Bianca Exklusiv Band 229
hoffnungsvoll.
„Denken Sie an das wacklige Bodenbrett, wenn Sie in Ihr Zimmer gehen.“
„Das werde ich tun.“
„Schlafen Sie gut. Morgen früh bringe ich Ihnen ein richtiges englisches Frühstück.“
„Danke. Gute Nacht.“
3. KAPITEL
Donnerstag war für Dottie der schönste Tag der Woche, denn dann hatte sie den Nachmittag frei und traf sich immer mit Mike im Park.
Die Sonne schien, als sie um zwei Uhr glücklich und zufrieden zu ihrem Rendezvous eilte. Ihre Welt war in Ordnung. Der vergangene Abend war für sie nichts weiter als ein wunderbarer Traum. Aus diesem Grunde hatte sie Jack überredet, Mr Holsson das versprochene Frühstück zu servieren.
Sie betrat das kleine Wäldchen und blinzelte, um sich an das plötzliche Halbdunkel zu gewöhnen. Dann stellte sie fest, dass sie nicht allein war. Ein Mann lehnte an einem Baumstamm. Er trug eine Hose und ein Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Zunächst bemerkte er sie nicht, sodass sie ihn unbemerkt mustern konnte. Seine Arme waren muskulös, und sein Oberkörper unter dem dünnen Hemd wirkte schlank, aber kräftig. Unwillkürlich dachte sie zurück an seinen flüchtigen Kuss. Er hatte diese starken Arme nicht um sie gelegt, doch hinter der Sanftheit seiner Lippen hatte sie eine gewisse Spannung, ein Drängen gespürt, das sie auf magische Weise anzog.
Ein Sonnenstrahl, der durch die Bäume fiel, tauchte ihn in ein goldenes Licht und ließ ihn wie eine Erscheinung wirken, die sich jeden Augenblick in Luft auflösen würde.
Unvermittelt hob er den Kopf in ihre Richtung. Doch obwohl sein Blick auf sie fixiert war, schien er nicht sie, sondern jemand anders zu sehen. Der Eindruck war so stark, dass sie unwillkürlich über ihre Schulter schaute. Doch dann lächelte er, und sie wusste, dass sein Blick ihr galt.
„Hat Ihnen das Frühstück geschmeckt?“, erkundigte sie sich, während sie sich ihm näherte. „Sie haben nicht alles gegessen.“
„Es war ausgezeichnet, aber mehr, als ich für gewöhnlich zu mir nehme. Der Tee war sehr stark.“
„Hier in dieser Gegend ist Tee kein Tee, wenn der Löffel nicht darin steht.“
„Das habe ich gemerkt.“
„Sehen Sie sich die Gegend an?“
„Nein. Ich habe auf Sie gewartet“, antwortete er ernst.
„Wollen Sie sich wegen irgendwas beschweren?“
„Nein. Ich muss mit Ihnen reden. Gestern Abend …“
„Es war ein wunderschöner Abend, aber es war eben gestern. Heute bin ich wieder ich selbst.“
„Und wer waren Sie gestern?“
„Ich weiß nicht. Jemand, der mir vorher nie begegnet ist.“ Sie blickte in seine Augen und sah ein beunruhigendes Verständnis in ihnen. Es schien, als wüsste er im Voraus, was sie sagen wollte, noch bevor sie es dachte. „Wer immer es war, ich bin froh, dass sie weg ist und mich meinen Weg gehen lässt.“
„War sie es, die mich geküsst hat?“
„Das war nicht sie. Das waren Sie. Ach, ich weiß gar nichts mehr.“
„Ich bin auch etwas verwirrt“, gestand er, und schon beugte er sich zu ihr und senkte den Mund auf ihre Lippen. Er wusste, dass es gefährlich war, aber aus irgendeinem Grunde hatte seine Vernunft ihn verlassen.
Instinktiv hob Dottie eine Hand, um ihn fortzuschieben, doch die Hand landete auf seiner Schulter. Sie fühlte sich beinahe hypnotisiert von ihm, geradezu willenlos. Sie hatte nicht gewusst, dass die Lippen eines Mannes so sanft und doch so unwiderstehlich sein konnten. Irgendwie hatte sie das Gefühl, ihn mit ihrem ganzen Sein, nicht nur mit dem Mund zu küssen. Zumindest reagierte ihr ganzer Körper, bis hin zu den prickelnden Zehenspitzen.
Irgendwie erweiterte sich ihr Bewusstsein, ließ sie von fernen Horizonten, stürmischen Meeren, endlos blauen Himmeln träumen. Es gab so viel Ungeahntes zu erleben, so viel Neues zu erforschen, das weit hinausging über die enge, kleine Welt, die sie und Mike miteinander teilten.
Mike!
Dieses eine Wort wirkte wie ein kalter Guss. Entsetzt über sich selbst wich sie abrupt zurück, befreite sich aus seinen Armen und lief tiefer in das Wäldchen.
„Dottie!“, rief Randolph und folgte ihr. „Bitte, warten Sie. Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht beleidigen.“
Sie drehte sich zu ihm um und lachte zittrig. „Das haben Sie nicht. Aber es ist so … so töricht.“
„Der Frühling erweckt törichte Gefühle“, erklärte er hastig. „Ich habe mich hinreißen lassen.“
„Ich muss jetzt gehen“, entgegnete sie und eilte ohne einen Blick zurück weiter, zu Mike und der sicheren,
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