Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Friedrich unterhielt einen Harem. Das waren etwa ein Dutzend Frauen, die jedoch wechselten. Kam ein Kind, sorgte Friedrich für seine Ausbildung und suchte – wenn die Frau es wünschte – einen Ehemann. All dies tat er auf eine Art, die niemand kränkte oder veranlasste, sich ausgenützt zu fühlen.
Unter all diesen Frauen gab es freilich keine Adelheid. Als Trost blieb nur Enzio, der seinem neunten Geburtstag entgegensah, als sein Vater sich aufmachte, die dreizehnjährige Jolanda von Brienne zu freien. Ihr Vater Jean trug den an sich wertlosen, aber doch bedeutsamen Titel „König von Jerusalem“ und hatte zugesagt, ihn nach der Heirat auf die Tochter und so auf deren Ehemann zu übertragen. Der Vorschlag zu dieser Ehe war wieder vom Papst gekommen, denn der uralte Honorius III. erwartete von einem Träger des Titels „König von Jerusalem“ eine Wiedergewinnung des Heiligen Landes mit den hochbedeutsamen christlichen Erinnerungsstätten, als wichtigste das Grab Jesu. War die erste von einem Papst arrangierte Heirat mit einer um zehn Jahre älteren Braut geschlossen worden, so ging mit Jolanda von Brienne ein dreizehnjähriges Kind auf die Brautreise.
Zuvor aber hatte der Kaiser, beraten von Hermann von Salza, lange nachgedacht, welche Vor- oder Nachteile diese Ehe mit sich brachte. Die Nachteile lagen auf der Hand: Die Braut war arm und eine Mitgift von Geldeswert kaum zu erwarten. Auch politisch war diese Verbindung ohne Belang, aber die zu erwartende Würde eines Königs von Jerusalem überstrahlte alles. Einmal zu diesem Schritt entschlossen, trieb Friedrich, wie es seine Art war, die Vorbereitungen ungeduldig voran. Zwar hielt er es mit seiner kaiserlichen Würde für unvereinbar, der Braut entgegenzureisen, doch er begab sich nach Brindisi, um dort die Ankunft ihrer Schiffe zu erwarten. Zuerst aber erfolgte in der Heiligkreuzkirche von Akkon eine Art Ferntrauung und ein Bischof steckte der Braut stellvertretend den Ring des Kaisers an den Finger. Dann ging es nach Tyros, der zweiten Stadt, die mit Akkon vom Königreich Jerusalem geblieben war.
Dort wurde die inzwischen Vierzehnjährige zur Königin von Jerusalem gekrönt und was vom chistlichen Adel noch übrig war, huldigte ihr. Jolanda ließ dies alles mit mühsam beherrschtem Gesicht über sich ergehen, aber als sie ihr Schiff bestieg, brach sie in Tränen aus und rief:
|63| „Ich empfehle dich Gott, mein geliebtes Syrien, das ich niemals wiedersehen werde.“
Sie sollte recht behalten, aber wenn sie gewusst hätte, wie wenig Gutes sie in Italien erwartete, wäre sie wohl lieber in ein Kloster gegangen. Um am kaiserlichen Hof nicht als Fremde unter Fremden dazustehen, hatte sie einige vertraute Hofdamen mitgenommen, darunter die um einige Jahre ältere Anais, eine entfernte Verwandte. Das schwarzlockige und glutäugige Mädchen hoffte am Hof des Kaisers einen Ehemann zu finden, der mehr auf ihre Schönheit und weniger auf die kaum vorhandene Mitgift achtete.
In Brindisi erwartete der Kaiser mit dem Brautvater das Anlegen des Schiffes. Ein steifer, kalter Herbstwind blähte ihre Kleider zu grotesken Formen und die anwesende Geistlichkeit hatte alle Hände voll zu tun, um ihre bodenlangen Prunkgewänder schicklich am Körper zu halten. Während Friedrich seine Braut auf beide Wangen küsste, erblickte er hinter ihr eine junge Frau, deren schwarze Augen sich nicht züchtig senkten, sondern den seinen keck standhielten und dabei begehrlich glitzerten – so glaubte er es deuten zu müssen. Das war Anais, Hofdame und Verwandte der Braut und um einiges älter als sie.
Jean de Brienne, der Brautvater, hatte sich alles ein wenig anders vorgestellt. Noch während der Festvorbereitungen erfuhr er von Friedrichs Absicht, gleich nach der Hochzeit den Titel des Königs von Jerusalem zu übernehmen. Zudem forderte er die Herausgabe der 50.000 Silbermark, die der inzwischen verstorbene französische König Philipp August dem bisherigen Titularkönig überlassen hatte – zur Wiedergewinnung des Heiligen Landes. Schließlich sei er es, beharrte Friedrich, der demnächst das Kreuzzugsgelübde erfüllen werde, und da habe er das Geld bitter nötig. Es kam zu einem bösen Streit mit Jean de Brienne, der sich von Friedrich ernsthaft bedroht fühlte. Bei Nacht und Nebel floh er nach Rom, wo der Papst ihn zur Neutralität bewegte, um Friedrichs weiteres Vorgehen abzuwarten.
Für Jolanda war dies alles sehr bedrückend; auch die Wohnverhältnisse in Brindisi
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