Bianca Extra Band 2
Holly zu ihrer Überraschung selbst nervös – zum einen wegen Will und zum anderen, weil sie Alex zum ersten Mal seit ihrem Auszug wiedersehen würde. Natürlich war nicht damit zu rechnen, ihm über den Weg zu laufen, aber sie würde ihn sehen und hatte keine Ahnung, wie sie auf seinen Anblick reagieren würde. Ihre Emotionen waren viel unberechenbarer als früher.
Das schöne Herbstwetter war vorbei. Ein Tief aus Kanada kündigte den nahenden Winter an. Es war eiskalt und nieselte. Trotzdem waren die Sitzplätze wegen des Heimspiels gut besetzt.
Holly setzte sich wie immer neben David und Angela Washington auf die Tribüne und richtete trotz all ihrer guten Vorsätze sofort den Blick zum Spielfeldrand, um nach Alex Ausschau zu halten.
Da war er. Er stand mit dem Gesicht zum Spielfeld gewandt, sodass sie nur seinen Rücken sehen konnte. Trotzdem wurde ihr in diesem Moment etwas Wichtiges bewusst. Ich liebe ihn.
Unromantischer ging’s beim besten Willen nicht. Die Kälte der metallenen Sitzfläche unter ihr kroch durch ihre Jeans, und das Objekt ihrer Zuneigung war zwanzig Meter weit entfernt von einem Haufen halbwüchsiger Jungs mit Helmen und Uniformen umgeben. Doch Holly hatte kein Gespür für die Kälte. Ihr wurde klar, dass sie ihn liebte. Sie liebte Alex McKenna.
All ihre Angst, all ihr innerer Aufruhr waren schlagartig vorbei.
Und was jetzt? Was sollte sie nur tun?
Ach, darüber würde sie sich später Gedanken machen. Das Einzige, was in diesem Augenblick zählte, war die Tatsache, dass sich ein Fenster in ihrem Herzen geöffnet hatte. Holly empfand das so stark, dass sie überrascht war – keiner der anderen Zuschauer schien etwas davon zu bemerken. Alle hatten die Aufmerksamkeit aufs Spielfeld gerichtet, wo sich die Gegnermannschaften gerade aufstellten.
Ihr Blick hing noch immer an Alex, als sei er der einzige Mensch auf der Welt. Er unterhielt sich gerade, wandte jedoch mitten im Gespräch das Gesicht in Richtung Tribüne, als höre er jemanden seinen Namen rufen. Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke. Hollys Atem beschleunigte sich, und sie öffnete den Mund, um Ich liebe dich zu sagen, doch dann kam der Anpfiff, und er richtete den Blick wieder aufs Spielfeld.
Was soll’s, sie hatten noch jede Menge Zeit. Erst einmal musste sie sich an ein völlig neues Gefühl gewöhnen: das einer tiefen inneren Ruhe. Sie hatte einen Blick in ihr Herz riskiert und war nicht davongelaufen. Ein unglaubliches Gefühl. Sie war tatsächlich frei!
Tief durchatmend konzentrierte Holly sich auf das Footballspiel. Ihr Sohn würde heute sein Debüt als Quarterback geben, und sie wollte keine Sekunde davon verpassen, ganz egal, wie viele Erkenntnisse über wahre Liebe heute noch vom Himmel fielen.
„Ist das nicht total aufregend!?“, rief Angela ihr ins Ohr.
„Ja, ist es!“, rief Holly zurück, während die beiden Frauen beobachteten, wie ihre Söhne und deren Teamkollegen wie eine gut geölte Maschine zusammenarbeiteten. Harte Arbeit und Vertrauen in sich selbst und ineinander hatten sie zu dem gemacht, was sie waren – und das war vor allem einem einzigen Mann zu verdanken. Alex McKenna.
Gegen Ende des Spiels hatte Will sechzehn von dreiundzwanzig Pässen geschafft, zwei davon Touchdowns. Holly jubelte ihm zu, bis sie ganz heiser war, und sprang begeistert auf, als die letzten Spielsekunden verstrichen und die Wildcats um zehn Punkte in Führung lagen.
Und dann passierte es. Einer der Verteidiger der Warriors, der schon den ganzen Abend lang wegen des Spielverlaufs frustriert gewesen war, lief auf Will zu und rammte dessen Helm so heftig mit seinem, dass Will zu Boden stürzte und nicht wieder aufstand.
Holly erstarrte für einen Moment vor Schreck, bevor sie aufsprang, unbeholfen über die Sitzbänke nach vorn kletterte, hinfiel, wieder aufstand und rannte und rannte, bis sie an Wills Seite war.
„Der Krankenwagen ist schon unterwegs“, sagte Alex.
Holly blickte hoch und sah ihn neben sich knien, den Blick besorgt auf Wills Gesicht gerichtet. Bevor sie antworten konnte, kamen auch schon die Sanitäter mit einer Bahre und trugen ihn vom Spielfeld. Holly blieb die ganze Zeit an Wills Seite und umklammerte seine Rechte. Von schrecklicher Angst erfüllt, fuhr sie mit ihm ins Krankenhaus. Selbst die Versicherungen der Sanitäter, dass Wills Herzschlag kräftig und gleichmäßig war, konnten sie nicht beruhigen.
Die nächste Stunde war ein Albtraum. Man ließ sie nicht mit Will ins
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