Bibbeleskaes
von Felixâ letzten Stunden dar. Wie er von Allerheiligen in die WeststraÃe gekommen war, sich die Schlaftabletten genommen, seinem Leben oben am Rückhaltebecken ein Ende gesetzt hatte.
Durch die offene Tür sah ich, wie der Himmel sich weiter verdunkelte, der Wind mit Getöse die Blätter der Rebstöcke durchschüttelte. Ein weiteres Gewitter war im Anmarsch. Sophie griff nach der Weinflasche, die silberne Uhr schob sich kurz unter der Bluse hervor, ihre Hand zitterte leicht, als sie unsere Gläser wieder vollgoss.
»Du hast nicht den kleinsten Hinweis gefunden? Leere Tablettenschachteln oder so was?«, fragte ich.
»Was glaubst du, wie die Polizei mich deswegen gelöchert hat! Ich habe in unserer Wohnung alles umgedreht, aber nichts gefunden. In der Zwischenzeit glaube ich auch nicht mehr daran, dass er sich umgebracht hat. Aus welchem Grund? Wegen Geldproblemen? Dafür hätten wir eine Lösung gefunden. Also nur, weil du ihn mit einem alten Foto seiner Mutter erschreckt hast? Das ist doch lächerlich!«
»Nein. Weil er Murnier umgebracht hat. Deshalb!«
Jetzt war es raus. Ich trank schnell einen Schluck Wein, bevor ich mich traute, Sophie ins Gesicht zu blicken. Es wirkte steinern, maskenhaft, undurchschaubar.
»Warum«, fragte sie gefährlich leise, »hätte er das tun sollen?«
»Weil Murnier vor fünfundvierzig Jahren seine Mutter vergewaltigt hat. Weil Murnier sein Vater war. Weil Murnier ihn verhöhnt hat, anstatt sich mit ihm zu versöhnen und ihn zu unterstützen«, zählte ich auf, während drauÃen der Donner heranrollte. »Ich vermute, es war kein geplanter Mord, vielleicht Totschlag, vielleicht nur ein Unfall«, setzte ich schnell hinterher und stärkte mich mit einem weiteren Schluck Wein. »Aber Felix ist durchgedreht, hat den Alten ins Wasser geschleppt und ihm später das Messer in den Rücken gestoÃen.«
Sophie schüttelte wieder den Kopf. »Die Obduktion hat ergeben, dass er von einem Linkshänder erstochen wurde. Felix war kein Linkshänder, genauso wenig wie er ein Mörder war.«
Vielleicht log sie? Verständliche Reaktion auf Horrornachrichten. Sicher konnte man auch post mortem nachweisen, ob einer Rechts- oder Linkshänder war.
»Er war Rechtshänder«, bekräftigte Sophie. »Und du bist komplett auf dem Holzweg.«
Nein, war ich nicht, auch wenn mich die Tatsache, dass Felix Rechtshänder war, verunsicherte. Vielleicht hatte er, um zu täuschen, mit der linken Hand zugestoÃen?
»Das ist alles, was du herausgefunden hast? Mehr hast du nicht zu bieten?«, fragte sie mit Verachtung im Blick.
»Doch«, sagte ich und machte einfach weiter. »Felix ist gesehen worden, wie er vor Murniers Haus gewartet hat. Er war nicht im Saal, als die Hellsass Devils randalierten, er kam erst hinterher, war völlig verstört. Sei ehrlich, Sophie! Hast du dich nicht gefragt, was ihn so durcheinandergebracht hat? Warum er nicht darüber sprechen wollte?«
Wieder schüttelte sie den Kopf. »Du kannst wirklich froh sein, dass ich in der Politik bin, gewöhnt an Frechheiten und haarsträubende Geschichten«, putzte sie mich wieder gefährlich leise herunter. »Aber die Art und Weise, wie du meinen verstorbenen Mann zum Verbrecher machst, das sprengt all meine traurigen Erfahrungen. Finde dich endlich damit ab, dass es Luc Murnier war! Er ist bei der Leiche gesehen worden und nicht Felix!«
Woher wusste sie von der Zeugenaussage? FK hatte davon durch seinen Polizeikontakt erfahren, er hatte diese Information in keinem Artikel verwendet, ich war sicher, dass er niemandem auÃer mir davon erzählt hatte. Mich hatten Hodapp und Stechele im Verhör damit konfrontiert, und ich hatte mit niemandem darüber gesprochen. Natürlich, auch Sophie hatte gute Kontakte zur Polizei. Vielleicht stammte ihre Information aus dieser Quelle, vielleicht aber wusste sie, dass Felix der Zeuge war. Vielleicht hatte sie von Anfang an viel mehr gewusst â¦
Der Wind knallte die Hüttentür zu und riss sie dann wieder auf, erste Regentropfen trieben herein. Sophie sprang auf und schloss die Tür, die silberne Uhr leuchtete im ersten Blitzlicht auf. Nur noch durch ein kleines Fenster fiel Gewitterlicht in die Hütte, wenn es nicht blitzte, saÃen wir fast im Dunkeln.
»Du bist Linkshänderin!« Der Satz rutschte mir so raus wie die
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