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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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schüttelte den Kopf. »Ich kenne dort ein französisches Ehepaar, das sehr gut mit meiner Familie befreundet ist. Sie haben in Luang ein kleines Hotel. Es liegt, etwas ab vom Schuss, direkt am Fluss. Ideal, um sich eine Nacht zu verstecken … und mal richtig auszuschlafen. Wir müssen uns dringend ausruhen, wieder zu Kräften kommen, oder? Und dann überlegen wir uns, wie wir am besten aus Laos rauskommen.«
    Das Flugzeug setzte bereits zum Sinkflug an. Jake sah Straßen und einen Lkw, die Blechdächer von Reisscheunen und Bauernhäusern, Zuckerrohrfelder. Wenig später kamen sie auf einer Landebahn aus brauner Erde holpernd zum Stehen. Ein weiterer provisorischer Flugplatz im Busch, sogar noch heruntergekommener als der in der Verborgenen Stadt. Es gab nur eine Hütte an der Seite eines breiten Boulevards aus gestampfter Erde. Und der einsame Mann, der in der Hütte saß, nickte dem Piloten wissend zu, als sie vom Flugzeug zu einem Tor in der Umzäunung des Geländes gingen.
    »Luang Prabang«, sagte der Pilot und deutete auf eine sonnenbeschienene Straße. » Sabaydee. « Er schlug Jake auf den Rücken, und dann machte er in Richtung Chemda einen eleganten wai – die in ganz Indochina verbreitete Allzweckgeste, bei der man zur Begrüßung oder Dankesbezeigung und zum Gebet die Hände vor der Brust aneinanderlegte und sich verneigte. Sie erwiderte den Gruß auf die gleiche Art.
    Der Pilot, stellte Jake fest, roch immer noch nach Lao-Lao-Whiskey. Vielleicht hatte er sogar während des Flugs getrunken. Aber sie waren heil angekommen. Jake und Chemda nahmen ihre Reisetaschen mit dem wenigen, was von ihrem Gepäck noch übrig geblieben war, und gingen auf die Straße hinaus. Der Verkehr war schwach, beinahe nicht existent: ein paar landwirtschaftliche Transportfahrzeuge, dann nichts, dann ein Honda-Motorrad mit einer ganzen Familie darauf – Vater, Mutter, zwei kleine Kinder, Ferkel. Dann nichts. Einige Minuten später kam ein gelbes, mit australischen und britischen Flaggen bemaltes Tuk-Tuk um die Kurve geknattert.
    Sie hielten es an und stiegen ein. Es fuhr nach Luang. Der warme Fahrtwind strich über ihre Gesichter, und langsam fiel die Anspannung von Jake ab. Es war erst eine Woche her, dass er das erste Mal in Luang Prabang angekommen war, aber es kam ihm vor, als wäre seitdem ein ganzes Jahr vergangen. Die Stadt hatte ihm sehr gut gefallen. Luang Prabang, die alte Königshauptstadt. Halb französische Kolonialniederlassung, halb stolze buddhistische Zitadelle, das heilige königliche Louangphrabang .
    Und jetzt war er zurück in dieser traditionsreichen Stadt mit ihren lächelnden Mädchen, die gemächlich an der Boulangerie vorbeiradelten; mit den alten laotischen Männern, die unter den Wassertamarinden Petanque spielten; mit den zahllosen Mönchen in ihren orangefarbenen Gewändern, die jeden Morgen, an buddhistischen Schreinen, Teakholzbars und chinesischen Läden vorbei, von Tempel zu Tempel gingen.
    Straßenhändler priesen in flachen Weidenkörben zu Pyramiden aufgeschichtete Mandarinen an. Barfüßige Männer schliefen im Schatten der Papayabäume auf Binsenmatten. Fast unbemerkt strömte der mächtige Mekong vorbei, wie ein ehemals berühmter, an seinem Lebensabend in Vergessenheit geratener Schauspieler.
    »Da wären wir«, sagte Chemda.
    Das Hotel lag tatsächlich sehr versteckt hinter dem Königspalast und einem hohen, verwahrlosten Stupa; so versteckt, dass nicht einmal eine Straße dorthin führte.
    Sie kletterten aus dem Tuk-Tuk und legten die letzten hundert Meter zu Fuß zurück. Die Eingangstür des Hotels war geschlossen. Auf dem Schild, das darüber angebracht war, stand Le Gauguin . Chemda drückte die schwere Tür auf, und sie traten in die Kühle eines holzvertäfelten Foyers, in dem es nach Teak- und Zedernholz und Räucherstäbchen roch – teuer, exklusiv, gediegen. Jake bekam sofort unbändige Lust auf eine Dusche. Und auf ein sauberes Bett. Und dann Flucht.
    »Chemda! Cherie! Bonjour! «
    Eine ältere Französin betrat die Rezeption: Madame Agnés Marconnet. Sie umarmte Chemda und bedachte Jake mit einem wachsamen Lächeln. Die zwei Frauen unterhielten sich in raschem Französisch – viel zu schnell, als dass Jake irgendetwas vom Inhalt ihres Gesprächs mitbekommen hätte –, und bevor er bitte oder danke sagen konnte, wurden sie von einem Mädchen in einem seidenen Cheongsam zu ihren Zimmern gebracht. Jake schlug sich mit ein paar bemühten Merci beaucoup und Kharb jai herum,

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