht auf das Bett.
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