BIANCA SPEZIAL Band 03
sie stundenlang hin und her getragen.“
So siehst du auch aus, dachte er. Nur nach der Geburt hatte er Kitt so erschöpft gesehen. Er streckte ihr die Arme entgegen. „Komm, gib mir das Baby. Du setzt dich erst einmal hin und ruhst dich ein wenig aus“, befahl er und nahm Shawna entgegen. Es war nicht der Schimmer des Erkennens in den Augen der Kleinen zu sehen. Sonst hatte sie immer auf ihn reagiert. Sein Herz wurde schwer. Sollte mit Shawna tatsächlich etwas nicht in Ordnung sein?
„Sie will nicht essen“, erklärte Kitt ihm. „Außer hin und wieder ein paar Minuten hat sie den ganzen Tag nicht geschlafen. Jedes Mal, wenn sie auf meinem Arm einschläft und ich sie hinlegen will, wird sie wieder wach.“
Kein Grund zur Sorge, sprach er sich Mut zu. Babys taten das oft. Trotzdem fielen ihm Mrs. Flammery und Tara wieder ein. Tara war im Alter von zwei Monaten gestorben. Niemand hatte jemals die Todesursache herausgefunden. Aber Mrs. Flammery hatte sich nie mehr vom Tod ihrer kleinen Tochter erholt.
„Warum rufst du nicht einen Arzt an?“, schlug er vor und begann mit Shawna auf dem Arm auf und ab zu gehen.
„Das habe ich ja getan“, stieß sie erregt hervor. Sie machte eine Pause, um sich zu beruhigen, und fuhr dann fort: „Ich habe dem Kinderarzt vor einer Stunde auf den Anrufbeantworter gesprochen. Aber bis jetzt hat er nicht zurückgerufen.“
O’Rourke schaute auf das kleine Mädchen in seinem Arm. Es fühlte sich warm an, viel wärmer, als er zuzugeben bereit war. „Also gut, wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg eben zum Propheten kommen.“ Er ging auf die Tür zu. „Wir müssen ins Krankenhaus. Du fährst. Ich sitze mit der Kleinen hinten.“
Sie brauchte eine Sekunde, bis ihr klar wurde, was er vorhatte. Sie hatte halb erwartet, dass er über ihre Besorgnis lachen würde. Jetzt war sie unglaublich erleichtert, dass er sie ernst nahm, aber gleichzeitig erhöhte sein Verhalten ihre Angst noch. Denn es zeigte, dass auch er spürte, dass etwas mit Shawna nicht stimmte.
„Du?“
Er nickte. Sie hatten jetzt keine Zeit zum Diskutieren. Die Farbe des Babys gefiel ihm nicht. „Ich kenne mich in Erster Hilfe aus.“
„Du?“, fragte sie ein zweites Mal erstaunt.
„Irland ist nicht das Ende der Welt“, erwiderte er. „Da ich sehr oft auf meine Geschwister aufpassen musste, hat die dortige Gemeindeschwester, die mich irgendwie in ihr Herz geschlossen hatte, mir lebensrettende Maßnahmen gezeigt. Später habe ich sogar einen Kurs belegt.“
10. KAPITEL
„Oh, verdammt.“
Der Fluch hallte in ihren Ohren wider. Ihr Herz hämmerte bereits schneller, als sie es je für möglich gehalten hätte. Kitt schaute in den Rückspiegel und betete, dass alles in Ordnung war.
Doch das war es nicht.
O’Rourke hatte Shawna aus dem Baby Safe herausgenommen, der Körper ihrer Tochter wirkte eigenartig leblos.
„Was machst du?“, fragte Kitt mit aufsteigender Panik.
„Fahr weiter“, befahl O’Rourke scharf und verlor noch nicht einmal eine Sekunde, um in ihre Richtung zu schauen. Dafür war jetzt keine Zeit.
Er zwang sich, ruhig vorzugehen und sich an jeden Schritt der Wiederbelebungsmaßnahmen für Babys zu erinnern. Nur mit den Fingern die Brust massieren und nicht mit der ganzen Hand und nur ganz sanft Luft in den Mund blasen. Er atmete einmal tief durch und begann seine Arbeit, während er im Stillen betete.
Er hatte gesehen, wie die Farbe aus dem Gesicht der Kleinen gewichen war und ihre winzige Brust sich nicht mehr hob und senkte. Das Baby hatte aufgehört zu atmen.
Es war keine Zeit, über die Gründe nachzugrübeln. Er musste sie wieder zum Atmen bringen.
„Oh mein Gott!“, schrie Kitt und drehte den Kopf nach hinten. „Sie hat aufgehört zu atmen, nicht wahr?“
Voller Angst, aufgeregt und mit einem schrecklichen Gefühl der Hilflosigkeit trat Kitt erschrocken auf die Bremse, als sie wieder nach vorne blickte. Fast wäre sie auf einen Lieferwagen aufgefahren.
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, nicht so sehr wegen des Unfalls, den sie fast verursacht hätte, sondern wegen des Dramas, das sich auf dem Rücksitz abspielte.
„Ist sie … ist sie …?“
Kitt konnte die Worte einfach nicht herausbringen. Es war zu schrecklich, überhaupt darüber nachzudenken.
O’Rourke antwortet nicht, weil er den Atem braucht, versuchte sie sich zu beruhigen, während ihr Tränen über die Wangen strömten. Es wird alles gut. Es wird alles wieder gut. So grausam konnte Gott
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