Bianca Exklusiv Band 229
blickte sie ihn an. „Das klingt, als meinen Sie etwas Bestimmtes.“
„Nein, nein“, entgegnete er hastig und bemühte sich um eine gelassene Miene. Ein Taxi näherte sich, und er hielt es an. „Fahren wir zurück.“
Die Laternen brannten noch im Hanver Park. Die beiden Mimen waren noch da, gestikulierten in ernstem Schweigen, obwohl der Park ansonsten verlassen dalag.
Dottie und Randolph blieben stehen und schauten ihnen zu. Ihre weißen Gesichter leuchteten geisterhaft unter den Laternen.
Nach einer Weile blickte er zu ihr. Sie war fasziniert, blind gegen seine Anwesenheit. Ihre Augen leuchteten, ihre Lippen waren in einem verzückten Lächeln halb geöffnet. Er fragte sich, wann er das letzte Mal so selbstvergessen gewesen war, aber er konnte sich nicht erinnern.
Dotties Unschuld ging ihm unter die Haut. Sie war so aufrichtig und vertrauensvoll, so überzeugt, dass der Rest der Welt so ehrlich wie sie selbst war. Wie sollte sie durchschauen, dass der Mann an ihrer Seite plante, ihr Glück zu zerstören? Er würde ihr alles nehmen – die Welt, in der sie sich wohlfühlte; den Geliebten, der ihr so viel bedeutete. Und stattdessen würde er ihr Reichtum, Würde und eine gewisse Macht bieten. Randolph wurde jedoch langsam bewusst, dass ihr das alles gar nichts bedeuten würde.
Plötzlich blickte sie zu ihm auf. „Was ist los?“
„Nichts.“
„Doch. Sie denken an etwas Trauriges.“
Ihr Scharfsinn überraschte ihn.
„Liegt es an mir? Habe ich was falsch gemacht?“
„Nein, Dottie“, entgegnete er sanft. „Sie haben nichts falsch gemacht. Sie waren den ganzen Abend über hinreißend.“
Die beiden Artisten hatten ihre Vorstellung unterbrochen und beobachteten sie eindringlich.
„Na ja, zumindest habe ich Sie zum Lachen gebracht.“
„Mehr als das. Sie sind die netteste Person, die ich je kennengelernt habe.“
Eine sanfte Brise hatte eingesetzt und wehte ihr die Haare um das Gesicht. Er vermochte den Blick nicht von ihr zu lösen.
„Es war ein wundervoller Abend.“ Sie seufzte. „Einfach zauberhaft.“
„Das stimmt.“
Dottie wurde sich der Musterung der beiden Weißgesichter bewusst. „Was wollt ihr zwei?“
„Ich glaube, sie wollen, dass ich Sie küsse“, sagte Randolph. Er hob ihr Kinn mit einem Finger und senkte den Kopf.
Seine Lippen berührten ihre nur flüchtig, nicht leidenschaftlich, sondern zärtlich und mit diesem Zauber, der den ganzen Abend über geherrscht hatte. Als er den Kopf hob und Dottie lächeln sah, lächelte er ebenfalls und wandte sich an die Pantomimen. „Danke.“
Als Reaktion vollführten sie Freudensprünge und tanzten herum. Erneut versuchte er, ihnen Geld zu geben, doch sie lehnten mit heftigem Kopfschütteln ab. Dann wandten sie sich ab und liefen Hand in Hand davon.
„Warum haben Sie ihnen gedankt?“, fragte Dottie verständnislos.
„Weil ich ohne die beiden nicht gewagt hätte, Sie zu küssen.“
„Ich bin froh, dass sie kein Geld genommen haben. Das hätte irgendwie alles verdorben.“
„Ja, der Meinung bin ich auch.“
Sie sagte nichts, blickte nur zufrieden zu ihm auf. Noch war der märchenhafte Abend nicht zu Ende. Doch schon bald würde die Realität einsetzen und ihr wahres Ich zurückkehren.
Sie durchquerten den Park bis zu dem Hotel. „Haben Sie Ihren Schlüssel?“, fragte sie.
„Ja, aber ich bringe Sie nach Hause.“
„Nicht nötig. Es ist gleich um die Ecke.“
„Ein Gentleman lässt eine Lady nicht allein nach Hause gehen.“
Und der Zauber kann noch eine kleine Weile anhalten, dachte sie glücklich. Schweigend spazierten sie durch die Straßen bis zu einem schäbigen Backsteinhaus.
„Gute Nacht, Dottie. Danke für den wundervollen Abend.“
„Ich sollte Ihnen danken. Ich habe noch nie … noch nie …“ Sie lachte und suchte nach den richtigen Worten.
„Noch nie weißen Burgunder getrunken? Noch nie Nouvelle Cuisine gegessen?“
„Noch nie so geredet. Es war ein sehr schöner Höhenflug.“
„Möchten Sie ihn nicht fortsetzen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Aber es war nett, es mal zu erleben.“
„Sind Sie so sicher, dass es nie wieder geschehen wird?“
„Ja. Ich habe mein Leben zu führen. Das geht nicht im Höhenflug.“
„Aber …“
„Ich muss jetzt reingehen“, erklärte sie hastig und lief die wenigen Stufen zur Haustür hinauf. „Gute Nacht.“
„Gute Nacht“, wünschte er und wandte sich widerstrebend ab. Nach einigen Schritten rief sie ihn. „Ja?“, fragte er
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