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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Gibbon? Ein Langur? Der Dschungel wimmelte von Leben. Und von laotischen Soldaten, die Jagd auf die letzten Hmong-Rebellen machten. Keine Wehrpflichtigen, richtige Soldaten. Gut ausgebildete Soldaten. Richtige Killer. Vielleicht auch schon auf der Suche nach ihm.
    Jetzt aber.
    »Okay, okay«, sagte Tou. Dann drehte er sich zu Jake um und trieb ihn zur Eile an: »Schnell. Bitte.«
    Sie schritten rasch über die Betonpiste. In Jake keimten ständig neue Ängste auf. Diese Leute hier wollten sie eindeutig so schnell wie möglich loswerden. Doch wem hatten sie das alles zu verdanken? Wer hatte ihre Rettung organisiert? Und wie sollten sie den Hmong ihre Hilfe vergelten?
    »Chemda.« Sie hatten das Flugzeug fast erreicht. »Wie regeln wir das mit der Bezahlung? Ich habe nur noch etwa hundert Dollar …«
    »Mein Großvater.« Sie hob ihr Handy hoch. »Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Großvater Sen hilft uns … Er hat die Hmong überredet …«
    »Kommen Sie«, unterbrach sie Tou. »Kommen Sie schnell. Bitte schnell.«
    Als sie das Flugzeug erreichten, drehte sich Jake nach Yeng um.
    Der alte Mann war auf dem rissigen Beton der Startbahn stehen geblieben und schüttelte den Kopf. Nur zu offensichtlich wollte er nicht mit ihnen kommen. Er schüttelte Jake und Chemda die Hand und sagte müde lächelnd: »Sabaydee.«
    Um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, kramte Jake eine Handvoll Dollar aus seiner Hosentasche, praktisch alles, was er einstecken hatte, und versuchte, sie Yeng in die Hand zu drücken. Doch der alte Hmong wollte das Geld nicht. Jake versuchte es ein zweites Mal.
    Schließlich nahm Yeng zehn Dollar und sagte: »Kharb jai.« Dann deutete er auf die grünen Berge und vollführte eine kleine Pantomime, als ballerte er mit einer Maschinenpistole. »Pathet Lao! Bum, bum!«
    Das bedurfte keiner Übersetzung. Hastig drehte sich Jake zu dem kleinen Flugzeug um. Chemda saß bereits in der winzigen Kabine. Der Pilot war ein weiterer schmächtiger, dauergrinsender Hmong, kaum achtzehn Jahre alt, in einer löchrigen Jeans voller Motorölflecken und nach dem Lao-Lao-Whiskey der letzten Nacht stinkend. Jake legte die Hände um die Holme der Leiter, doch dann merkte er, dass auch Tou keine Anstalten machte, einzusteigen. Er ging sogar ein paar Schritte zurück.
    »Tou? Kommst du nicht mit?«
    »Ich bleiben hier … Luang nicht gut. Polizei. Hier meine Hmong-Freunde. Besser, Sie gehen Luang.«
    Reflexartig griff Jake wieder in seine Tasche, um ein paar Scheine herauszuholen. Tou runzelte die Stirn. Nein! Er wollte kein Geld. Er trat zurück und salutierte lachend.
    »Nummer eins Flugzeug! Royal Hmong Air Force.«
    Jake lachte ebenfalls, aber sehr nervös. Er winkte zum Abschied. Gleichzeitig stiegen wieder die alten Befürchtungen in ihm auf, es könnte sich um eine Falle handeln. Kamen Tou und Yeng vielleicht nur deshalb nicht mit, weil sie wussten, dass das Flugzeug abstürzen würde? Nein, das war vollkommen absurd. Der Pilot sah nicht aus wie ein Selbstmordkandidat. Aber ziemlich rätselhaft war das Ganze schon.
    »Bitte schnell!«
    Er kletterte die Leiter hinauf.
    In dem kleinen Flieger gab es keine Sicherheitsgurte. Es gab nicht einmal richtige Sitze. Der Teppichboden der Kabine war so stark abgewetzt, dass stellenweise das Metall des Rumpfs durchschimmerte: blanke Schrauben und Nieten.
    Eine rostige Tür wurde zugeschoben, und der Pilot legte einen Schalter um und trat auf ein Pedal; die alten Räder holperten über den rissigen Beton, und Jake fragte sich, ob es diese Klapperkiste überhaupt bis ans Ende der Startbahn schaffen würde, geschweige denn in die Königshauptstadt von Laos. Schließlich hoben sie ab, drehten nach links, stiegen und stiegen und … schafften es gerade so über den ersten Bergkamm.
    Die dichtbewaldeten Gipfel waren in weißen Dunst gehüllt. Das Flugzeug schwenkte wieder nach links und stieg höher. Unter ihnen erstreckten sich die zerklüfteten grünen Spitzen der Kordillere zu einem dunstigen blauen Horizont mit weiteren Hügeln.
    »Scheiße.« Jake ließ den Kopf gegen das kleine Plexiglasfenster sinken. Chemdas besorgtes, erschöpftes Lächeln war etwa dreißig Zentimeter entfernt. So klein war das Flugzeug. Nicht größer als ein Ruderboot. Nur Platz für sie beide und den verkaterten Piloten.
    »Hmong Air Force One?« Chemda sah ihn an, und plötzlich prustete sie los. Auch Jake begann zu lachen – um die nervliche Anspannung abzubauen und weil er ihr Lachen mochte. Es hatte

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