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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Entschuldigung. Noch zu verstehen ist es, wenn sie spontan auftritt, also etwa wenn der Sohn eines tückisch hingemordeten Vaters den Mörder in die Hand bekommt. Einige Tage später – ruhiger geworden – hätte er ihn vielleicht von einem Gericht aburteilen lassen, aber jetzt, in der ersten zornigen Anwandlung, das Leid des Vaters vor Augen, lässt er den Mörder grausam verstümmeln.
    Zurück zu Kaiser Friedrich, der nach seiner Krönung in Eilmärschen nach Süden zog, um die dort während seiner langen Abwesenheit entstandenen Rechtsbeugungen zu beseitigen. Die süditalischen und sizilischen Feudalherren hatten sich durch Gewalt, zweifelhafte Schenkungen und nicht selten durch dreiste Urkundenfälschung Besitztümer und Rechte angeeignet, die ihnen nicht zukamen. Kaiser Friedrich wusste das längst, die Klagen der Betroffenen waren schon während seines Aufenthalts in deutschen Landen zu ihm gedrungen. Schnell entschlossen und von erfahrenen Beratern unterstützt, hatte der Kaiser schon hier begonnen, Gesetze zur Neuordnung Siziliens auszuarbeiten. Wenn vom Königreich Sizilien die Rede ist, dann war damit freilich auch das um einiges größere Süditalien gemeint, das im Nordwesten an den Kirchenstaat und das Herzogtum Spoleto grenzte, wo Friedrich übrigens seine ersten Lebensjahre bei der Gattin Konrads von Urslingen verbracht hatte. Seine spätere Geliebte Adelheid entstammte dieser Familie.
    In Capua nun, der ersten großen Stadt des Königreichs Sizilien, wurden die inzwischen fertiggestellten Gesetze verkündet – und nicht nur das: Sie wurden auf eine derart rigorose Weise durchgesetzt, dass dem Feudaladel der Atem stockte. Die wichtigste Bestimmung der sogenannten Assisen von Capua „De resignandis privilegiis“ erklärte alle vor 1189 erfolgten Vorgaben, Schenkungen und Verfügungen für ungültig. Freilich hatte es schon Herrscher |61| gegeben, die neue und strenge Rechte verkündet, aber ihre Durchführung kaum noch überwacht hatten. Wer bei Friedrich mit einem solchen Verhalten rechnete, spielte ein gefährliches Spiel. Da wurde nicht auf die Einsicht der Betroffenen gesetzt, sondern Beamte – geschützt durch Bewaffnete – erschienen an Ort und Stelle, prüften sorgfältig die Dokumente, wobei alles Zweifelhafte eingezogen wurde. Die Klugen spürten es sofort, die meisten aber erkannten erst später, dass damit das Feudalsystem auf rigorose Weise eingeschränkt oder fast schon beseitigt war.
    Nach dieser kurzen, aber doch notwendigen Darstellung des Königs und Kaisers als Gesetzgeber und Umwandler wenden wir uns wieder dem Menschen Friedrich zu. Die ihm vom Papst erwählte, ungeliebte, aber hochgeachtete Kaiserin Konstanze war inzwischen in Capua gestorben – kaum vierzig Jahre alt. Die eheliche Gemeinschaft mit ihr hatte Friedrich auf gelegentliche Besuche und Mahlzeiten beschränkt. Ihr Ehebett blieb kalt, ihre Pflicht hatte sie mit der Geburt des Thronfolgers erfüllt. Das hieß freilich nicht, dass Friedrich andere Frauen mied. Sie machten es ihm leicht, er brauchte nur auszuwählen. Dazu kam, dass er den Frauen – wer immer sie sein mochten – anders gegenübertrat als den Männern, denen er von vornherein misstraute. Da wurde geprüft und erwogen, da zog er Petrus de Vinea oder Hermann von Salza zu Rate, bis er sicher sein konnte: Dieser Mann ist nach bestem Wissen gewogen und wurde nicht zu leicht befunden, jetzt kann ich ihm vertrauen und eine Aufgabe übertragen. Umso schlimmer war es dann, wenn einer dieser Vielgeprüften später Verrat beging. Da wandelte Friedrich sich zur rächenden Furie, ohne sich dabei zur schnellen Vernichtung des Verräters hinreißen zu lassen – nein, der Unselige wurde von Kennern ihres Faches wochen-, ja monatelang auf eine Weise geschunden, die schaudern machte. Das sollte anderen zur Warnung dienen, doch wer zum Verrat entschlossen ist, hofft es besser und erfolgreicher zu machen als die anderen.
    Bei Frauen aber gelang es Friedrich, den Kaiser und König abzustreifen, um Mann zu sein und dabei eine Unbefangenheit an den Tag zu legen, die vergessen ließ, wie viel Vorgängerinnen es gab. Jede der Erwählten fühlte sich und nur sich gemeint, auch wenn die Beziehung nur eine Nacht dauerte. Später stand es ihnen frei, reich beschenkt zu gehen oder rundum versorgt zu bleiben, doch das kostete sie die Freiheit. Was anfangs nur leise gemunkelt oder |62| scherzhaft umschrieben wurde, hatte sich in späteren Jahren zur Gewissheit verdichtet: Kaiser

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