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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Gurkenglas und drückte es mir in die Hände.
    Â»Martha. Der Carlo. Wegen dem Zwiebelkuchen«, wiederholte Edgar und steckte jetzt nicht nur das Telefon, sondern auch seinen Kopf durch die Durchreiche in die Küche.
    Während ich mit dem Gurkenglas in den Händen und zwischen den Sonnenblumen hindurch von einer zum anderen guckte, machte Martha eine abwehrende Bewegung in Edgars Richtung und malte mit den Lippen die Worte: »Ich rufe ihn zurück.«
    Â»Sie ruft dich gleich zurück«, sagte Edgar ins Telefon, drückte den Off-Knopf, musterte Martha und sagte: »Du hast den Zwiebelkuchen vergessen.«
    Â»Ja und?«, blaffte sie. »Das kann doch jedem passieren.«
    Â»Aber dir ist so was noch nie passiert, Martha«, murmelte Edgar ungläubig. »Du hast doch immer die ganze Wirtschaft im Kopf, du sagst doch immer, dass Zuverlässigkeit in unserem G’schäft das Wichtigste ist. Und was machen wir jetzt mit dem Carlo? Der braucht den Zwiebelkuchen heute Abend für Allerheiligen.«
    Â»Soll er doch ein paar Bleche Pizza bei seiner Sippschaft holen«, giftete Martha ihn an.
    Â»Carlo«, mischte ich mich ein. »Der schlaksige Italiener, der bei dir in die Lehre gegangen ist?«
    Martha nickte unwirsch.
    Â»Was macht der in Allerheiligen?«
    Â»Hat die Allerheiligen-Gaststätte gepachtet«, erklärte mir Edgar. »Und heute Abend spielen sie doch ›Der zerbrochene Krug‹, und in der Pause gibt’s für alle ein Glas Wein und ein Stück von Marthas Zwiebelkuchen. Der Carlo sagt, ’s gibt Leut, die kommen weniger wegen dem Theaterstück als wegen dem Zwiebelkuchen. Martha, so eine Pizza, die ist doch kein …«
    Martha schnaubte mit neuen Drohungen im Blick, und Edgar verstummte. Zumindest diesen Konflikt konnte ich entschärfen: »Den Zwiebelkuchen braucht der Carlo doch frühestens um acht Uhr«, sagte ich schnell. »Mama, wenn du ’s ›Deigl‹ machst, kümmere ich mich um den Rest. Papa, sag dem Carlo, ich fahr ihm die Zwiebelkuchen dann nach Allerheiligen.«
    Ein dankbarer Blick von Edgar, ein gnädiger von Martha, und schon drückte ich Edgar das Gurkenglas in die Hände, setzte dann, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, einen Hefeteig an, wärmte den großen Backofen vor, knetete den Teig durch, schnitt das erste Kilo Zwiebeln in Ringe. Martha rührte derweil genauso wortlos das »Deigl« an, eine Art salziger Eiergrießbrei, der zwischen Hefeboden und Zwiebelmasse gestrichen wurde, den Zwiebeln etwas von ihrer Schärfe nahm und dem Kuchen eine cremige Konsistenz gab. Ich schnitt das nächste Kilo Zwiebeln in Ringe und den Speck in dünne Scheiben, Martha schüttete derweil ihre Kartoffeln ins Waschbecken, schreckte sie mit kaltem Wasser ab, schälte sie und ließ eine nach der anderen in eine große Glasschüssel plumpsen.
    Es herrschte Waffenstillstand zwischen uns, mehr noch, eine regelrecht friedliche Koexistenz. Jede hatte die andere und alles, was sie tat, fest im Blick, kam ihr aber nicht in die Quere. Es gab eine Zeit, da hatte ich die Küche meiner Mutter umkrempeln, Martha von meiner Art des Kochens überzeugen wollen, aber das war lang vorbei. Diese Küche war ihr Reich, ein Reich, um das wir nicht mehr miteinander kämpfen würden. In der Zwischenzeit konnte ich sogar akzeptieren, dass sie bestimmte Gerichte besser kochen konnte als ich: die Kartoffelsuppe, das »Deigl«, die Meerrettichsoße, die ordentliche Rindsbouillon. Und eigentlich hatte meine Mutter auch längst akzeptiert, dass ich nicht zurückkommen und die Linde übernehmen würde, auch wenn sie bei Gelegenheit immer wieder gerne darauf herumritt. Eigentlich hatten wir es in den letzten Jahren bei allen üblichen Streitereien sogar zu einer gewissen Friedfertigkeit gebracht. Und irgendwie wusste ich, dass sie mich im Geheimen schon mochte und auf ihre verschrobene Art stolz auf mich war. Sonst hätte ich so ein großzügiges Geschenk wie den Patissier-Kurs bei Deville niemals von ihr angenommen.
    Aber seit der Rückkehr aus Scherwiller verhielt sich Martha wie ein verletzter Kampfhund. Knurrte jeden an, der in ihre Nähe kam, biss zu und schreckte auch nicht davor zurück, das zarte Pflänzchen unserer mühsamen Annäherung zu zertrampeln …
    Â»Dein Hefeteig ist fertig!«
    Martha deutete mit dem Kopf auf die Schüssel mit dem

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