Bianca Exklusiv Band 243
böse sein. Adam war charmant, witzig und hatte auch noch gute Noten. Ein Rebell, aber einer von der sympathischen Sorte.
Für ein Mädchen wie Annabelle, die immer ein wenig im Schatten gestanden und niemals gewagt hatte, sich aufzulehnen, war jemand wie Adam natürlich unwiderstehlich. Und daran hatte sich auch nichts geändert, als er zu einem Mann herangewachsen war. Im Gegenteil.
„Ich warne euch gleich“, fuhr er lachend fort. „Keine Kompromisse. Salate und Biokost kommen mir nicht auf den Tisch. Mir ist nach einem reichhaltigen Mahl. Am besten eine dicke Pizza und einen riesigen Haufen Nudeln dazu.“
Lia tat so, als wäre das ein großes Opfer für sie. „Dir zuliebe, Adam, aber nur dieses eine Mal“, sagte sie schmollend. Und dabei wussten alle, dass sie die italienische Küche über alles liebte.
„Wann würde es euch denn passen?“
Annabelle schaute in den Kalender. Adam wusste genau, dass sie nicht absagen konnte, wenn er sie zusammen mit ihrer Schwester einlud. Das war ja der Trick.
„Wann immer du willst, was mich angeht“, erwiderte Lia und warf ihrer Schwester einen Blick zu, der genau zeigte, woran sie dachte: an die Auseinandersetzung, die sie vor Adams Ankunft gehabt hatten. Dann ging sie langsam zur Tür hinüber. „Ich schaue mal nach, ob Post gekommen ist.“
„Schön, dich nach so langer Zeit wiederzusehen, Belle“, sagte Adam, als Lia das Zimmer verlassen hatte. Seine Stimme war weich, warm und schmeichelnd, doch die Spannung, die in der Luft lag, war körperlich zu spüren.
„Einige Monate.“ Annabelle zwang sich zu lächeln. „Du warst schon mal länger weg.“
„Stimmt.“ Er lehnte sich im Sessel zurück, kreuzte die Arme vor der Brust und schaute die junge Frau aus halbgeschlossenen Augen an. „Vor meiner Abfahrt bist du mir zwei Monate lang aus dem Weg gegangen.“
„Das stimmt nicht. Jedenfalls habe ich es nicht absichtlich gemacht. Ich hatte sehr viel zu tun, das ist alles.“
„Soso. Sag mal, worüber habt ihr euch eigentlich gestritten, Lia und du, als ich vorhin hereinkam?“
Annabelle schob die Zeitung beiseite. „Ach, über nichts Besonderes.“ Die junge Frau kniff die Lippen zusammen. Immer wieder verschwand Adam aus ihrem Leben, um einige Monate später wiederzukommen. Und dann wollte er einfach da weitermachen, wo sie aufgehört hatten, und so tun, als habe es die Zwischenzeit nicht gegeben. Aber Annabelle hatte verstanden, dass es ihr nicht guttun würde, diesen Mann zu dicht an sich heranzulassen. Denn das gab ihr nur das Gefühl, in ihrem eigenen Leben selber keinen Millimeter weiterzukommen.
Er würde schon früh genug von der ganzen Geschichte mit Steven erfahren. Entweder erzählte Lia es ihm, oder er las es in der Zeitung. Nur eines stand fest, Annabelle würde es ihm nicht verraten. Sie brauchte sein Mitgefühl nicht. Schließlich hatte sie im Laufe der Zeit gelernt, ihr eigenes Leben zu führen. Das war zwar nicht immer ganz einfach, aber jetzt wollte sie ihre Unabhängigkeit nicht mehr aufgeben.
„Schon gut“, erklärte Adam. „Aber wenn es ein Problem zwischen dir und Lia gibt, dann kannst du es mir ruhig erzählen.“ Langsam stand er auf und schaute sich im Büro um. „Sag mal, was ist denn eigentlich mit deinem Schreibtisch passiert?“
„Wie bitte?“ Annabelle verstand nicht sogleich, worauf Adam mit dieser seltsamen Frage abzielte.
„Es liegen so viele Papiere darauf.“ Er ließ sich zufrieden in den Sessel fallen und zeigte mit großer Geste auf die verschiedenen Papierstapel, die Annabelle fein säuberlich aufgeschichtet hatte. Ironisch zog er eine Augenbraue hoch. „Es sieht ja wirklich so aus, als würde die Arbeit dir über den Kopf wachsen.“
Ach, wie sehr sie es hasste, dass er auf den ersten Blick die geringste Veränderung bemerkte. Sie ließ den Blick über den Schreibtisch gleiten. Adam hatte ja recht. Sonst lag da nie etwas, aber jetzt stapelten sich Papiere, Briefe und Akten, alle ordentlich sortiert. Auf einmal überkamen die junge Frau wieder Sorgen.
Adam wusste genau um ihr Faible für Sauberkeit und Ordnung. Doch sie konnte einfach nicht anders, für sie bedeutete das Schutz gegen die chaotische Außenwelt. Nur leider half ihr diese Ordnung in der augenblicklichen Situation auch nicht weiter. Sie musste sich eingestehen, dass das Geschäft schlecht lief. Die meisten der Papiere waren unbezahlte Rechnungen.
Seit fünf Jahren war es ihr gelungen, sich und ihre Schwester allein durchzubringen.
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