Bianca Exklusiv Band 243
zwischen die knallroten Lippen. „Wahrscheinlich hätte ich es schon früher entdeckt, wenn mich nicht etwas anderes davon abgehalten hätte.“
„Was meinen Sie damit?“
„Meine Ehe. Heiraten ist ja ganz nett, aber einmal reicht.“
Als die ältere Dame keine weiteren Erklärungen hinzufügte, fragte Adam: „Und Sie glauben, dass Ihre übernatürlichen Fähigkeiten Annabelle bei der Arbeit helfen können?“
Annabelle schreckte auf. Hatten die anderen etwa gerade über ihre Probleme gesprochen, während sie ihren Träumen nachgehangen hatte?
„Mein Geschäft? Wie kommt ihr denn jetzt darauf?“
„Stell dir nur vor, wenn wir meine hellseherischen Fähigkeiten in dein Angebot aufnehmen würden“, strahlte Evelyn. „Dann könnte junge Paar alles über seine Zukunft erfahren. Was für eine Hochzeit!“
Adam hätte fast aufgelacht, so verblüfft sah Annabelle aus. Doch fürchtete er, dass Heiterkeit falsch am Platze sein würde, da er genau sah, wie seine Nachbarin davor war, gleich vor Wut zu explodieren.
Diese beiden Cousinen sind einfach zu köstlich, dachte Adam. Natürlich waren sie ziemlich durchgedreht, aber wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatten, waren sie offensichtlich nur schwer wieder davon abzubringen. Und im Moment waren eben übernatürliche Ereignisse an der Reihe. Trotzdem musste Annabelle unbedingt geholfen werden.
„Evie und ich haben schon wunderbare Pläne gemacht“, erklärte Jessie freudestrahlend. Adam erstaunte es, dass die beiden älteren Damen gar nicht bemerkten, dass Annabelle offensichtlich nichts von dieser seltsamen Hilfe hielt. Doch für Evelyn und Jessie hatte das Wort „Zurückhaltung“ keinerlei Bedeutung.
„Sie wollen also eine Weile bei uns bleiben?“, fragte er.
„So lange, wie Annabelle und Lia uns brauchen“, antwortete Jessie und warf den beiden jungen Frauen einen mitleidig-warmherzigen Blick zu. Evelyn nickte zustimmend.
„Wir bleiben, bis die beiden unsere Hilfe nicht mehr benötigen“, fuhr Jessie fort. „Aber natürlich wollen wir unsere Nase nicht in Angelegenheiten stecken, die uns nichts angehen.“
Wieder nickte Evelyn. „Als Lia uns anrief, um uns zu sagen, dass Annabelle gerade eine sehr schwere Zeit durchmache, da erschien es uns eine Selbstverständlichkeit, mehr noch, eine Pflicht, sofort zu Hilfe zu kommen.“
Annabelle hob den Kopf und zeigte ein grimassenhaftes Lächeln. Adam hatte solch einen Gesichtsausdruck nicht mehr gesehen, seit vor einigen Jahren die gesamten Mannschaft seines Schiffes seekrank geworden war, als sie im Nordatlantik in einen außergewöhnlich heftigen Sturm geraten waren.
Er nahm einen kleinen Schluck von dem süßen Wein, den Annabelle zum Nachtisch serviert hatte. Wenn die beiden Cousinen wirklich übernatürliche Fähigkeiten besaßen, dann hätten sie schon längst bemerken müssen, was Annabelle von diesem überraschenden Besuch hielt. Adam jedenfalls konnte es sich nur zu genau vorstellen. Er schwenkte leicht das Glas und betrachtete, wie sich das Licht in der goldgelben Flüssigkeit spiegelte.
Ach, Annabelle, dachte er, dieses Mal sitzt du wirklich in der Patsche. Denn Adam wusste, dass die junge Frau zwar einen selbstsicheren Eindruck machte, doch diesen beiden Cousinen, die alles und jeden überrannten, nichts entgegenzusetzen hatte.
Auf einmal erschien sie ihm wieder genau so wie die junge Frau, die sie sechs Jahre zuvor gewesen war: verletzlich, unsicher und erschrocken über all die Veränderungen in ihrem Leben. Damals hatte sie geglaubt, niemals damit umgehen zu können. Wieder hatten ihre Augen den gleichen Ausdruck angenommen, wieder waren ihre Lippen fest zusammengepresst, wieder die Hände zu stark ineinander verschränkt.
Die gleiche Körpersprache. Seit Jahren schon hatte Adam erkannt, wie hilfsbedürftig Annabelle war, und stets hatte er es als seine Pflicht angesehen, die junge Frau zu unterstützen. Sie allein zu lassen war einfach unvorstellbar gewesen …
Doch dann musste Adam sich eingestehen, dass er ihr vor sechs Jahren gar nicht richtig geholfen hatte. Er war jung gewesen und wollte seine eigenen Träume verwirklichen. Jetzt aber war er gereift. Endlich konnte er Annabelle eine wahre Stütze sein.
Adam nahm noch einen kleinen Schluck von dem köstlichen Wein. Er hatte das Gefühl, dass ihm das Blut zu Kopf gestiegen war. Lag das an seinen Gedanken oder am Alkohol? Er hätte es selber nicht zu sagen gewusst.
Doch er hatte durchaus die Möglichkeit,
Weitere Kostenlose Bücher