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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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aussprechen. Die Vorstellung war zu verrückt.
    Rouvier hatte diesbezüglich weniger Hemmungen.
    »Ich weiß, das mag sich alles ziemlich phantastisch anhören. Aber unter Berücksichtigung aller anderen Fakten, die uns inzwischen vorliegen, deutet einiges darauf hin, dass wir es hier mit einer experimentellen Form von … Kreuzung zu tun haben. Möglicherweise auch mit Experimenten auf einer höheren anatomischen, vielleicht sogar neurochirurgischen Ebene. Daher vielleicht das damit einhergehende Interesse an Schädeloperationen? Wie sonst ließen sich die Zusammenhänge zwischen Ghislains Großvater und den Kreuzungsexperimenten erklären? Das alles scheint mir viel zu gut zusammenzupassen, um purer Zufall zu sein.« Rouviers gewohnte Unerschütterlichkeit kehrte zurück. »Vielleicht lese ich ja zu viel Science-Fiction, vielleicht werden meine Theorien inzwischen schon so aberwitzig wie die Romane, die man bei Carrefour kaufen kann. Wer weiß?«
    Rouvier griff nach dem Foto und steckte es in seine Aktentasche zurück. Der Verkehrslärm von draußen wurde stärker; die Rushhour setzte ein.
    » La circulation! Ich muss los. Bevor ich mich verabschiede, kann ich Sie noch ein wenig entlasten.« Er sah zuerst Alex an, dann Julia. Im Zimmer war es inzwischen dunkel geworden; draußen brach die Novemberdämmerung herein. »Wir brauchen Sie nicht mehr, jedenfalls vorerst nicht. Ich könnte gut verstehen, wenn Sie nach diesen grauenvollen Vorkommnissen Frankreich verlassen wollten …« Er sah Julia durchdringend an. »Nach allem, was Sie durchgemacht haben. Sollte dem so sein, hat die Gendarmerie de France nichts dagegen einzuwenden, obgleich ich es begrüßen würde, wenn Sie mich über Ihren Aufenthaltsort auf dem Laufenden hielten. Irgendwann werden wir Sie auf jeden Fall als Zeugin brauchen. Aber vorerst – au revoir .«
    Sie schüttelten sich die Hände. Im Zimmer war es jetzt fast vollkommen dunkel. Als der Polizist weg war, machte Julia Licht und schenkte Alex und sich zwei Gläser bernsteinfarbenen schottischen Whisky ein. Dann saßen sie mehrere Stunden stumm auf dem Sofa, nippten bedächtig an ihren Gläsern, kuschelten oder küssten sich, sprachen nicht.
    Als sie schließlich zu Bett gingen, konnte Julia nicht einschlafen. Sie lag lange wach und beobachtete die Bewegungen der von den Autoscheinwerfern geworfenen Schatten, die gemächlich über die Zimmerdecke wanderten. Wie die von einem furchtsamen Feuerschein an eine Höhlenwand geworfenen Schatten. Bedrohliche Schatten, Bilder von Tieren, beängstigende Schemen.
    Der nächste Morgen war feucht und glanzlos, der Himmel eine wahre Pariser grisaille . Julia war nicht danach, etwas zu tun oder irgendwohin zu gehen. Das Rätsel war noch nicht annähernd gelöst. Und sie war niedergeschlagen. Ausgelaugt. Unzufrieden. Sie setzte sich aufs Sofa, starrte nur vor sich hin und frühstückte nicht einmal. Schließlich zog sie sich an ihren Laptop zurück. Recherchieren. Sonst hatte sie nichts zu tun. Sie war schließlich Wissenschaftlerin.
    Aber es gab fast keine konkreten Anhaltspunkte, nur ihre Ahnungen und Spekulationen und Intuitionen, die sie allerdings mehr und mehr frustrierten, wenn sie ehrlich war. Wie wär’s zur Abwechslung mal mit ein paar harten Fakten?
    Ein Faktum, das ihr vorlag, war der Titel dieses Artikels und der Name der obskuren Fachzeitschrift. Le Journal Français de l’Anthropogenèse . Die Zeitschrift war ebenso von der Bildfläche verschwunden wie einige ihrer Ausgaben. Doch vielleicht konnte sie mehr über die Zeitschrift selbst herausfinden.
    Eine Stunde intensiver Computerrecherchen erbrachte eine Antwort. Einer der Redakteure der Zeitschrift tauchte in einem anderen obskuren Journal auf, das in den Fußnoten einer staatlichen französischen Internetseite erwähnt wurde. Die Zusammenhänge waren mehr als fadenscheinig, und Julia hatte das Gefühl, nach einem Spinnennetz zu greifen, einem hochempfindlichen flüchtigen Gewebe, das sich schon unter der ersten allzu begierigen Berührung in nichts auflösen konnte. Aber dessen ungeachtet war es ein Netz von Zusammenhängen.
    Der Name des Redakteurs ließ Julia aufmerken. Er hieß Sergej Jakulowitsch und war offenbar zu dem Zeitpunkt, als Ghislain dort seinen Artikel eingereicht hatte, Herausgeber des Journal Français de l’Anthropogenèse gewesen.
    Und wer war Sergej Jakulowitsch? Der Name hörte sich russisch an.
    Besagte Internetseite konnte mit einer zwar kurzen, aber dennoch

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