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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Das letzte Wort sagte er mit unüberhörbarer Abneigung. »Lauter angehende Stars, könnte man sagen, jedenfalls in Wissenschaftskreisen. Trotzdem scheinen die meisten nach neunzehnhundertsechsundsiebzig ganz bewusst von der großen wissenschaftlichen Bühne abgetreten zu sein. Seltsam.«
    »Sie sagten, sie hätten zwei Dinge gemeinsam gehabt«, hakte Alex nach. »Was war das zweite?«
    Rouviers Seufzen war schroff, aber tief empfunden.
    »Wegen ihres Abtauchens und weil sie über die ganze Welt verstreut waren, haben wir einige Tage gebraucht, um ihre Karrieren und Lebensgeschichten zu rekonstruieren. Aber leider muss ich Ihnen sagen, dass wir zu spät kommen.«
    »Inwiefern?«
    »Sie sind fast alle tot. Schon.«
    »Heißt das … sie wurden ermordet?«, fragte Julia. »Wie Trewin und Annika?«
    Rouvier sah sie aus seinen grauen Augen ernst an.
    »Die meisten von ihnen. Möglicherweise. Ja. Die älteren sind eines natürlichen Todes gestorben. Viele scheinen Selbstmord begangen zu haben, aber inzwischen glauben wir – mit ziemlicher Sicherheit –, dass sich diese Selbstmorde bei nochmaliger, eingehender Untersuchung als Morde entpuppen könnten. Und einige dieser Personen wurden ganz eindeutig regelrecht abgeschlachtet. Im Lauf der letzten drei Jahre. Deshalb halten wir es nach unseren intensiven Nachforschungen für sehr wahrscheinlich, dass unsere Täterin diese Leute einen nach dem anderen umgebracht hat, fast so, als hätte sie eine Liste abgehakt, eine Liste, die sie Trewin wahrscheinlich durch Folter abgepresst hat. Sie hat in den letzten drei Jahren systematisch jeden, der auf dieser Liste stand, ermordet.« Ein weiteres kurzes Seufzen. »Natürlich ist dieses Schema bisher niemandem aufgefallen – zum einen, weil diese Kambodschareise so geheim war, dass niemand etwas von dieser Verbindung zwischen den Opfern wusste, zum anderen, weil die Morde zum Teil sehr geschickt als Selbstmorde getarnt waren. Und wer käme schon darauf, den Selbstmord eines alten Psychologen in Los Angeles mit dem tragischen Tod eines, sagen wir mal, fünfundsechzigjährigen Archäologen achtzehn Monate später in Genf in Verbindung zu bringen? Aber inzwischen können wir dieses Schema sehen. Es zeichnet sich auffallend deutlich ab.«
    »Ist denn überhaupt noch jemand von diesen Leuten am Leben?«
    »Zwei von ihnen konnten wir bisher nicht aufspüren. Wir wissen natürlich von Marcel Barnier, dem Kreuzungsspezialisten. Er ist anscheinend in Südostasien, oder war es zumindest bis vor kurzem – uns liegen Meldungen vor, dass er vor wenigen Monaten in Kambodscha war.«
    Rouvier beugte sich vor und deutete mit einem manikürten Finger auf eine zweite Gestalt auf dem Foto. Julias Aufmerksamkeit wurde auf einen großen, lächelnden Mann mit einem blonden Pferdeschwanz in der hinteren Reihe gelenkt. In einem Hawaiihemd. Mit einem arroganten Lächeln. »Dieser Mann, Colin Fishwick, könnte ebenfalls noch am Leben sein. Ein Neurochirurg aus Princeton. Er ließ sich in den achtziger Jahren in Hongkong nieder. Wo er sich gegenwärtig aufhält, wissen wir nicht; es liegen uns allerdings auch keine Sterbedokumente für ihn vor.«
    Rouvier setzte sich zurück. »So sieht es also aus. Bestenfalls sind noch zwei Männer am Leben. Es ist anzunehmen, dass die Mörderin auch nach ihnen sucht – und sie umbringen wird, wenn sie sie findet. Damit dürfte ihre Mission dann allerdings abgeschlossen sein.«
    »Aber warum hat sie den Pförtner des Archivs umgebracht?«, fragte Alex. »Und Julia angegriffen?«
    »Eine schwierige Frage. Aber die wahrscheinlichste Erklärung dürfte sein, dass sie aus einer spontanen Entscheidung heraus einen Zeugen zum Schweigen bringen wollte, damit dieser sie nicht identifizieren könnte. Wir haben es hier mit einer brutalen Killerin zu tun, einer extrem brutalen sogar. Neben sorgfältiger Planung weisen gerade einige der späteren Morde Elemente äußerster Brutalität auf. Fast ist es, als würde die Täterin von Mal zu Mal zügelloser, wie ein Tier: gerade so, als würden ihre Racheakte von Mal zu Mal bestialischer, je näher sie ihrem Ziel kommt, auch die letzten Mitglieder der Reisegruppe auszuschalten.«
    Julia war Rouviers Wortwahl nicht entgangen.
    »Wie ein Tier?«
    Rouvier nickte und lächelte, ziemlich bedrückt. »Allerdings, Miss Kerrigan. Haben Sie dafür nicht vielleicht selbst schon eine Erklärung parat?«
    Julia zuckte mit den Achseln. Sie wusste, worauf Rouvier hinauswollte, aber sie wollte es nicht

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