Bianca Exklusiv Band 87
„Du darfst nicht sterben, hörst du? Das lasse ich nicht zu. Du musst am Leben bleiben. Ich liebe dich.”
Mit einem Mal wusste sie, das war die Wahrheit. Sie liebte diesen Mann mit jeder Faser ihres Körpers - und nun starb er in ihren Armen.
Langsam stand sie auf, ohne seine Arme loszulassen. Stück für Stück zog sie ihn mühevoll mit sich den Pfad entlang. Zähl bis hundert, befahl sie sich selbst. Dann bis zweihundert … dreihundert … bei vierhundert hast du es geschafft …
Als Dany plötzlich ein Geräusch hörte, blieb sie schwer atmend stehen. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen und blinzelte in die grelle Sonne. Offensichtlich hatten sie_ schon vor einiger Zeit den schmalen Pfad verlassen und befanden sich nun auf einem breiten Weg.
Das Geräusch wurde lauter, und durch eine braune Staubwolke erkannte sie einen verbeulten Jeep, der direkt auf sie zukam. Schnell ließ sie Nicks leblosen Körper auf den Boden sinken und lief dem Auto entgegen. Noch bevor der Jeep anhalten konnte, hielt sie sich am Türgriff fest und zerrte den Fahrer am Ärmel.
„Senor …” Dany war so erschöpft und so sehr in Panik, dass ihr kein Wort Spanisch mehr einfiel. Aufgeregt deutete sie auf Nick.
Der Fahrer und ein weiterer Mann, die beide olivgrüne Uniformen trugen, sprangen aus dem Wagen und liefen eilig zu Nick. Als sie sich neben ihn knieten, begannen sie erregt miteinander zu sprechen. Dany verstand nur ein Wort: Serpiente. Vorsichtig hoben sie Nick dann in den Jeep.
Einer der Männer nahm Dany am Arm und sprach auf sie ein. Offensichtlich erkundigte er sich, wie sie sich fühle. Mühsam versuchte sie, ihn anzulächeln, doch dann schien sie plötzlich in ein tiefes Loch zu fallen, und Dunkelheit umfing sie …
„Dany!”
Jemand rief ihren Namen. Es klang meilenweit entfernt. Unruhig bewegte sie sich und öffnete langsam die Augen. Sie befand sich in einem kühlen, halbdunklen Raum, und eine Gestalt beugte sich über sie.
„Gramps? Bist du das?” fragte sie leise.
„Hallo, mein Liebling.” Danys Großvater gab ihr einen Kuss auf die Wange und nahm ihre Hand. „Wie geht es dir?”
„Ganz gut.” Sie gähnte und streckte sich.
„Gut genug für eine Standpauke?” Er warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu und zog die Augenbrauen hoch.
„Es tut mir Leid, Gramps, dass du dir meinetwegen Sorgen gemacht hast”, erwiderte sie schuldbewusst und errötete. Vorsichtig ließ sie sich wieder ins Kissen sinken und sah sich um.
Das Zimmer war weiß gestrichen, und über ihrem Kopf surrte leise ein Deckenventilator.
„Wo bin ich?”
„Im örtlichen Krankenhaus. Die Botschaft hat vor zwei Tagen nach mir geschickt.”
Vor zwei Tagen! Langsam klärte sich der Nebel in ihrem Kopf, und sie umklammerte die Hand ihres Großvaters. „Nick. Wie geht es ihm? Hast du ihn gesehen?”
„Nur kurz.”
Gott sei Dank. Er war also nicht … Schnell schob sie das hässliche Wort beiseite. „Was … was hat er gesagt?”
„Nicht viel.” Er schwieg einen Moment. „Weißt du, dass du ihm das Leben gerettet hast?” fuhr er dann fort.
Dany zuckte die Schultern. „Nun, er hat mir einige Male das Leben gerettet. Hauptsache, es geht ihm gut.”
Während sie sich das Kissen zurechtrückte, runzelte sie gedankenvoll die Stirn. „Weißt du, Gramps, ich hatte einen schrecklichen Traum. Ich bin aufgestanden und habe versucht, ihn zu finden. Er lag im Raum nebenan und hatte viele Schläuche in den Armen. Über ihn gebeugt, standen einige Männer in weißen Kitteln. Einer davon bemerkte mich, hob mich hoch und trug mich ins Bett zurück.”
Ihr Großvater nickte bestätigend. „Das stimmt. Sein Name ist Dr. Mendoza.”
Erstaunt sah sie ihn an. „Willst du damit sagen, ich habe nicht geträumt? Ich bin wirklich dorthin gegangen?”
„Richtig. Allerdings als Schlafwandlerin”, bemerkte er trocken.
„Wann kann ich ihn sehen?” fragte sie eifrig, doch dann glitt plötzlich ein Schatten über ihr Gesicht. Mit einem Mal hatte sie große Angst.
„Dany, mein Liebling …”
„Nein! Es geht ihm gut, nicht wahr? Du hast gesagt, er ist in Ordnung.” Mit einer heftigen Bewegung schlug sie das dünne Laken zurück und schwang die Beine über die Bettkante. „Ich werde jetzt zu ihm gehen.”
„Nein, Elly. Du bist noch nicht kräftig genug.”
Verblüfft sah sie ihn bei diesen Worten an, ohne ihn richtig wahrzunehmen. Elly - diesen Namen aus ihrer Kindheit hatte er seit Jahren nicht mehr benützt. Und
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