Bianca Extra Band 01
„Mel? Was kann ich für dich tun?“
„Ich weiß nicht“, sagte sie erschöpft, beinahe tonlos. „Vermutlich bin ich nur müde.“
„Soll ich gehen?“ Das wollte er auf keinen Fall. Aber er würde es tun, wenn sie das wollte.
„Ich weiß nicht“, wiederholte sie. „Ich will nur … Verdammt. Ich habe das Gefühl, als ob ich die Mutter hier bin, so wie ich mir Sorgen um sie mache.“
„Du hast sie lieb“, sagte er. „Wer würde sich da keine Sorgen machen?“
„Sie begeht immer wieder die gleichen Fehler.“
„Willst du darüber reden?“
„Nein.“
„Okay“, sagte er. „Wir können einfach etwas essen, ein, zwei Stunden fernsehen, und dann mache ich mich auf den Weg. Oder ich kann gleich gehen. Wie du willst.“
Sie sprang auf. „Oh nein! Das Abendessen. Das ist jetzt bestimmt ruiniert.“
„Dann machen wir eben was anderes.“ Jace bereitete sich schon innerlich darauf vor, zur Tür begleitet zu werden.
Aber stattdessen nickte Melanie. „In Ordnung. Essen und Fernsehen. Wobei ich überrascht bin, dass du nichts Besseres zu tun hast. Warten keine Frauen aus deinem Harem sehnsüchtig auf deinen Anruf?“
„Im Augenblick gibt es nur zwei Frauen in meinem Leben. Meine Mutter und meine Schwägerin“, sagte er. „Wann begreifst du endlich …“ Er brach ab und schüttelte den Kopf. „Niemand wartet auf mich“, beendete er den Satz. „Dann lass uns mal nach dem Essen sehen.“
Die Spaghetti waren ungenießbar. Sie entschieden sich, Burger zu machen.
Mit den Tellern in der Hand gingen sie schließlich wieder ins Wohnzimmer, wo sie einen grottenschlechten Horrorfilm schauten. Es gab nicht viele Frauen, die so etwas würdigen konnten. Melanie schon. Das überraschte und freute ihn. Abwechselnd kommentierten sie die weit hergeholte Handlung, die unterdurchschnittlichen Spezialeffekte und den bizarren Dialog.
Als er sich auf den Weg machen musste, meinte Jace: „Also, wegen morgen … ich habe Nachforschungen eingeplant. Da kannst du problemlos heute aufbleiben und auf deine Mutter warten. Wir können uns nachmittags treffen. Wäre das okay für dich?“
„Das würde mir wirklich helfen.“ Sie gähnte. „Und Jace? Danke, dass du heute Abend da warst. Das war schön.“
„Gern geschehen“, sagte er mit seltsam belegter Stimme. „Bevor sie gegangen ist, hat dir deine Mutter etwas zugeflüstert. Was hat sie da gesagt?“
Melanie zögerte. Sie zog die Unterlippe in den Mund. In dieser Sekunde hätte er sie an sich ziehen und küssen können. Als ob sie seine Gedanken lesen konnte, verzog sie die Lippen zu einem sinnlichen Lächeln.
„Normalerweise“, sagte sie so verführerisch, wie er sie noch nie gehört hatte, „würde ich dir das nie sagen. Aber du warst so nett heute Abend. Also, wenn du versprichst, das nie wieder zu erwähnen …“
„Ich verspreche es. Hoch und heilig.“
„Okay. Also.“ Wieder saugte sie an ihrer Unterlippe, und er bekam prompt keine Luft mehr. „Meine Mutter denkt anscheinend, dass ich dringend tollen Sex nötig habe. Und sie scheint zu glauben, dass du genau der richtige Mann dafür bist.“
Bei diesen Worten gab Melanie der Tür einen Stoß, sodass sie mit einem dumpfen Knall ins Schloss fiel. Jace stolperte zu seinem Auto. Wenn sie damit das letzte Wort haben wollte, hatte sie das geschafft. Und zwar so gründlich, dass er wahrscheinlich die ganze Nacht wach liegen würde.
3. KAPITEL
Melanie ging die Stufen zu ihrer Doppelhaushälfte hinauf. Obwohl sie das nicht geplant hatte, war sie die ganze Nacht bei ihrer Mutter geblieben. Sie war einfach zu besorgt gewesen. Aus reiner Erschöpfung war sie so gegen drei Uhr eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als Loretta gegen sechs Uhr früh endlich nach Hause gekommen war.
Melanie schloss ihre Haustür auf. Dann stolperte sie beinahe über ein in rotes Geschenkpapier gewickeltes Päckchen auf der Türschwelle. Im letzten Monat hatte sie bereits zwei solche Geschenke erhalten. Wahrscheinlich war auch diesmal wieder keine Karte dabei. Neugierig und genervt zugleich hob sie das Geschenk auf und betrat ihr Wohnzimmer.
Sie warf das Geschenk auf ihr Secondhand-Sofa, das sie mit einer Husse wieder aufgemöbelt hatte, und ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Das Koffein würde hoffentlich die Kopfschmerzen lindern, die ihr die Neuigkeiten ihrer Mutter verpasst hatten.
Verlobt. Ihre Mutter wollte den Mann heiraten, der vor einer Woche mit ihr Schluss gemacht hatte. Das würde
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